«Ich habe noch keine Abstimmung ausgelassen»

Gerade mal 21-jährig war Regina Zuber, als die Schweizer Männer beschlossen, dass auch Frauen das Stimm- und Wahlrecht bekommen sollten.

Klare Haltung: Regina Zuber bezeichnet sich selbst als politische Person, für Parteipolitik hat die Laufnerin aber nicht viel übrig. Foto: MElanie Brêchet
Klare Haltung: Regina Zuber bezeichnet sich selbst als politische Person, für Parteipolitik hat die Laufnerin aber nicht viel übrig. Foto: MElanie Brêchet

Im Februar 1971 stand Regina Zuber bereits mit beiden Beinen fest im Leben. Die gelernte Textilverkäuferin war zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre verheiratet und arbeitete Teilzeit im Schuhladen Gerster in Laufen — wofür sie damals noch die Einwilligung ihres Ehemannes brauchte. Bis 1976 musste eine verheiratete Schweizer Frau nämlich die Erlaubnis ihres Mannes einholen, um ausser Haus einer Arbeit nachgehen zu können.

An die Abstimmung über das Frauenstimmrecht erinnert sich Regina Zuber gut. Dafür engagiert habe sie sich dazumal aber nicht. Auch wenn sie nur ein Jahr zuvor gerne mitgeredet hätte: 1970 wurde über die Schwarzenbach-Initiative abgestimmt. Die von James Schwarzenbach lancierte Initiative verlangte, dass der Ausländeranteil in der Schweiz maximal zehn Prozent betragen dürfe. Wäre sie angenommen worden, hätten 350000 Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Koffer packen und heimfahren müssen. Das beschäftigte Regina Zuber und ihre Mutter: «Wir hatten eine italienische Familie im Haus, welche von einer Annahme der Abstimmung direkt betroffen gewesen wäre. Die waren damals sehr aufgebracht», erklärt sie. Die Initiative wurde schliesslich mit 54 Prozent Nein-Anteil ver­worfen.

«Die Männer machen das schon recht»

Ein Jahr später kam das Frauenstimmrecht vors Volk. Zubers Mutter war zuvor jung Witwe geworden und mit einem ungarischen Flüchtling verheiratet, der ebenfalls kein Stimmrecht hatte. So musste sich ihre Mutter als Familienoberhaupt beweisen. Sie weibelte darum bei Bekannten für ein Ja. «Einer guten Freundin, die sie vom Nähen und Stricken kannte, sagte sie, diese solle ihren Mann dazu bringen, ‹Ja› zu stimmen.» Die Bekannte hätte dann aber entgegnet, dass er das nicht tun müsse, weil die Männer das schon recht machten. «Dafür hatte meine Mutter kein Verständnis.» Umso mehr habe sie sich dann gefreut, als es für das Frauenstimmrecht endlich grünes Licht gab. Aber auch Regina Zuber freute sich: Nach ihrer ersten Stimmabgabe trafen sich sie und ihr Mann mit anderen Paaren im Stedtli in Laufen zum Apéro und feierten den geschichtsträchtigen Moment. «Seither habe ich vermutlich noch keine Abstimmung ausgelassen. Auch das eine Mal nicht, als mein Mann und ich unterschiedlicher Meinung waren und vereinbarten, dass wir nicht gehen würden, da sich unsere Stimmen sowieso aufheben würden», schmunzelt sie. «Ich bin dann aber trotzdem gegangen. Das hat mir mein Mann dann doch etwas übel genommen.»

Politisiert durch Adoption

Sich selbst bezeichnet Regina Zuber nicht als klassisch politischen Menschen. «Parteipolitik interessiert mich nur mässig», sagt sie von sich selbst, «ich verfüge aber über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Am ehesten würde es die Bezeichnung christlich-soziale Freidenkerin treffen. Und heute würde ich auch noch ‹grün› anhängen.»

Politisiert wurde Regina Zuber durch die Adoption ihrer zwei Kinder aus Indien. Da habe sie damit begonnen, sich über verschiedene Hintergründe zu informieren und diese auch weiterzugeben. Während ihrer Tätigkeit im Frauenverein habe sie darum schon mal Referenten von der «Erklärung von Bern» eingeladen, um über das Thema «Kleider machen Leute — Leute machen Kleider» zu informieren.

Sie habe ausserdem an der Demo für das Antirassismusgesetz in Bern teilgenommen und sich mit Briefen an Bekannte für das Anliegen eingesetzt. Auch als die SVP plante, die angehende Bundesrätin Evelyne Widmer-Schlumpf aus der Partei zu werfen, ging Regina Zuber mit der Organisation «Alliance F» aus Überzeugung auf die Strasse, und sie sammelte Unterschriften gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsgebiete.

«Geht stimmen und wählen!»

Natürlich habe sich in den letzten 50 Jahren, seit Einführung des Frauenstimmrechts, bezüglich Gleichberechtigung einiges getan, stellt Zuber fest. «Wenn man sich die miserablen Stimmbeteiligungen ansieht, glaube ich aber, dass von diesem Recht immer noch zu wenig Gebrauch gemacht wird. Viele beklagen sich nur lauthals, wenn irgendwo etwas schiefläuft, gehen dann aber nicht an die Urne.» Regina Zuber appelliert darum an die Frauen: «Geht abstimmen und wählen! Das ist euer gutes Recht.»

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