«Was heute passiert, macht mir Angst»

In ihrer Maturaarbeit, die als biografisches Rezeptbuch präsentiert werden soll, möchte Giada Elia legalen aber auch illegalen Migrantinnen eine Stimme geben.

Eine Stimme für Migrantinnen: Giada Elia möchte mit ihrer MaturAarbeit aufzeigen, welchen Herausforderungen insbesondere Migrantinnen gegenüberstehen. Foto: Melanie Brêchet

Um die Beweggründe für die Wahl ihres Themas für die Maturaarbeit zu verstehen, muss man Giada Elias Familiengeschichte kennen. Die Brislacherin wurde in der Schweiz geboren, ebenso ihre Eltern. Ihre Grosseltern jedoch stammen aus Italien. Sie wanderten einst aus Italien in die Schweiz aus, um hier ein besseres Leben zu finden. Der eine Grossvater sei mit seiner Familie hierhergereist. Er habe bei Coop zuerst als Florist und dann im Büro gearbeitet. Der andere sei zuerst alleine in die Schweiz gekommen und habe seine Frau später nachkommen lassen. Er hatte eine Stelle in der Werkstatt der Basler Firma Roche. «Meine Grossväter hatten es einfacher, eine gute Stelle zu finden. Meine Grossmütter arbeiteten als Raumpflegerinnen und eine zusätzlich in einer Wäscherei — also nicht so gut bezahlte Arbeiten. Ich denke darum, dass es die Frauen als Migrantinnen immer etwas schwerer haben — damals wie heute.» Die Einwanderung von Italienerinnen und Italienern im 20. Jahrhundert sei die Ursprungsidee für ihre Maturaarbeit gewesen. Giada Elia habe aber schnell gemerkt, dass sie auch das Thema Feminismus integrieren wollte, und entschied sich dazu, das Augenmerk auf Migrantinnen — sowohl legale als auch illegale — zu legen. «Illegal Eingewanderte sind auch Menschen, ihre Geschichte möchte ich erzählen.» Einbetten möchte Giada Elia die Biografien der Frauen in ein Rezeptbuch mit Gerichten, passend zur jeweiligen Nationalität der Gesprächspartnerinnen.

Die Mitbegründerin der «Sans-Papiers»

Dank ihrer Betreuungslehrerin Noëlle Valet-Borer konnte Giada Elia mit einer Frau aus Ecuador Kontakt knüpfen, die bereits seit langer Zeit in der Schweiz lebt. Sie wanderte damals illegal ein, hält sich aber mittlerweile legal in der Schweiz auf, gemeinsam mit ihren Kindern. Sie sollte die erste Interviewpartnerin der Maturandin werden. «Sie ­erzählte mir, dass sie in der Schweiz sehr viele Jobwechsel hatte und dass ihre Kinder, als diese in die Schweiz nachgekommen waren, sprachlich grosse Mühe hatten. Integration und Akzeptanz seien schwierig zu erreichen gewesen. Dazu kam die dauernde Angst vor Abschiebung.» Die Ecuadorianerin gehörte schliesslich zu den Mitbegründerinnen der «Sans Papiers» in Basel. Dabei ­handelt es sich um eine Bewegung von Menschen, die über keine Ausweisdokumente verfügen. «Über den Kontakt zu den ‹Sans Papiers› habe ich weitere Interviews in Aussicht», freut sich Elia. Es sind Gespräche geplant mit Frauen aus Brasilien, Marokko, Bosnien und Albanien geplant. Gerne würde ich noch mit Frauen aus dem asiatischen oder arabischen Raum sprechen, da habe ich aber noch niemanden gefunden, oder es scheitert an der Verständigung.» Sie spreche neben Deutsch zwar Italienisch, Französisch, Englisch und Spanisch, das reiche aber nicht für alle Nationen aus. Frauen, die sich illegal in der Schweiz aufhalten, hätten sich nur drei gemeldet. «Ich denke, sie fürchten sich vor Konsequenzen. Ich nutze aber geänderte ­Namen und fotografiere die Frauen nur von hinten, sodass sie nicht erkannt werden. Meine erste Priorität ist, dass sich die Frauen wohlfühlen.»

Besorgt über Entwicklung

Giada Elia macht sich Sorgen über die Geschehnisse, die aktuell die Schlag­zeilen beherrschen. Den Rechtsrutsch in diversen Ländern — zuletzt in Deutschland — kann sie nicht nachvollziehen. Damit gerieten nicht zuletzt auch Frauen im Allgemeinen und Migrantinnen im Speziellen unter Druck. «Für mich sind diese Rechtsrutsche ein Rückschritt. Ich verstehe nicht, wie man solche Menschen wählen kann. Das kann eigentlich nur an mangelnder Aufklärung liegen.» Sie ­plädiert darum für eine gute politische und gesellschaftliche Bildung an den Schulen, am besten mit einer nur dafür vorgesehenen, wöchentlichen Lektion. «Eine Lektion Mathe könnte man dafür sicherlich verschmerzen», sagt sie.

Giada Elia möchte nach Erlangen des Maturitätszeugnisses einen Beruf ­ergreifen, in dem sie mit Menschen zu tun hat. Ärztin — am liebsten Frauen- oder ­Kinderärztin — oder Psychologin stehen ganz oben auf ihrer Berufswunschliste.

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