Spielend in die Reinacher Vergangenheit spaziert
40 Teilnehmer erlebten am Dienstagabend eine gelungene Premiere des Rynacher Rundgangs. Verschiedene Epochen Reinachs werden anschaulich in Szene gesetzt und humorvoll erzählt.
Tobias Gfeller
Modern gekleidet und mit einem knallgelben Koffer ausgerüstet kehrt Elisabeth Feigenwinter 150 Jahre nach ihrem Tod nach Reinach zurück und trifft dort auf ihren damaligen Schulschwarm, den Tauner und Taglöhner Fridolin Kilchherr. Elisabeth Feigenwinter erblickte 1799 das Licht der Welt, die damals noch ganz französisch geprägt war. An jedes Detail ihrer Reinacher Kindheit kann sich Elisabeth noch erinnern. Auch daran, wie das Bauerndorf plötzlich zu Basel gehörte und so Teil der Eidgenossenschaft wurde. Tauner und Taglöhner Fridolin Kilchherr beschreibt ergänzend sein hartes Leben, das geprägt ist durch ständige Arbeitssuche in einem wirtschaftlich harten Umfeld.
Es ist dies der Start in eine schauspielend historische Reise durch Reinach. Regisseur und Texter Danny Wehrmüller sowie Schauspielerin Andrea Pfaehler spielen sich in verschiedenen Rollen durch die Dorfgeschichte. Beim Gemeindehaus erzählt alt Gemeinderat Heinz Born aus dem Alltag. Dort stand einst das Schulhaus mit dem Glöckchen. In dessen Keller wurden die Kriminellen eingesperrt. «Die Schüler gaben den Gefangenen noch ihr Znüni durch das Gitter. Alle kamen wohlgenährt da raus.»
Verschiedene Perspektiven
Danny Wehrmüller und Andrea Pfaehler schlüpfen auf den historischen Schauplätzen immer wieder in verschiedene Rollen und ermöglichen damit verschiedene Sichtweise auf das Dorf. Mal interagieren sie, mal spielen sie unabhängig voneinander – aber stets mit einer Prise Humor. Tatsächlich taucht doch sogar die etwas bornierte Industriellengattin Alioth aus Arlesheim auf, die an Reinach einfach kein gutes Haar lassen will. Alles habe man hier falsch gemacht, unter anderem hätten es die Reinacher im 19. Jahrhundert versäumt, Teil der Jurabahn zu werden.
Sämtliche für die Geschichte Reinachs wichtigen Epoche kommen während des 90-minütigen Rundgangs zur Sprache. In die Zeit des Fürstbischofs und der sich ständig wechselnden Machtverhältnisse im Dorf führt das Kurihaus – heute der Sitz der Raiffeisenbank Reinach. Ebenfalls thematisiert wird die Dominanz der Katholiken, die Entwicklung, «wie die Reinacher zu besseren Menschen wurden», die Zerstörung des Dorfs während des Dreissigjährigen Kriegs oder auch die Geschichte des heutigen Gasthofs zum Schlüssel, wo einst die Reinacher Jugend der Elternobhut entkam …
Rundgang gut angekommen
Bei den 40 Premierenteilnehmern kam der szenische Rundgang hervorragend an. «Es ist begeisternd, wie die beiden Schauspieler die Geschichten erzählen. Es kommt Wehmut auf, wenn ich an das alte Schulhaus mit dem Glöckchen denke, wo ich noch selber zur Schule ging», schwärmt Béatrice Born, die selber von keiner Verwandtschaft mit dem alt Gemeinderat weiss. Ähnlich ging es Jürg Jucker, der schon an vielen szenischen Rundgängen in Städten teilgenommen hat. «Klar, das Interesse an meiner Heimatgemeinde ist grösser – auch als Zugezogener. Diese Erzählungen anhand von Anekdoten sind mitreissend.»
Über ein grosses historisches Wissen verfügt Bürgergemeindepräsident Peter J. Meier. Auf diese Art und Weise habe er die Geschichte von Reinach aber noch nie gesehen. «Es ist erfrischend und nicht so trocken wie sonst oft erzählt.» Er hofft, dass der Rundgang – initiiert von Kultur in Reinach in Zusammenarbeit mit dem Heimatmuseum – auf grosse Resonanz im Dorf stösst und auch Leute anspricht, die weniger an Geschichtlichem interessiert sind. «Man muss immer wissen, woher man kommt. Nur dann kann man nach vorne schauen», ist Meier überzeugt.
Weitere Rynacher Rundgänge finden am 27. Oktober, 10. November und 1. Dezember statt. Informationen gibts unter <link http: www.rynacherrundgang.ch external-link-new-window>www.rynacherrundgang.ch.