Netzverkauf an der Urne
Die Zukunft des Kabel- netzes, ein rigoroses Sparprogramm sowie eine gesalzene Rechnung beschäftigten das Reinacher Parlament.
Der Einwohnerrat hatte am Montag beschlossen, das gemeindeeigene Kabel- und Glasfasernetz für 14,56 Mio. Franken an die Improware AG zu verkaufen. Die Sachkommission Bau, Umwelt, Mobilität (BUM) hatte in einem Bericht Vor- und Nachteile eines Verkaufs dargelegt, wobei die Vorteile überwogen. Argumentiert wurde etwa mit dem bei einem privaten Unternehmen vorhandenen Know-how für den Ausbau eines zeitgemässen Netzes. Im Vorfeld hatte der Gemeinderat bereits empfohlen, aufgrund der angespannten finanziellen Situation auf das Kaufangebot der Improware AG einzutreten. Der Beschluss untersteht dem obligatorischen Referendum, wie die zuständige Gemeinderätin Doris Vögeli (BDP) erklärte. Gegenüber dem «Wochenblatt» sagt sie: «Im September wird es eine Volksabstimmung geben. Falls der Verkauf abgesegnet wird, handelt die Gemeinde mit der neuen Besitzerin einen definitiven Vertrag aus. Einen Vorvertrag, der gewisse Zusicherungen erhält, gibt es bereits.» Im Verkaufsfall würde das Netz auf den 1. Januar 2023 in Besitz der Improware AG übergehen. «Mit Unterhalt, Betrieb und Ausbau des Netzes hätten wir als Gemeinde dann nichts mehr zu tun. Der Erlös, der nicht zweckgebunden ist, kommt dann direkt unserer Rechnung zugute.» Für die Kundinnen und Kunden ändert sich nichts, da die Improware AG das Netz bereits jetzt betreibt.
Mehr als 100 Sparpunkte
Wegen der angespannten finanziellen Situation hatte die Planungskommission PlaKo zusammen mit Gemeinderat und anderen Kommissionen einen Katalog mit mehr als 100 Sparmassnahmen zur Ergebnisverbesserung vorgelegt. Die Vorschläge betreffen Bereiche der Politik und sehen etwa eine Kürzung der Sitzungsgelder oder eine Reduktion der Anzahl Sitzungen vor. Auch eine Verkleinerung des Einwohnerrates auf 36 Sitze und des Gemeinderates auf 5 Sitze ab der nächsten Legislaturperiode wurde vorgeschlagen, wobei diese einer Volksabstimmung unterworfen sind. Zudem muss sich die Bevölkerung auf eine Erhöhung von Gebühren und auf eine Kürzung von Gemeindeleistungen einstellen. Auch Beiträge für Vereine oder für Kulturinstitutionen kommen unter den Sparhammer. Von linker Seite wurden die Kürzungen im Bereich Jugend und Soziales kritisiert: «Die Sparmassnahmen sind nötig, aber nicht bei den Schwächsten der Gesellschaft und nicht in der Jugendarbeit», so Einwohnerrat Claude Hodel (SP). Konkret erwähnte er etwa die Reduktion der Beiträge an den Verein Phari oder das Jugendcafé Paradiso. Der Gemeinderat wird nun eine Vorlage ausarbeiten, über die im Juni beraten wird.
«Asylheim-Affäre»
Gerade angesichts der für Reinach bisher einmaligen Sparmassnahmen sorgte ein Bericht der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission GRPK über die finanziellen Folgen der «Asylheim-Affäre» für betretenes Schweigen im Saal. Ganze 0,6 Mio. Franken kostete der Konflikt, der im Rücktritt des früheren Gemeindepräsidenten Urs Hintermann (SP) gipfelte, die Gemeinde. Einzig die SVP, die heute wie damals nicht im Gemeinderat vertreten war, trat am Montag erneut in die Rolle der Opposition, denn «diese gigantische Summe» sei durch «das Nicht-einsehen-Wollen von Fehlern durch die damals politischen Personen im Gemeinderat Reinach» zustande gekommen, so SVP-Einwohnerrat Adrian Billerbeck. Die SVP empfiehlt daher eine Prüfung des Asylbereichs durch die GRPK – «die Verbesserungsmechanismen sollen auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden.»