Überraschung in Reinach: Gemeinderat ohne Vertreter der SVP

Das amtierende Gemeinderatsmitglied Paul Wenger verpasst die Wiederwahl in die Exekutive. Klaus Endress erzielt ein Glanzresultat und überflügelt sogar Gemeindepräsident Urs Hintermann.

Oliver Sterchi

Am vergangenen Wahl- und Abstimmungssonntag musste die SVP einiges einstecken: Auf nationaler Ebene wurde die Durchsetzungsinitiative haushoch verworfen. Und auch in den Kommunen lief es für die siegesverwöhnte Partei nicht überall rund. Zwar konnte die SVP in den Baselbieter Gemeindeparlamenten dezidiert zulegen, jedoch flog sie sowohl in Muttenz als auch in Reinach aus der Exekutive. In der «Stadt vor der Stadt» verpasste SVP-Gemeinderat Paul Wenger den Sprung in das siebenköpfige Gremium. 58 Stimmen trennten ihn vom neu gewählten Melchior Buchs (FDP), der mit 2315 Stimmen auf dem siebten Platz landete. Wenger erreichte zwar das absolute Mehr, schied als Überzähliger jedoch aus. Es sei das «überaus knappe Resultat», das ihn besonders schmerze, sagt Wenger. Der erfahrene Politiker ist sich keines Fehlers bewusst: «Ich habe in meiner Amtszeit keinen grösseren Bock geschossen. Aber das Stimmvolk hat nun mal so entschieden.» Wenger führt seine Abwahl auf die grundsätzliche Anti-SVP-Stimmung zurück, die an diesem Wahlsonntag aufgrund der Durchsetzungsinitiative geherrscht habe. Ein schwacher Trost: Wenger wurde vom Souverän in den Einwohnerrat gewählt. Ob er dieses Amt antreten wird, will der SVP-Politiker noch diese Woche entscheiden.

Die restlichen amtierenden Gemeinderäte mussten hingegen kaum um ihr Amt zittern: Klaus Endress (FDP), Stefan Brugger und Beatrix von Sury d’Aspremont (beide CVP) sowie Urs Hintermann, Bianca Maag und Silvio Tondi (alle SP) schafften die Wiederwahl problemlos. Vor vier Jahren musste der letztgenannte noch in einen zweiten Wahlgang.

Wer wird Gemeindepräsident?

Gross ist die Freude beim neu gewählten Melchior Buchs: «Ich hätte nie gedacht, dass ich es schaffe. Immerhin bin ich noch relativ ortsfremd.» Buchs ist Geschäftsführer des Business Parc Reinach und zog erst 2014 aus dem Bernischen ins Baselbiet. Dafür kann er einiges an politischer Erfahrung aufweisen: In Thun war der FDPler bereits Stadt- und Gemeinderat. Zudem sass er bis 2006 im Grossen Rat des Kantons Bern. «Die Leute haben mich wahrscheinlich gewählt, weil sie wissen, dass ich etwas von einem Exekutivamt verstehe», sagt Buchs. Bemerkenswert ist indes das Resultat von Buchs’ Parteikollegen Klaus Endress. Der Unternehmer erzielte ein Glanzresultat von 3628 Stimmen und überflügelte damit Gemeindepräsident Urs Hintermann (SP, 2942 Stimmen).

Klaus Endress interpretiert das starke Votum als Signal der Stimmbürger. «Die Leute wollen offensichtlich eine Veränderung», sagt der Unternehmer. Ob er im Juni zur Präsidiumswahl antreten wird, ist allerdings noch offen. Die FDP trifft sich diesen Sonntag zur Generalversammlung, wo über eine allfällige Kandidatur entschieden wird.

Sich bereits festgelegt hat sich die SP. Noch am Wahlsonntag nominierten die Sozialdemokraten Urs Hintermann. Das Schlussergebnis liest der amtierende Gemeindepräsident nicht als Misstrauensvotum des Souveräns. «Klaus Endress hat gute Arbeit geleistet und ist sehr populär. Daher gaben ihm wohl viele ihre Stimme.»

SVP und FDP dominieren Einwohnerrat

Bei den Einwohnerratswahlen lief es für die SVP besser. Die Partei konnte ihre Anzahl Sitze um zwei auf elf erhöhen und zieht damit mit der SP als stärkste Partei gleich. Letztere konnte ihre Sitze halten. Ebenfalls einen Sitzgewinn verzeichnete die FDP, die nun neun Einwohnerräte stellt (+2). Zusammen kommen SVP und FDP auf 20 Sitze und damit auf ein absolutes Mehr in der Legislative. Die Mitte musste hingegen Federn lassen: Die CVP kommt noch auf fünf Sitze (-1), die BDP auf deren zwei (-2). Die GLP, deren einziges Mitglied vor einem halben Jahr zur FDP übergetreten ist, ging am Sonntag leer aus. Auch die Grünen müssen einen Sitz abtreten und kommen neu noch auf zwei Sitze.

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