Regional, saisonal und erst noch selbst gesammelt

Im Frühling spriessen Kräuter und Blumen, die man direkt essen oder mit denen man Speisen veredeln kann. Doch es lauern auch Gefahren, wie ein Rundgang zeigte.

Faszination Wildkräuter: Der Rundgang zog so viele Interessierte an, dass die Veranstaltung am Sonntag gleich ein zweites Mal durchgeführt wurde. Foto: Tobias Gfeller

Es wird emsig diskutiert, genau hingeschaut, mit den Fingern getastet, daran gerochen und am Ende manchmal auch kräftig zugebissen. Im Frühling spriessen Wildpflanzen aus dem Boden, die so manche Mahlzeit veredeln oder gleich direkt eine Delikatesse sind. Man findet sie im Wald, auf Feldern und Wiesen und in Rabatten im Siedlungsgebiet. Der Verein für Natur- und Vogelschutz Reinach lud am Sonntag zum Rundgang und zur Degustation mit der Reinacherin Claudia Niederhauser ein, die sich seit Jahren intensiv mit geniessbaren Wildpflanzen beschäftigt.

Los ging es beim Chutzenäscht oberhalb der Kreuzung Binningerstrasse/Fleischbachstrasse. Zur Begrüssung servierte Claudia Niederhauser fermentierte Goldmelisse zum Trinken und Bärlauch-Teigschnecken und Brennnessel-Muffins zum Essen. Es mundete, auch wenn die Geschmäcker für gewisse gewöhnungsbedürftig sind. Das sei normal und sei bei den meisten Wildpflanzen so, erklärte Niederhauser später. Von den 380000 bis heute bekannten Pflanzen sind 0,05 Prozent essenziell für die Ernährung von uns Menschen. Dazu gebe es weitere Wildpflanzen, die als Köstlichkeit weniger bekannt und trotzdem geniessbar sind. Auch seien sie gesund, versicherte Claudia Niederhauser. «Sie liefern Vitamin C, Mineralien und Ballaststoffe.» Und sie sind exklusiv, weil sie nicht überall zu finden sind.

Achtung, Verwechslungsgefahr!

Claudia Niederhauser hatte viele Tipps auf Lager, ganz alles verraten – zum Beispiel reichhaltige Standorte – wollte sie verständlicherweise aber nicht. Mitgebracht hatte sie in den Tagen zuvor selber gesammelte Duftveilchen, Gänseblümchen, wilde Brombeeren, Giersch, Wegerich, Brennnesseln, Löwenzahn, Bachbunge und Vogelmiere. Zu allen hatte die begeisterte Wildpflanzensammlerin und Köchin etwas zu erzählen.

Auf einem Spaziergang wurde klar, dass das Sammeln von Wildpflanzen zum Essen seine Tücken hat. Gerade beim aktuell wieder auf den Waldböden wachsenden Bärlauch gibt es akute Verwechslungsgefahr mit dem giftigen Aronstab, der vor allem als Jungpflanze dem Bärlauch optisch ähnelt. Weil sie auch mal nebeneinander wachsen, ist Vorsicht geboten. «Bärlauch hat einen Stil, ist unter den Blättern matt, und wenn man ihn knickt, riecht er entsprechend», beschreibt Claudia Niederhauser.

Das Thema Wildpflanzen stiess auf grosses Interesse. Der Verein für Natur- und Vogelschutz Reinach erhielt für den ­Anlass über 40 Anmeldungen. «Damit haben wir nicht gerechnet», gibt Vizepräsidentin Ursula Winkler zu. Kurzfristig wurde am Sonntagnachmittag ein zweiter Rundgang durchgeführt.

Wertvolles Wissen über essbare Wildpflanzen ginge verloren, mahnt Winkler. «Für unsere Grossmütter und unsere Mütter war der Frühling während des Krieges ein wichtiger Energielieferant.» Dem Verein sei es ein Anliegen, das Bewusstsein für die Natur, die noch geblieben ist, zu stärken, betont Ursula Winkler.

Weniger Platz für die Natur, weniger Wildpflanzen

Bei gewissen Teilnehmenden war schon Vorwissen vorhanden, andere waren thematisch Neulinge. Die Frauen waren in der Gruppe in deutlicher Überzahl. Sie tauschten Ratschläge und Erfahrungen aus. «Ich koche selber gerne und inter­essiere mich für die Natur», erklärte ­Primarlehrerin Nathalie Meyer ihre Teilnahme. Charly Meyer sprach von einer «Augenfreude», wenn der Salat nicht nur Nahrung ist, sondern noch schöne Blüten drin hat. Heute sei die Suche nach geniessbaren Wildpflanzen schwieriger als früher, weil der Mensch der Natur viel Platz weggenommen hat, klagte Charly Meyer, der früher öfters Löwenzahn zum Kochen gesammelt hatte.

Nach dem Spaziergang und den neu gewonnenen Erkenntnissen ging es weiter mit Fachsimpeln und vor allem mit Geniessen. Zum Abschluss servierte Claudia Niederhauser unter anderem Bärlauchsuppe, gebackene Löwenzahnknospen, Paste vom Majoran, Rotkohlsalat mit Bachbunge und diverse Kräuter. Die Lust am Selberkochen war geweckt.

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