Laufentalerin wird Bundesrichterin
An diesem Mittwoch, 28. September, ist Karin Scherrer von der Vereinigten Bundesversammlung zur Bundesrichterin gewählt worden. Die 52-Jährige wuchs in Grellingen auf und besuchte das Gymnasium in Laufen.
«Wenn es irgendwie geht, sollen die Menschen versuchen, sich untereinander zu einigen. Denn der Gang vors Gericht kostet viel Nerven und Geld», sagt Karin Scherrer Reber, die sich als harmoniebedürftigen Menschen bezeichnet. Trotzdem sei es wichtig und gut, dass es die Möglichkeit gibt, das Recht vor Gericht einzufordern. Gestern Mittwoch wurde sie von der Vereinigten Bundesversammlung zur Bundesrichterin gewählt und erhält dadurch die Macht, neben den weiteren 37 Bundesrichterinnen und -richtern als oberste und letzte Instanz Urteile zu fällen. «Diese Macht und Verantwortung ist mir sehr bewusst, denn hinter jedem Fall stehen immer Menschen und Einzelschicksale.» Das wichtigste Werkzeug als Richterin sei die Sprache. Der logische Entscheid müsse anhand der Gesetzgebung aufgebaut und exakt begründet werden. «Es macht mir Freude, Probleme zu erfassen, Entscheide zu fällen und Einfluss auf höchster richterlicher Ebene nehmen zu können.» Im Gegensatz zu ihrer Arbeit als Oberrichterin und Präsidentin des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn freut sie sich, in Zukunft vermehrt wissenschaftlich zu arbeiten und mehr Zeit für fundierte Urteile zu haben. Die letzten Monate seien durch viel administrative Arbeit geprägt gewesen, gerade auch wegen Corona. Ein neues Rechtsgebiet wurde betreten. Entscheide über Maskentragen und ständig wechselnde Verordnungen seien eine grosse Herausforderung gewesen.
Neugier und Freude an Neuem
«Quasi als Quotenfrau begann ich meine Karriere als Juristin im Rechtsdienst des Bau- und Justizdepartements Solothurn. Dort musste ich als 26-Jährige meinen Mann stehen», erzählt Karin Scherer. Sie machte die Sache gut und wurde nach kurzer Zeit Stellvertreterin des Chefs Rechtsdienst. Ihre Neugier und Freude an Neuem bewegten sie dazu, am Bundesgericht in Lausanne eine Stelle als Gerichtsschreiberin anzunehmen. Für die Arbeit als Bundesrichterin kann sie auf diese Erfahrung zurückgreifen. Schwanger mit dem zweiten Kind, zog es Karin Scherer nach zehn Jahren Lausanne zurück nach Solothurn, wo sie mit Unterstützung der FDP zur Oberrichterin gewählt wurde und seit 2015 Präsidentin des Verwaltungsgerichts ist.
Nun geht es zurück nach Lausanne oder allenfalls nach Luzern, je nach Rechtsgebiet. Als Amtsjüngste kann Karin Scherrer die Abteilung nicht wählen — bevorzugen würde sie das öffentliche Recht mit Bau-, Planungs- und Umweltrecht. Dank ihrer Berufserfahrung und guter Französischkenntnisse überzeugte die promovierte Juristin beim Hearing die Gerichtskommission und setzte sich gegen die zahlreichen Bewerbenden durch. Der Job am Bundesgericht ist für die 52-Jährige jedoch nur machbar, weil sie einen Teil der Arbeit im Homeoffice durchführen kann und dadurch auch Zeit für ihre beiden Töchter bleibt. Unterstützung im Familienalltag erhält Karin Scherrer von ihrem Ehemann, aber dieser ist mit der eigenen Anwaltspraxis ebenfalls stark ausgelastet. Ist das alles zeitlich vereinbar? «Ich bin ein Arbeitstier, immer umtriebig. Das entspricht meinem Naturell», lacht die Powerfrau.
Bleibt neben dem intensiven Programm noch Zeit, fährt sie gerne über den Passwang in die Heimat. Sie ist in Grellingen aufgewachsen, besuchte das Gymnasium in Laufen und studierte in Basel. Auch wenn sie seit 26 Jahren in Solothurn lebt, fühlt sie sich im Laufental immer noch daheim. Hier leben ihre Eltern, zwei der drei Geschwister, Verwandte und zahlreiche Freundinnen.