Klänge zu Leiden und Tod
Zusammen mit der Camerata Bern hat Patricia Kopatchinskaja ein monothematisches Programm mit dem Titel «Der Tod und das Mädchen» zusammengestellt. Die Ausführenden brillierten in der St. Katharinenkirche.
Einmal mehr konnten die Kammerkonzerte Laufen die in der Republik Moldau geborene Patricia Kopatchinskaja für ein Konzert gewinnen. Mit einem umgebundenen Schellenband tänzelte die hochkarätige Violinistin am 19. Oktober in der St. Katharinenkirche in den Kreis der Camerata Bern. Der «Toden Tanz» von August Nörmiger ist ein wilder frühneuzeitlicher Totentanz in der Tradition des mittelalterlichen «danse macabre». Das Stück erklang in musikantischer Manier mit perkussiven Elementen und verschliffenen Streicherklängen. Einen anonymen byzantinischen Choral in der Sologeige untermalte Kopatchinskaja mit einer modern klingenden Begleitung des Ensembles. Im Zentrum aber standen zwei Fassungen von Franz Schuberts «Der Tod und das Mädchen». Das ursprüngliche Streichquartett Nr. 14 in d-Moll op. Post. D 810 hatte die Geigerin für Streichorchester arrangiert. Hier ordnete sich die Solistin dem Gesamtklang des Ensembles unter, wobei die Dramatik des Stücks auf alle Instrumente verteilt wurde. Dennoch war Kopatchinskaja in ihrer Funktion als erste Violine massgebend für den spannungsvollen Duktus. Die Camerata Bern war sehr präsent und spielte transparent und dynamisch differenziert. Im zweiten Arrangement der Komponistin und Violinistin Michi Wiancko sang Patricia Kopatchinskaja den Text von Matthias Claudius. Warm erklang die Melodie im ersten Cello. Insgesamt war es ein intensives und insistentes Spiel, selbst im Pianissimo. Hier wurde die ganze Tiefe von Schuberts Stück «Der Tod und das Mädchen» ausgelotet, das in einem eindrücklichen Pianissimo endete.
Spannendes musikalisches Konzept
Das Madrigal «Moro, lasso, al mio duolo» («Schwarz, elend, zu meinem Kummer») stammt von Carlo Gesualdo (1566–1613), der nicht nur Fürst und Komponist war, sondern auch ein Doppelmörder aus Eifersucht. Die instrumentale Fassung dieses Madrigals wurde subtil, schwebend und mit teilweise verschliffenen Klängen interpretiert. Die «Ligatura-Message to Frances-Marie» von György Kurtág — der experimentellen Cellistin Frances-Marie Uitti gewidmet — beginnt mit zwei Celli, die düster in gebrochener Tonalität spielen. Das Ensemble spielte mit verhaltener Dramatik. Kopatchinskaja setzte sich gegen den Schluss an die Celesta, die ähnlich wie ein Glockenspiel klingt. Am Ende erklang «Ruhelos» aus «Kafka-Fragmente» von Kurtág, bei dem die Geigerin dem Publikum im Sprechgesang ein «Ruhelos» entgegenschrie. Die «Kafka-Fragmente» basieren als Vokalzyklus auf Prosatexten aus dem Tagebuch Franz Kafkas sowie aus posthum veröffentlichten Briefen und Erzählungen. Nach langem Applaus spielten die Musikerinnen und Musiker nochmals den Totentanz vom Anfang an. Patricia Kopatchinskaja schafft es immer, mit aussergewöhnlichen Programmen und Konzeptalben Ohren und Geist des Publikums zu öffnen. Auch mit diesem Programm ist ihr dies gelungen.