Pause von der Politik

Eine willkommene ­Ablenkung: Unternehmer aus der Region luden ­ukrainische Geflüchtete auf einen Ausflug durch die Region ein.

Organisatoren der Auszeit: (v.l.) Gerd Oser, Valeria Mashchenko und Adrian Billerbeck posieren vor dem Culinarium
Organisatoren der Auszeit: (v.l.) Gerd Oser, Valeria Mashchenko und Adrian Billerbeck posieren vor dem Culinarium

Es war ein aussergewöhnliches Aufeinandertreffen: Die Redwood Arlesheim, ein lokaler Ableger des Unternehmernetzwerks BNI, hatte ukrainische Flüchtlinge am vergangenen Samstag auf einen Trip durch die Region eingeladen. Rund 40 von ihnen – Frauen, Kinder und Jugendliche – fanden sich kurz nach acht Uhr morgens im Haus der Bürgergemeinde Reinach zum gemeinsamen und von der Gemeinde offerierten Frühstück ein. Obwohl man von Seite der Unternehmer darum bemüht war, dem Anlass einen lockeren, ja familiären Charakter zu verleihen, unterstrich die Anwesenheit von Gemeinderätin Béatrix von Sury (CVP) die politische Aussage des Unternehmens: die Solidarität mit ukrainischen Flüchtlingen in der Konfrontation mit Russland.

Hinter der Aktion standen die beiden Unternehmer Gerd Oser aus Hofstetten und Adrian Billerbeck aus Reinach. «Die Frauen und Kinder sollen einen Tag als Gäste und nicht als Flüchtlinge erleben», schildert Oser den Grundgedanken der Idee. Der Kontakt zwischen dem BNI und den Flüchtlingen kam über Valeria Mashchenko zustande. Sie war kurz nach ihrer Ankunft aus der Ukraine von der Reinacher Schule Bachmatten als Lehrerin ­angestellt worden, um Flüchtlingskinder nach ukrainischem Lehrplan zu unterrichten, damit diese weiterhin die Schule besuchen können. «Ich habe mit ihr telefoniert und gefragt, ob ihre Leute für einen Ausflug zu haben wären. Sie war sofort interessiert und bekam auf die Schnelle eine grosse Gruppe zusammen.»

Augusta Raurica und Mariastein

Die Lehrerin aus Kiew fungierte am Samstag, wenn das Englisch nicht ausreichte, denn auch als Übersetzerin zwischen Schweizern und Ukrainern. Für den Ausflug setzten sich die Unternehmer selbst hinters Steuer und chauffierten die Flüchtlinge in Firmenwagen unter anderem in die Römerstadt Augusta Raurica, nach Mariastein und zur Ruine Dorn­eck. Schlusspunkt des Ausflugs ­bildete ein gemeinsames Abendessen im Restaurant Culinarium in Arlesheim. «Wir haben das Programm so gestaltet, dass wir jederzeit auch abweichen können. Denn auch wir wussten nicht genau, was uns erwartet.»

Während des Tages waren Geflüchtete und Schweizer zu einer temporären ­Reisegruppe zusammengewachsen – die Gemeinschaft und das Erleben, nicht die Politik, sollten im Zentrum stehen. «Es war für uns ein sehr schöner Tag, weil wir Orte gezeigt bekommen haben, auf die wir sonst nicht gekommen wären. ­Die Kinder hatten eine gute Zeit», sagt Valeria Mashchenko vor dem Abend­essen in sichtlich gelöster Stimmung. Sie ist froh, sich mit anderen Menschen austauschen zu können. «Wir haben viel Fürsorge und Liebe gespürt.»

13 Kinder erhalten Unterricht auf Ukrainisch

Einige der Schülerinnen und Schüler, die Mashchenko unterrichtet, sind mit ihr im Bus aus der Ukraine geflohen. «In meiner Klasse sind es jetzt 13 Kinder. Ich unterrichte sie in Mathematik, ukrainischer Sprache und anderen Fächern.» Manchmal übernehmen aber auch Schweizer Lehrerinnen und Lehrer ihre Klasse. Zudem unterrichtet ihre Cousine, mit der sie aus der Ukraine geflüchtet ist, einige Lektionen in Reinach.

Auf die Frage, was sich für die Zukunft wünsche, sagt sie: «Wir hoffen natürlich, dass der Krieg bald zu Ende ist und unser Land wieder aufgebaut wird.» Sie glaubt sogar, dass ihr Land «nach dem Krieg vielleicht besser sein wird als zuvor» und dies auf andere Regionen ausstrahle. Auch eine Aussöhnung mit Russland werde wohl kommen: «Natürlich braucht es Zeit. Aber ich sehe es so, dass nicht alle Russen am Krieg schuldig sind, sondern nur jene, welche die Befehle geben und ausführen.»

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