Warten auf den Rettungswagen
Weshalb holt ein Rettungswagen aus Basel einen Verletzten in Kleinlützel? Das Wochenblatt geht der Frage nach, ob die Rettungskapazität im Laufental und Thierstein genügt.
Mit Schmerzen liegt Ueli Meier am 26. Dezember auf dem Boden. Er hat kein Gefühl mehr im Bein und kann nicht mehr stehen. Er schreit vor Schmerzen. Eine dumme Bewegung beim Duschen hat einen Bandscheibenvorfall ausgelöst. Seine Frau ruft beim Notfall in Laufen an. Dort teilte man ihr mit, dass man einen Krankenwagen vorbeischicken werde. Eine gefühlte Stunde später trifft ein Rettungswagen aus Basel in Kleinlützel ein. Eine weitere Stunde vergeht, bis Ueli Meier im Unispital in Basel ist und von einem Arzt untersucht wird. «Früher, als noch die Paramedic in Laufen den Rettungsdienst stellte, war der Krankenwagen viel schneller vor Ort», beklagt sich der Pensionär. Ist dem wirklich so? Das Wochenblatt will es genauer wissen.
Vor drei Jahren übernahm das Kantonsspital Baselland den Rettungsdienstbetrieb von der Paramedic AG in Laufen. «In Laufen, beim alten Feuerwehrmagazin an der Baslerstrasse, sind immer noch zwei Rettungswagen stationiert. Zum Personalbestand gehören zwölf Personen, welche in zwei Schichten arbeiten. An dieser Situation hat sich nichts geändert und wird sich nichts ändern», erklärt Thomas Schwander, Leiter Rettungsdienst vom Kantonsspital Baselland, und widerlegt somit die Frage von Meier. Allerdings ist seit der Coronakrise nur ein Wagen im Einsatz. Wegen Personalmangels ist das eine Team von Laufen nach Liestal auf die Intensivstation berufen worden, um dort auszuhelfen. Abends und am Wochenende war aber bereits bei der Paramedic immer nur ein Team in Laufen auf Pikett.
1300 Rettungen
Das Kantonsspital Baselland hat sechs Rettungswagen im Einsatz, zwei sind in Laufen, drei in Liestal und einer beim Bruderholz (Verlegungsteam) stationiert. «Gemessen an der Bevölkerungsdichte sind zwei Fahrzeuge für diese Region im Vergleich zu Liestal mit drei Fahrzeugen gut berechnet», bestätigt Schwander. 1300 Mal, mit einem durchschnittlichen Zeitaufwand von 113 Minuten, kam ein Rettungsfahrzeug letztes Jahr im Laufental und Thierstein zum Einsatz. Dies führte jedoch zu einem hohen Anteil von Doppelbelegungen. Die Sanitätsnotrufzentrale beider Basel hat den Überblick über die Rettungsfahrzeuge — nicht nur über jene des Kantonsspitals, sondern auch über jene von «Rettung Basel-Stadt». Die Zentrale, welche seit 2018 besteht, sieht, wo Kapazitäten frei sind, und entscheidet, welches Fahrzeug disponiert wird. Die Einsatzzentrale nimmt im Bedarfsfall auch mit dem privaten Rettungsdienst Nordwestschweiz AG Kontakt auf, der in Reinach stationiert ist.
Einsätze nehmen seit Jahren zu
Der Interverband für Rettungswesen gibt als Richtlinie an, dass ein Rettungswagen in seinem Einzugsgebiet in 15 Minuten vor Ort sein muss. «Wir sind im Kanton absolut am Limit. Die Einsätze nehmen seit Jahren zu. Einerseits hat dies mit dem Älterwerden der Bevölkerung zu tun, anderseits wird der Rettungsdienst heute wegen kleinerer Probleme gerufen als früher. Vor allem in Stadtnähe wird manchmal schon wegen einer Bagatelle der Rettungsdienst verlangt», sagt Schwander.
Blaulicht nur bei Lebensgefahr
Unterschieden werden die primären Notfalleinsätze nach der Dringlichkeit 1 bei akuter Vitalbedrohung und der Dringlichkeit 2, wenn keine Lebensgefahr besteht. Nur bei D1 darf der Rettungswagen mit Horn und Blaulicht unterwegs sein. «Natürlich ist das Warten unangenehm für die verletzte Person, gerade im Fall von Herrn Meier, der starke Schmerzen hatte», sagt Schwander. «Anderseits haben wir in der Schweiz einen hohen Standard, und ein Fahrzeug ist immer gewährleistet, auch wenn es eben aus Basel heranfahren muss, weil das Fahrzeug in Laufen bereits für einen anderen Notfall unterwegs ist.» Je nach Situation wird entschieden, welches Spital angefahren wird. Bei Herrn Meier schien das Unispital optimal zu sein und er war mit der Wahl auch äusserst zufrieden, wie er dem Wochenblatt erklärt.
Interessanterweise ist auch ein Rettungswagen vor Ort, wenn die Rega gerufen wird. «Das ist wichtig, nicht überall kann der Helikopter landen. Meist ist der Rettungswagen schneller vor Ort als die Rega und leistet Ersthilfe. Das Sanitätspersonal hat eine hohe Kompetenz und kann immer eine Ärztin oder einen Arzt um Rat fragen», so Schwander.