«Der bilaterale Weg ist in der Krise»
Wie die Schweiz ihre Interessen gegenüber der Europäischen Union durchsetzen soll, waren sich die Vertreter der aussenpolitischen Kommissionen auf dem Podium des Pfeffinger Forums nicht einig.
Lukas Hausendorf
Die Schweiz strebt ein drittes bilaterales Vertragspaket mit der EU an, doch die Verhandlungsposition der Eidgenossenschaft gegenüber Brüssel scheint derzeit schwach. Deutschland und Frankreich machen im Steuerstreit Druck und über den Nachvollzug von europäischem Recht ist man sich mit den Verhandlungspartnern der Europäischen Union auch nicht einig.
«Die EU-Kommission hielt Anfang Oktober wenig von den Vorschlägen des Bundesrats. Was ist, wenn sich das nicht ändert? Ist das möglicherweise das Ende des bilateralen Wegs?», fragte Diskussionsleiter Philipp Hammel die Teilnehmer des Podiums am Pfeffinger Forum. Die da waren der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof (CVP) und die Nationalräte Hans-Jürg Fehr (SP) aus Schaffhausen, die Zürcherin Doris Fiala (FDP) und der Berner Andreas Aebi (SVP). Allesamt Mitglieder der aussenpolitischen Kommissionen des Bundes. Für Fehr war klar: «Der bilaterale Weg ist in der Krise.» Darüber herrschte auch mit den restlichen Teilnehmern Konsens. Über den Ausweg aus dieser Krise war man sich aber uneinig.
Für den SP-Mann ist der Weg klar. Jetzt habe man den autonomen Nachvollzug, könne aber nicht mitverhandeln. Anstatt Befehle zu empfangen, müsse man darum partizipieren. «Da hilft nur der EU-Beitritt», meinte er. Ein Raunen ging durch die mit über 500 Besuchern gut gefüllte Pfeffinger Mehrzweckhalle. Mit dieser Haltung bewegte er sich allein auf weiter Flur. SVP-Mann Aebi hielt natürlich nichts von klein beigeben und möchte die Probleme lieber aussitzen. «Und dann sollten wir unsere Stärken ausspielen.» Schliesslich profitiere die EU in vielerlei Hinsicht von der uns.
Aktivere Aussenpolitik gefordert
Möglicherweise ist die Lösung weder der Beitritt noch Abwarten. Doris Fiala stellte sich ganz hinter ihren freisinnigen Aussenminister, der eine pro-aktive und selbstbewusste Aussenpolitik postulierte. «Aber wir müssen die «Fünfer und Weggli»-Mentalität ablegen, wenn wir den freien Marktzugang wollen», betonte sie. Im Sinne dieses Votums äusserte sich auch Pirmin Bischof, der zu bedenken gab, dass gerade auch die Lösung der Eurokrise in jedem Interesse der Schweiz sei. Diese wäre von einem Kollaps der Währungsunion stärker betroffen, als die meisten Mitgliedsstaaten. Beide fordern auch, dass die Schweiz in den Verhandlungen mit der EU dennoch Zähne zeigt. «Die Antwort ist mehr Aussenpolitik und mehr Diplomatie», so Fiala. Das sei in der Vergangenheit vielleicht vernachlässigt worden. Bischof wünscht sich dabei auch ein geschlosseneres Auftreten der Schweiz.
Schweizer Recht verteidigen
Eine Möglichkeit, auf symbolischer Ebene ein Zeichen zu setzen, hätte die Schweiz beim Steuerstreit mit Deutschland in Zusammenhang mit dem Kauf von gestohlenen Bankdaten durch deutsche Bundesländer. «Das ist eine moderne Form des Banküberfalls, ein Unding», disqualifizierte Jurist Bischof diese Praxis. Die FDP verlangt gar, gegen Deutschland zu klagen. Doris Fiala begründete die resolute Haltung mit einem alten Sprichwort: «Wer sich wehrt, wird geehrt. Wer sich duckt, wird angespuckt.»