Im Einsatz für die Menschenrechte
Sechs Delegierte vertreten die Schweiz im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates. Einer davon ist der Dugginger Gemeinderat Matthias Gysin. Anfang Jahr wurde er vom Bundesrat Ignazio Cassis zu diesem Amt ernannt.
Seit fünf Jahren sitzt Matthias Gysin im Gemeinderat Duggingen. Nun bekommt der 48-Jährige die Chance, Einblick in eine um einiges grössere Organisation zu erhalten. Anfang Jahr wurde er als lokaler Schweizer Stellvertreter in den Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates (KGRE) gewählt. Die Schweiz verfügt dort über sechs ordentliche Mitglieder und sechs Stellvertreterinnen und Stellvertreter, die jeweils zur Hälfte die Kantone sowie die Gemeinden und Städte vertreten.
«Über Marianne Hollinger, die während Jahren als Gemeindepräsidentin von Aesch in dem Kongress Einsitz hatte, lernte ich diese Organisation kennen und kam auf die Idee, mich für die Amtsperiode 2021–2026 zu bewerben», erzählt der Ökonom und Vater von fünfjährigen Zwillingen. Im Januar wurde die Delegation von Bundesrat Ignazio Cassis nominiert. Bei der Zusammensetzung wurden Geschlecht, Region und die politische Zugehörigkeit berücksichtigt. Wobei mit Vollmitglied Franziska Stadelmann-Meyer, Gemeindepräsidentin von Muttenz, eine weitere Person aus dem Baselland im Kongress sitzt. «In meinem Fall ist sicher aussergewöhnlich, dass ich als Vertretung aus einem kleinen Dorf komme und als einziger nur Gemeinderat und nicht Gemeindepräsident bin», meint Gysin.
Fokus Gemeindeautonomie
Der KGRE wurde 1994 ins Leben gerufen und hat zum Ziel, die Lokal- und Regionaldemokratie in den 47 Mitgliedstaaten des Europarates zu stärken. Der Kongress verfolgt die gleichen Ziele wie der Europarat: den Schutz der Menschenrechte, das Eintreten für Rechtsstaatlichkeit und die Entwicklung der Demokratie in den Mitgliedstaaten. «Menschenrechte sind für unser geordnetes Zusammenleben und für geordnetes, miteinander Wirtschaften wichtig. Je besser wir einander vertrauen können, umso besser können wir miteinander funktionieren und wirtschaftliche Aktivitäten betreiben», erklärt Gysin. «Damit das funktioniert, braucht es Vertrauen von den Einwohnerinnen und Einwohnern in den Staat. Menschenrechte definieren, wo der Staat nicht eingreifen darf, zum Beispiel in die Meinungsfreiheit. Die Schweiz, welche die Menschenrechte sehr gut schützt, hat erstens Interesse daran, dies zu deklarieren, und zweitens ist sie daran interessiert, dass die Länder, mit denen sie zu tun hat, sich daran halten. Dies auch zum Schutz jener Schweizerinnen und Schweizer, die in einem anderen Land davon betroffen sein können. Auf lokaler Ebene wichtig ist, dass eine gewisse Unabhängigkeit und Autonomie funktionieren, damit die Gemeinderäte auf Anliegen der Bevölkerung eingehen können und sich nicht einzig auf die Zentralregierung ausrichten müssen.»
Etwas bewegen können
Der KGRE ist ein Gremium von über 600 Personen. Gysin ist überzeugt, dass der KGRE etwas bewegt hat und bewegen wird. Dabei gebe es auch Rückschritte, wie am Beispiel der Frauenrechte in der Türkei zu sehen sei. Durch den Kongress werde das Thema Menschenrecht sensibilisiert und mit Resolutionen gestärkt. Wichtig seien aber auch die persönlichen Begegnungen mit anderen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Der KGRE löse sicher keine grossen Revolutionen aus, denn es seien so viele verschiedene Länder und Meinungen im Kongress dabei. Aber längerfristig könne sicher etwas bewegt werden. «Wenn ich davon nicht überzeugt wäre, wäre ich nicht dabei», so Gysin.
Die zweimal jährlich stattfindenden Plenarsitzungen des Kongresses werden im Europapalast in Strassburg abgehalten, wo auch das Kongresssekretariat seinen Sitz hat. Daneben finden Kommissionssitzungen und andere Einsätze wie zum Beispiel Wahlbeobachtungen statt.