«Alphornklänge tun mir gut»
Bis ins 19. Jahrhundert diente das Alphorn dazu, die Kühe zur Melkzeit von der Weide zum Stall zu rufen. Für Marlies Linder ist Alphornblasen Erholung pur.
«Alphornklänge tun mir seit jeher gut», lächelt Marlies Linder aus Röschenz. «Schon als Schulmädchen fühlte ich mich in eine andere Welt versetzt, wenn irgendwo seine Töne erklangen.» Sie nimmt an, dass es vielen Menschen gleich geht. Allerdings lernte sie in der Musikschule Klavier spielen — und spielt dieses Instrument weiterhin. Auch ihre elfjährige Tochter Annika hat sich dem Pianospiel verschrieben, während ihr 13-jähriger Sohn Nils Eishockey spielt.
Das Alphorn, nationales Symbol für Heimat, über dessen Entstehung und Verwendung wundersame Sagen und Geschichten erzählt werden, diente bis ins frühe 19. Jahrhundert dazu, die Kühe zur Melkzeit von der Weide zum Stall zu rufen. Alte Bilder zeigen Hirten, die das Instrument, welches in verschiedenen Längen hergestellt wird, auch beim Alpaufzug einsetzten. Das Instrument ist ein langes konisches Rohr, am Ende gebogen wie ein Kuhhorn. Die Länge des Horns beeinflusst den Ton: Je länger das Instrument, desto tiefer der Ton. Ein Ton, der allgemein als beruhigend empfunden wird, sogar von Leuten, die mit Heimat und Trachten eher weniger anfangen können. Ertönt von einem Waldesrand her, von einem Berg oder einer Kirchenempore herunter Alphornklang, dringt er auch in die Herzen von jenen, die mit dem Älplerleben nicht viel am Hut haben.
Marlies Linder erinnert sich, dass sie vor etwa zehn Jahren eine Freizeitbeschäftigung suchte. Sie erzählte einem Bekannten, sie würde gerne herausfinden, ob sie dem Holz überhaupt Töne entlocken könnte. Und war überrascht, dass ihr das gelang; ihr Hobby war gefunden und sie meldete sich an für Alphorn-Lektionen. Sie lacht: «Seither hat es mich nicht mehr losgelassen. Denn was gibt es Erfüllenderes, als mit anderen Angefressenen in der freien Natur von den Jurahügeln herunter heimatliche Klänge ertönen zu lassen?» Für sie ist Alphornblasen Erholung. Da könne sie abschalten von ihrem Beruf als Physiotherapeutin, sich entfernen vom Alltag, von den nicht immer erfreulichen Nachrichten. Sie verrät, dass ihr im Moment die Proben, das Zusammenkommen in der Gruppe fehlen. Zudem bemerke sie, dass ihr die Übung fehle.
Ein Hobby für Jung und Alt
Deshalb freut sie sich, wenn es nächstens wieder möglich sein wird, sich im Freien mit Abstand aufzustellen und losschmettern zu können. «Wunderbar wäre es, wenn sich weitere Interessierte dazugesellen würden, besonders junge Leute», lädt sie ein. «Alphornblasen ist an kein Alter gebunden, Frauen und Männer können mitmachen», flicht sie ein. Sie ermuntert Teenagers und Twens, unverbindlich in eine Probe hineinzuhören. Damit sie spüren, was dieses Instrument mit den Spielenden macht. Damit sie das Gemeinschaftsgefühl erleben und die grosse Zufriedenheit der aussergewöhnlichen Melodien erfahren können. Niemand braucht gleich ein Instrument zu kaufen, sondern kann beim Verband eines mieten.
Warum bieten Musikschulen Alphornspielen nicht an?
Sie fragt sich, weshalb Musikschulen eigentlich das Fach Alphornblasen nicht anbieten? Bestimmt würden junge Menschen, auch wenn sie andere Musikstile bevorzugen, gerne einen Versuch wagen. Übrigens ist Marlies Linder daran, ihren Mann Andreas davon zu überzeugen, auch der Alphorn-Gruppe Thierstein-Laufental beizutreten. «Denn er hätte als ehemaliger Posaunenspieler einen guten Ansatz, um beim Alphorn qualifiziert weiterzumachen», bemerkt seine Frau augenzwinkernd.
Seit rund 20 Jahren gibt es die Alphorn-Gruppe Thierstein-Laufental, die der Alphornvereinigung Nordwestschweiz angeschlossen ist. Mitglieder aus der Region treffen sich zum Proben in der Winterzeit im alten Schulhaus Büsserach und im Sommer auf dem Hofgut Schlosshof in Pfeffingen. Weitere Auskunft gibt Urs Bucher, Obmann von www.alphornvereinigung.ch/thierstein, auf Mobile 079 346 16 90.