«Liebeserklärung an unsere Sprachen»

Die Komödie «Bon Schuur Ticino» eröffnet am ­Freitag die Reinacher Filmtage. Schauspieler und Stargast Beat Schlatter spricht vor seinem Besuch in Reinach über sein ­Französisch, über Ärger mit alten SBB-Zügen und über die Glaubwürdigkeit von Filmfiguren.

Händelt auch überraschende Momente: Beat Schlatter alias Walter Egli. Filmausschnitt: Spotlight

Herr Schlatter, in Ihrer Komödie «Bon Schuur Ticino» fordert die Initiative «No Bilingue» die Einführung einer einzigen Landessprache. Wie kamen Sie auf diese Filmidee?

Beat Schlatter: Unsere vier Landessprachen sind so etwas Heiliges. Aber es wäre natürlich alles viel einfacher und kostengünstiger, es zu vereinheitlichen. Für diesen Stoff lag eine Komödie auf der Hand. Dieser Film ist eigentlich eine Liebeserklärung an unsere Sprachen und an unsere unterschiedlichen Kulturen. Ich selbst kann kein Französisch und habe es nie richtig gelernt. Es ist wichtig, der Hauptfigur eines Films das Leben so schwer wie möglich zu machen. So kamen Peter Luisi und ich auf diese Idee. Wichtig ist, dass die Figuren glaubwürdig sind.

Im Film setzt sich bei der ­Abstimmung ausgerechnet Französisch durch. ­Warum?

Im Film beteiligen sich die Romands deutlich stärker an der Wahl, die Beteiligung der Deutschschweizer ist so tief wie kaum je. In der Realität überstimmen wir Deutschschweizer die Romands und die Tessiner bei Abstimmungen oft. Doch dieses Mal sollte es anders sein. Französisch lag auf der Hand, denn das Tessin wäre schlicht zu klein, um eine Abstimmung zu kippen.

Die Deutschschweiz nimmt das Abstimmungsresultat mehr oder weniger an. Das Tessin hingegen wehrt sich vehement gegen die Umsetzung der Einsprachigkeit. Weshalb gärt der Widerstand gerade im Südkanton?

Die Tessiner sind im Film die Guten; sie halten unsere Werte hoch. Das Tessin hat ja immer wieder einmal Abspaltungsgelüste – da passt es, dass der Widerstand hier stark ist. Ich persönlich habe auch eine enge Verbindung zum Tessin, es ist einer der schönsten Orte der Schweiz. Alle Szenen, die wir im Tessin gefilmt haben, sind daher auch etwas heller und wärmer. Das Tessin hat etwas Liebliches, das wollten wir darstellen. Übrigens: Als die Tessiner vom Inhalt des Films erfahren hatten, erhielten wir grosse Zustimmung und sogleich auch die Drehbewilligungen.

Der Titel «Bon Schuur Ticino» veräppelt die Deutschschweizer ja schon ein bisschen.

Ja, diese falsche Aussprache soll die Deutschschweiz symbolisieren. «Bon Schuur Ticino» haben wir gewählt, weil darin alle drei Landessprachen vorkommen: Die Deutschschweizer Aussprache eines französischen Wortes und das Tessin. In der Romandie heisst der Film «Ciao-Ciao Bourbine». «Bourbine» ist ein leicht aggressives, aber doch liebenswürdiges Schimpfwort für Deutschschweizer.

Warum spielt Rätoromanisch im Film keine grosse Rolle?

Wir haben daran gedacht, Rätoromanisch auch noch einzubauen. Aber es hätte den Film ausgebremst. Wir haben uns in diesem Fall für das Tempo des Films ­entschieden.

Einige Szenen spielen in den Originalstudios von SRF-Sendungen wie der «Arena» oder «Gredig direkt». Auch deren Moderatoren kommen vor. Weshalb haben Sie diese Formate eingebaut?

Oberste Priorität hat bei uns immer die Glaubwürdigkeit. Wenn tatsächlich so etwas Verrücktes wie diese Abstimmung bevorstünde, dann gäbe es hitzige Diskussionen im Fernsehen.

