Standvögel: Wie sie durch den Winter kommen
Wintervögel haben ausgefeilte Überlebensstrategien, sind aber auch Gefahren ausgesetzt. Das hat ein Spaziergang des Vereins für Natur- und Vogelschutz Reinach gezeigt.
In früheren Jahrhunderten legte der Mensch Vorräte an, um die harten Winter zu überleben. Dieser Strategie bedienen sich auch die Vögel, die nicht in den Süden ziehen, sondern den Winter in unseren Breitengraden verbringen. «Die Vogelwelt bereitet sich jeweils auf den Winter vor. Dabei haben Vögel verschiedene Strategien», erklärte Karin Feigenwinter, Leiterin des vom Verein für Natur- und Vogelschutz Reinach am vergangenen Sonntag organisierten Rundgangs mit dem Titel «Winteraktiv?».
Rund 15 Interessierte waren an diesem kühlen Morgen zum Treffpunkt an die Tramhaltestelle Aesch Dorf gekommen. Von da aus ging es durchs Quartier, der Birs entlang bis zur Dornachbrugg. Wie es solchen Exkursionen eigen ist, brachten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits ein profundes Wissen mit – gegenseitiger Austausch war also angesagt.
Für die Unwissenden gab Karin Feigenwinter eine kleine Einführung zum Thema: «Während Zugvögel wie die Schwalben jetzt fast alle weg sind, bleiben die sogenannten Standvögel das ganze Jahr hier.» Typische Wintervögel sind unter anderem die Amsel, der Buchfink, die Elster oder das Rotkehlchen, aber auch die Rabenkrähe gehört dazu. Allerdings sei die Sterblichkeit unter den Standvögeln «sehr hoch», sogar höher als jene der Zugvögel, die auf ihren Reisen mannigfaltigen Gefahren ausgesetzt sind – so, wenn etwa Rastgebiete vom Menschen zerstört wurden. Ein harter Winter aber setzt den schwachen Tieren einer Population zu – sie überleben die Kälte nicht. Andere sterben, wenn sie gegen ein geschlossenes Fenster fliegen. Wichtiges Detail: Es gibt auch Vögel, die im Winter aus dem hohen Norden zu uns in den wärmeren Süden kommen.
Kalt? Federn plustern!
Die meisten Teilnehmenden waren mit einem Feldstecher, zwei sogar mit einem Spektiv – einem speziellen Beobachtungsfernrohr – und einem Stativ ausgerüstet an den Rundgang gekommen. Doch auch geübte Beobachter wissen: Oft ist der Vogel wieder weg, bevor das Fernrohr richtig eingestellt ist. Noch auf Aescher Siedlungsgebiet kam es zur Begegnung mit einer Amsel: «Alle Vögel haben die Fähigkeit, ihr Federkleid aufzuplustern, wie auch hier die Amsel. Dadurch entsteht eine Wärmedämmung um ihren Körper», so Feigenwinter. Vögel sind Warmblüter, müssen also ihre Körpertemperatur ständig aufrechterhalten. «Viele Vögel suchen nach günstigen Orten, um gemeinsam zu schlafen. Dabei kuscheln sie sich aneinander und wechseln untereinander die Position. So ist jeder einmal am äusseren kühlen Rand und einmal in der warmen Mitte.»
Ein interessantes Detail zur Ente: Ein spezielles Zirkulationssystem verhindert, dass sie über ihre nackten Beine Wärme verliert: So gibt das abwärtslaufende Blut seine Wärme an das in den Körper zurückfliessende Blut ab.
Zur Not Abfallsäcke
Der Winter ist nicht ganz so nahrungsarm, wie man allgemein meinen könnte: Die Blaumeise, die auch auf dem Spaziergang gesichtet wurde, ernährt sich im Sommer gewöhnlich von Insekten, weicht aber in der kalten Jahreszeit auf winterfeste Beeren oder Samen, wie Hagebutte oder Sanddorn, aus. Auch Regenwürmer oder Äpfel stehen vor allem bei Drosseln auf dem Speiseplan. Gut durch den Winter kommen natürlich die Krähen: «Sie haben ein grosses Spektrum und finden immer etwas. Zur Not gehen sie auch an unsere Abfallsäcke.»
Karin Feigenwinter leitet regelmässig Exkursionen für den Verein für Natur- und Vogelschutz Reinach. Zudem ist sie Leiterin des Feldornithologenkurses beim Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverband (BNV). Für Interessierte bietet der Reinacher Vogelschutzverein immer wieder Einführungskurse zur Vogelkunde oder andere Informationsveranstaltungen rund um Vögel an.