Auf die Menschen zugehen
«Mürrisches Gesicht und abweisend reagieren!» – Philosoph Josef Imbach gab am Seniorentag spezielle Tipps zur Kontaktpflege. An Kreativität fehlt es dem Seniorenrat Aesch-Pfeffingen nicht.
Bea Asper
Das Gehirn nehme Negatives eher wahr als Positives, «in einem Brief fallen zuerst Schreibfehler auf – und auch sonst erkennen wir Fehler vor den guten Taten», weiss Philosoph und Theologe Josef Imbach. Deswegen bedient er sich in seinem Referat zum Thema «Kontaktpflege im Alter» der Umkehrmethode. Und er fesselt die Zuhörer vom ersten Moment und über 30 Minuten lang. Immer wieder werden die Mundwinkel hochgezogen und man räumt ein, beim einen oder anderen Beispiel sich selbst zu erkennen.
«Wie können wir es anstellen, damit Mitmenschen die Strassenseite wechseln?», fragt Imbach. «Indem wir ein mürrisches Gesicht ziehen und wenn uns jemand grüsst, tun wir, als hätten wir es nicht gehört. Und auf Freundlichkeiten reagieren wir mit Gleichgültigkeit.»
Auf der Zugfahrt habe er sich mit einer alleinstehenden älteren Dame unterhalten, diese wünscht sich mehr Kontakt zu anderen Menschen. Imbach fragte sie, was sie gegen das Alleinsein unternehme, ob sie zum Beispiel teilnehme an Gesellschaftsreisen? «Nein», habe diese geantwortet. Sie könne sich doch nicht einer fremden Gruppe anschliessen. «Da kenne ich ja niemanden.» Lachen füllt den Saal des katholischen Pfarreiheims.
«Die Gebrechen kenn ich schon!»
Der Seniorentag ist wieder ein voller Erfolg. Zahlreich sind die Senioren erschienen und lauschen dem Referat «Wohlbefinden im Alter – ein gelebter Widerspruch» von Pasqualina Perrig-Chiello der Universität Bern – und eben dem Vortrag von Josef Imbach, der in Rom gearbeitet hat und nun in Aesch lebt. Für Imbach steht fest: «Man soll auf die anderen zugehen und Kontakt suchen, dann wird man auch fündig.»
Seine Mutter habe sich zum Beispiel im Café immer zu jüngeren Menschen an den Tisch gesetzt. Da komme man leicht ins Gespräch und sei immer wieder auf dem neusten Stand. «Weisst du», habe sie ihm verraten, «mit Gleichaltrigen zu reden ist oft auch erdrückend, weil die immer nur von ihren Gebrechen reden – und die kenne ich ja alle schon!»
Auf der anderen Seite warnte Imbach aber auch davor, man soll sich nicht ausnutzen lassen, um Liebe und Aufmerksamkeit zu ergattern. «Tun Sie nur, was Sie wirklich wollen. Liebe dich wie deinen Nächsten», in diesem Sinne soll man sich selber Sorge tragen, sich auf keinen Fall verkriechen, sondern mit einem gesunden Selbstbewusstsein und einem positiven Denken auf andere Menschen zugehen.
Bewährtes und neue Projekte
Neuigkeiten und neue Möglichkeiten der Kontaktpflege gibt es auch aus der Arbeit des Seniorenrates. Präsident Toni Bärlocher informierte die Anwesenden über neue Projekte wie die Hobby-Börse, an der Menschen Gleichgesinnte für gemeinsame Ausflüge suchen oder um eine Passion zu teilen. Auch gibt es noch das Projekt Wohnen für Hilfe. Bekunden die Aescher Senioren ihr Interesse, dann wird die Idee weiterverfolgt, in Aesch und Pfeffingen Studenten zu vermitteln, die bei älteren Menschen wohnen dürfen und ihre Mietschuld oder ein Teil davon mit Arbeitsleistung begleichen.
Das bestehende Projekt «Drehscheibe», wo man Dienstleistungen anbieten oder beziehen kann, laufe sehr gut, informierte Bärlocher. Mit viel Infomaterial und Kontaktadressen unter dem Arm, einem reichhaltigen Apéro und angeregten Gesprächen klang der Seniorentag positiv aus.