Reinach und seine Hexen

Vielleicht haben wir es nicht gewusst oder auch verdrängt: Tatsache ist, dass es in Reinach einst tatsächlich Hexen gegeben hat, wie aus Gerichtsakten unzweifelhaft hervorgeht.

Hexen in Reinach? Auf dieses bilderbuchmässige Exemplar mit Schlapphut, Laterne und Besen trifft man vor dem Restaurant Häxehüsli bei der Reinacher Heide.  Foto: Thomas Kramer
Hexen in Reinach? Auf dieses bilderbuchmässige Exemplar mit Schlapphut, Laterne und Besen trifft man vor dem Restaurant Häxehüsli bei der Reinacher Heide. Foto: Thomas Kramer

René Salathé

Dem brauchmässig inszenierten «Chäppelihäx»-Anlass vom kommenden Freitag, 16. Februar, ist also eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen. Doch schauen wir uns zunächst etwas in der Geschichte um. 1426 ist in Basel erstmals in amtlichen Prozessakten von Hexen die Rede. Es ging damals um ein krankes Pferd, das angeblich von Hexen geritten worden sei. 1444/45 erfolgte dann in Waldenburg die erste Verbrennung einer Hexe unter Basler Rechtsprechung. Bis 1519 erlitten nicht weniger als 17 Frauen – oft nach vorausgegangener Folterung – das gleiche Schicksal.

Doch nach 1512 begann sich eine etwas menschlichere Gerichtspraxis durchzusetzen, indem die angeschuldigten Frauen nicht mehr hingerichtet, sondern nur verbannt wurden – nicht selten unter Androhung des Ertränkens bei Zuwiderhandeln. Im Zeitraum von 1512 bis 1574 erfahren wir in Basel von 17 solcher Fälle. Und wie stand es im Fürstbistum Basel, das von Porrentruy aus regiert wurde und zu dem ja auch Reinach gehörte? Es zeigt sich, dass die etwas liberalere und menschlichere Haltung, der wir im Basler Einflussbereich begegnet sind, im Fürstbistum noch keinen Eingang gefunden hatte.

Ritt auf einem schwarzen Hund

Das widerspiegelt sich beispielsweise in der Geschichte der Hexenschwestern Dorothea und Agnes Bartin, deren Fall am 11. September 1577 das Arlesheimer Malefizgericht – es entspricht unserem heutigen Strafgericht – zu beurteilen hatte. Vor den Schranken erschienen die beiden Schwestern, Töchter eines wohlhabenden Reinacher Grundbesitzers; sie waren offensichtlich denunziert worden und geständig, sich vor drei Jahren mit einem schwarz gekleideten Mann im Rebberg getroffen zu haben. Er habe sie aufgefordert, ihm zu Willen zu sein, und Gott und alle Heiligen zu verleugnen. Dafür habe er ihnen versprochen, in Zukunft dafür zu sorgen, dass sie nie unter Mangel zu leiden hätten. «Ein Hafen mit Gelt und hernach noch ein Mal eine Hand voll» – das sei das Gegengeschäft gewesen. Doch, «da sie heim khommen, sey das im Hafen nichts denn Rosskoth und das in der Hand Laub gewesen …»

Aus den Gerichtsakten geht ferner hervor, dass die beiden Schwestern einmal auf einem schwarzen Hund zum Hexentanz geritten seien, ein andermal hätten sie für ihren Ritt einen Besen benutzt. Im Garten hätten sie dann «ein Thier wie ein Geiss» bestiegen « und der mitangeklagte Muttenzer Süry habe ihnen zum Tanz aufgespielt. Dorothea gestand ferner, schon vor Jahren durch das Sieden von Schlangen- und Wolfskraut einen Hagel bewirkt zu haben, der über «den halben berg gegen Reinach und Therwil gangen» sei.

Verurteilt zum Feuertod

Brauchte es noch mehr Beweise? Das Gericht befand die beiden geständigen Schwestern für schuldig und verurteilte sie zum Feuertod, wobei bis heute unklar beleibt, ob der Tod tatsächlich auf dem Scheiterhaufen erfolgte oder ob «Feuertod» bedeutete, dass die Leichname nach einer Enthauptung verbrannt wurden. Wenn man bedenkt, dass in der Schweiz Anna Göldi in Glarus 1782 als letzte Hexe verurteilt wurde, dann begreift man vielleicht eher, warum es mit der Gleichberechtigung auch heute noch so schleppend vorwärtsgeht.

Der Historiker René Salathé, wohnhaft in Reinach, hat sich als Autor und Herausgeber zahlreicher regionalhistorischer Werke einen Namen als Kenner der Geschichte Reinachs und des Baselbiets gemacht. Für das «Wochenblatt» begab er sich aus Anlass der «Chäppelihäx»-Première auf Spurensuche. Die Redaktion bedankt sich herzlich für diesen Gastbeitrag.
 Thomas Kramer, Redaktionsleiter

Chäppelihäx und Funggefüür
WoB. Diesen Samstag findet erstmals s Funggefüür und d Chäppelihäx statt. Um 18.30 Uhr trifft d Chäppelihäx mit dem Tüüfel und weiteren Hexen auf dem Ernst Feigenwinter-Platz ein. Nach dem Begrüssungszeremoniell ziehen alle über die Kirchgasse, Hauptstrasse, Bruggstrasse, Zihlackerstrasse, Brückliweg, Lettenmattweg und Unterer Leuweg zum Füürplatz.  <link http: www.chaeppelihaex.ch external-link-new-window>www.chaeppelihaex.ch

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