Misstöne um geplantes Dialysezentrum beim Surbaum

Das Universitätsspital Basel baut in Reinach ein Dialysezentrum. Dafür sei die Nachfrage gar nicht da, kritisiert das ­Kantonsspital Baselland.

Versorgung von Patienten aus der Gemeinde: Die neue Dialysestation in der Nähe der Tramhaltestelle Surbaum soll im Herbst in Betrieb genommen werden. Foto: Tobias Gfeller
Versorgung von Patienten aus der Gemeinde: Die neue Dialysestation in der Nähe der Tramhaltestelle Surbaum soll im Herbst in Betrieb genommen werden. Foto: Tobias Gfeller

Alles spricht in der Gesundheitsregion Basel von «Überkapazitäten». Diese seien mitverantwortlich für die steigenden Gesundheitskosten. Mit der Fusion des Universitätsspitals Basel und des Kantonsspitals Baselland (KSBL) sollten diese abgebaut werden. Doch das Basler Stimmvolk lehnte dies vor vier Jahren ab. Seitdem ist von Zusammenarbeit nicht mehr viel zu spüren. Das gegenseitige Unbehagen zwischen Unispital und Kantonsspital erreicht nun einen neuen Höhepunkt: Das Unispital baut in Reinach gleich bei der Tramhaltestelle Surbaum ein Dialysezentrum mit zwölf Plätzen. Dies berichtete letzte Woche die «Basler Zeitung».

Mit einer Dialyse wird das Blut gewaschen. Darauf angewiesen sind Personen mit Nierenerkrankungen, weil deren Nieren die Blutwäsche nicht mehr selber vornehmen können. Die Pläne des Unispitals sind aus zwei Gründen umstritten: Einerseits expandiert das Unispital auf Baselbieter Boden und konkurriert damit das KSBL als «Platzhirsch», das in Liestal und auf dem Bruderholz eigene Dialysezentren führt, andererseits ist umstritten, ob die Nachfrage nach zusätzlichen Dialyseplätzen überhaupt vorhanden ist. Das Unispital ist davon überzeugt. «Die Region Birseck-Leimental mit ihren rund 100000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist unterversorgt, was das Angebot von Hämodialyse angeht», schreibt Unispital-Sprecher Nicolas Drechsler auf Anfrage. Das Unispital wolle Patientinnen und Patienten mit Wohnort in der Gegend, die bis anhin ans Unispital gekommen seien, eine näher bei ihnen liegende Versorgung bieten.

Nur ein geringes Wachstum pro Jahr

Der Trend gehe aber in Richtung Abbau der Kapazitäten und in Richtung Heimdialyse, mahnt KSBL-Mediensprecherin Anita Kuoni. Mit den Dialysestationen des KSBL in Liestal und auf dem Bruderholz, jener des Unispitals am Hauptstandort und am Bethesda-Spital und der privaten Dialysestation in Münchenstein sei der Bedarf bestens deckt. Die insgesamt 33 Dialyseplätze des Kantonsspitals seien zu rund 70 Prozent ausgelastet. Über 20 Prozent der Dialysepatienten des KSBL führen die Blutwäsche mittlerweile zu Hause durch. «Wir haben keine Plätze abgebaut, fahren aber nicht alle Schichten, da wir das Personal für die Betreuung der Heimdialyse-­Patientinnen und -patienten einplanen», erklärt Anita Kuoni. Das Kantonsspital werde die Heimdialyse weiter fördern, da sie sowohl für die Patientinnen und Patienten Vorteile bringe und auch kostengünstiger sei. Der Anstieg an Dialysepatientinnen und -patienten sei mit rund 1,5 Prozent pro Jahr sehr klein, rechnet Anita Kuoni vor.

Verdrängungswettbewerb zulasten der Prämienzahler

Diese Zahl bestätigt auch Georg Meffert, ärztlicher Leiter des Dialysezentrums Nephro Care in Münchenstein. Wie beim KSBL werden auch beim privaten Anbieter längst nicht alle möglichen Kapazitäten ausgeschöpft. «Es besteht kaum ein steigender Bedarf an Dialyseplätzen im Birseck. Aufgrund der guten medizinischen Versorgung sind Dialyseinzidenz und Dialyseprävalenz sehr gering im nationalen und internationalen Vergleich.» Meffert prophezeit einen Verdrängungswettbewerb, finanziert durch öffentliche Gelder. «Ein privater Investor würde strategisch nie eine Dialyse in Sichtweite zwischen zwei bestehende Dialysen bauen.»

Unispital-Sprecher Nicolas Drechsler kann die Kritik nicht nachvollziehen. «Es gibt keine Überkapazitäten bei der Dialyse, es handelt sich ja hier nicht um eine elektive Behandlung.» Die Heimdialyse biete begrenzte Möglichkeiten, da sie gerade für ältere Menschen herausfordernd sei. Trotzdem erreiche auch das Unispital bei den Heimdialysen den Zielwert von 20 Prozent. Die Dialysestation am Unispital selber sei voll ausgelastet – auch mit Patientinnen und Patienten aus dem Birseck. Die neue Dialysestation in Reinach soll im kommenden Herbst in Betrieb gehen.

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