Verwaltungsrat hat Aktionärsgemeinden übergangen
Die Statutenrevision der Kelsag AG sei auf diese Weise nicht gültig. Zu diesem Schluss kommt das Amtsgericht Arlesheim in seinem mündlichen Urteil.
Der Verwaltungsrat der Kelsag AG traktandierte für die Generalversammlung 2020, die wegen der Corona-Schutzmassnahmen auf dem schriftlichen Weg durchgeführt werden musste, die Änderung der Statuten. Das neue Regelwerk liess er vom Notariat beurkunden und im Handelsregisteramt eintragen. «Der Verwaltungsrat hat die Eintragung ins HR veranlasst, bevor die Aktionäre über das Abstimmungsergebnis orientiert wurden, und somit konnte kein Aufschub der Eintragung erwirkt werden», sagt Hannes Niklaus, Gemeindepräsident von Brislach.
Die Gemeinderäte von Brislach, Duggingen und Liesberg hatten den Verwaltungsrat im Voraus gebeten, die Änderung der Statuten nicht mitten in einer Pandemiezeit auf dem schriftlichen Weg durchführen zu lassen, sondern seine Vorstellungen mit den Vertretern der Gemeinden mündlich zu diskutieren und an einer späteren Generalversammlung, die wieder in einem Saal stattfinden kann, zur Abstimmung zu bringen. «Unser Antrag lag fristgerecht, schriftlich vor, doch der Verwaltungsrat liess darüber nicht abstimmen», resümiert Markus Wackernagel, Gemeindepräsident von Liesberg.
Keine Mitsprache beim Budget
Die Statutenänderung beinhaltet unter anderem, dass die Aktionärsgemeinden beim Budget der Kelsag nicht mehr mitentscheiden, sondern dieses nur noch zur Kenntnis nehmen können. «Weil uns der Dialog verweigert wurde, blieb uns keine andere Wahl, als den Rechtsweg zu beschreiten», erklärt Wackernagel.
Das Amtsgericht Arlesheim kam nach mehrstündiger Verhandlung zum Entscheid, dass die Aktionärsrechte, insbesondere das Antragsrecht und das Recht über Anträge von Aktionären abstimmen zu können, bei der Generalversammlung der Kelsag vom Juni 2020 verletzt wurden. «Somit liegt ein Verfahrensfehler vor und die Abstimmung zur Statutenrevision (es ging um Punkt 6.1. und 6.2.) ist ungültig. Sobald das Urteil rechtskräftig ist, wird das Gericht anordnen, die Statutenänderung aus dem HR zu löschen», führt Niklaus aus. Dann gelten wieder die ursprünglichen Statuten und die Gemeinden könnten an einer Generalversammlung über die Zukunft ihrer Kelsag entscheiden.
Günstigere Varianten
«Einige Gemeinden haben nun auch einzelne Verträge (wie für das Grüngut) aufgekündigt. Die Biogasanlage der Kelsag ist defizitär und es gibt heute bessere, lokale Lösungen für das Grüngut, anstatt dieses über längere Distanzen zu transportieren. Die Deponie in Liesberg ist aufgefüllt und abgeschlossen. Für viele Gemeinden ist es überholt, beim Einsammeln des Kehrichts an die Kelsag gebunden zu sein», gibt Wackernagel zu bedenken und führt aus: «Der direkte Weg nach Basel in die Kehrichtverbrennungsanlage könnte sich als der günstigere herausstellen. Es gibt in der Zwischenzeit auch eine Aktionärsmehrheit, die sich in einer Arbeitsgruppe den verschiedenen Fragen und Optionen annimmt. Spätestens nach dem Gerichtsentscheid sollte der Verwaltungsrat nun bereit sein, sich unseren Anliegen anzunehmen.»
Weiteres Vorgehen noch offen
Der Verwaltungsrat lässt noch offen, ob er einlenken wird. Derzeit generiere er zusätzliche Kosten, indem er beim Amtsgericht das schriftliche Urteil angefordert habe und sich überlege, den Fall an das Kantonsgericht weiterzuziehen, gibt Wackernagel zu bedenken. In einem Schreiben an die Gemeinden hält Verwaltungsratspräsident Germann Wiggli fest: «Nach Eingang des schriftlichen Urteils wird der Verwaltungsrat über das weitere Vorgehen entscheiden und die Aktionäre informieren.»