Mit Kunst Abschied nehmen

Mit dem Kunstprojekt «Living Memory» soll die seit 2004 still stehende Papierfabrik ein letztes Mal an die Öffentlichkeit zurückkehren. Die Fäden für diese in jeder Beziehung kunstvolle Art Abschied führt Barbara van der Meulen.

Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin des Projekts: Barbara van der Meulen auf dem Areal der ehemaligen Papierfabrik Zwingen. Foto: Martin Staub
Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin des Projekts: Barbara van der Meulen auf dem Areal der ehemaligen Papierfabrik Zwingen. Foto: Martin Staub

Die Idee für «Living Memory» entstand vor rund anderthalb Jahren unter der Federführung von Architekt Markus Jermann, Präsident Schlossverein Zwingen, im Vorstandsgremium. Dieses überlegte sich die Form der Begehung im Jahr 2014. Mit einer Kunstausstellung will man sich von der über 100-jährigen Geschichte der alten Papierfabrik verabschieden, bevor in Kürze die leer stehenden Gebäude der ehemaligen Schlossbesitzerin endgültig abgerissen werden.

Man begann also zu organisieren und fand in Barbara van der Meulen, Kunstwissenschaftlerin, Dozentin und Kuratorin, die geeignete Person, dieses dreiwöchige Kunstprojekt auf die Beine zu stellen: auf dem 120000 Quadratmeter grossen Areal der «Papiri», welche zu ihrer Blütezeit in den 1980er-Jahren gegen 300 Mitarbeitende beschäftigte.

Für Barbara van der Meulen-Kunz, die als Kuratorin viel Erfahrung mitbringt, ist dies das erste Projekt der Innerschweizerin, das sie im Laufental, ihrer neuen Heimat, leiten soll (seit 2008 wohnt sie mit ihrer Familie in Blauen). «Ich freue mich, dass ich mich hier einbringen darf», sagt sie, und gibt Auskunft über ein Projekt, das vor wenigen Monaten beinahe vor dem Abbruch stand.

Die 20 Kunstprojekte aus rund 70 Bewerbungen waren von einer Fachjury ausgewählt, die Präsentationsstandorte bestimmt und das Programm stand pfannenfertig bereit, «als aufgrund erhöhter Sicherheitsauflagen plötzlich das ganze Konzept über den Haufen geworfen wurde», erklärt die 44-Jährige.

Einer kurzen Phase der Enttäuschung folgte die Überzeugung des OK, Angedachtes zu Ende zu führen. Insbesondere Vorstands- und OK-Mitglied Patrik Doppler sei es zu verdanken, dass nun «Living Memory» in veränderter Form unter dem Zusatz «Transmission» durchgeführt werde. Ein ein- bis zweistündiger Ausstellungsparcours, vorwiegend ausserhalb der Gebäulichkeiten – bei dem die Kuratorin gutes Schuhwerk empfiehlt –, führt an den gegen 30 Installationen, Objekten und Darstellungen der 18 beteiligten Kunstschaffenden vorbei. Doppler habe sich dabei als exzellenter (Um-)Organisator und Planer ins Spiel gebracht.

Am Wochenende, 29./30. August 2015, ist die Eröffnung von «Living Memory Transmission». Von Samstag, 11 bis 19 Uhr (Fest bis 24 Uhr) und Sonntag, 11 bis 17 Uhr können die Kunstprojekte, die alle auf die bewegte über 100-jährige Geschichte der alten «Papiri» Bezug nehmen, besichtigt werden. An diesem Wochenende wird auch eine von vier Zwingner Vereinen geführte Festwirtschaft auf dem Schlossareal für Speis und Trank sorgen. Schliesslich wird ja auch das 40-Jahr-Jubiläum des Schlossvereins gefeiert. Die Ausstellung kann anschliessend bis zum 18. September (innerhalb des Fabrikareals bis zum 11. September aufgrund der erwähnten Sicherheitsvorschriften nur in Begleitung und nach Anmeldung) besucht werden.

Das Buch zu «Living Memory»

Das Buch «Living Memory», ein rund 200-seitiges Werk, passend zum Projekt in kunstvoller Aufmachung, soll diesen gesamten Event in Text und Bild festhalten. Die Buchvernissage findet am Freitag, dem 18. September, statt, also ganz am Schluss des Projekts. Unter der Crowdfunding-Plattform «wemakeit. com/projects/living-memory» kann die Finanzierung der Druckkosten unterstützt werden. Zusätzlich zum Budget von «Living Memory» (190000 Franken) werden dazu rund 30000 Franken benötigt.

Die Region macht mit

Die 18 mitmachenden Künstlerinnen und Künstler, darunter auch einige aus der Region Laufental/Schwarzbubenland, haben das Thema «Living Memory» ganz unterschiedlich umgesetzt. So werden nebst der eher gewohnten Objekt- und bildenden Kunst auch Arbeiten im Bereich Video, Tanz, Performance, Theater und Musik zum Zuge kommen. Die meisten der verbliebenen Bewerber aus der ursprünglichen Konzeptvariante mussten ihr Projekt für die Version «Transmission» vollkommen umkrempeln.

Barbara van der Meulen hat mit ihrer Klasse der Hochschule für Gestaltung und Kunst, Basel (HGK FHNW), wo sie unterrichtet, seit Herbst 2014 über längere Zeitabschnitte das Projekt mitgestaltet. Massgebend beteiligt an «Living Memory» ist auch das Gymnasium Laufental-Thierstein mit mehreren Klassen der Fächer Deutsch, Geschichte, Gestaltung und Musik. «Für viele Schülerinnen und Schüler, die noch nie vorher von diesem Fabrikgelände Kenntnis genommen haben, ein nachhaltiges Erlebnis», weiss die Kuratorin aus Blauen, welche nun, vor allem im Endspurt der Umsetzung, alle Hände voll zu tun hat.

 

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