Dass wir die Originalschauplätze und Moderatoren wie Sandro Brotz oder Urs Gredig eingebunden haben, hilft, dass die Leute nicht den ganzen Film hinterfragen. Die SRF-Moderatoren hatten grosse Freude beim Drehen – Sandro Brotz hätte in echt sicher auch Freude an einer so hitzigen Debatte wie im Film.

Sahen Sie sich beim Dreh mit besonderen Herausforderungen konfrontiert?

Ja. Für die Schlussszene stellte zum Beispiel das Schweizer Militär kein Material bereit. Seit «Achtung, fertig, Charlie» zeigt sich die Armee sehr zurückhaltend. Auch die SBB machten lange nicht mit. Im Film wird der Gotthard von den Widerstandskämpfern gesprengt. Die SBB wollten nicht, dass die Passagiere an diese Sprengung denken, wenn sie durch den Tunnel fahren. Wir schafften es dann, eine Lok und zwei Wagen zu mieten. Regisseur Peter Luisi hatte diese im Vorfeld angeschaut. Im Zug gibt es eine Schlägerei, diese Szene wird von Stunt-Doubles geprobt. In den Proben rechneten wir mit einem neuen Zug der SBB. Aber dann kam die grosse Enttäuschung: Die SBB stellten uns sehr altes Rollmaterial zur Verfügung. Plötzlich stand ein anderer Zug da als geplant. Das war sehr frustrierend. Glücklicherweise merkt das Publikum davon nichts – die Leute haben Freude am alten «Nostalgiezügli».

Der Film gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Streifen aller Zeiten. Was braucht es, damit eine Komödie gut ankommt?

Normalerweise behandeln jene Filme, die erfolgreich sind, Themen, die die ganze Schweiz seit Jahren bewegen. Dann gehen auch Menschen ins Kino, die das sonst nicht tun. Wenn das Handwerk gut gemacht ist, ist man sich bei Dramen schnell einig, was gut ist und was nicht. Aber bei Komödien sind die Geschmäcker sehr verschieden. Warum es bei uns so gut funktioniert hat, kann ich mir eigentlich nicht erklären. Aber Peter Luisi hat im ganzen Prozess nie aufgegeben, auch trotz Rückschlägen nicht. Das hat sich ausgezahlt.

In welchem Landesteil kommt der Film besonders gut an?

In der Deutschschweiz ist der Film sehr beliebt. Wir haben auch damit gerechnet, dass der Film den Tessinern gefällt – sie sind schliesslich die Helden. Überraschend ist aber, dass er auch in der Romandie so gut funktioniert hat. Das hat es tatsächlich noch nie gegeben, dass ein Film in allen drei Landessprachen gut ankam.

Wie viel lachen Sie selbst am Set?

Ich bin mitverantwortlich für das Drehbuch: Beim Schreiben der Texte wird sehr viel gelacht. Bevor man zu drehen anfängt, finden die Proben im Theater statt, da wird auch wieder viel gelacht. Beim Dreh ist die Konzentration dann höher. Es herrscht eine gute Stimmung, aber über die Pointen lachen wir dann nicht mehr.

 

Programm

Freitag, 9. August: «Bon Schuur Ticino». Gast: Beat Schlatter

Samstag, 10. August: «Wochenendrebellen». Gast: Aylin Tezel

Freitag, 16. August: «The Color Purple». Gast: Phylicia Pearl Mpasi

Samstag, 17. August: «Wicked Little Letters». Einlass, Bar und Essen ab 18.30 Uhr

Filmbeginn jeweils 21.00 Uhr. filmtage-reinach.ch

 

Mitmachen und gewinnen

Das Wochenblatt verlost als Medienpartner exklusiv 3 × 2 Menüs plus Getränk für den Eröffnungsabend der Filmtage Reinach am 9. August. Mitmachen ist ganz leicht: Einfach ein E‑Mail mit dem Vermerk «Filmtage» senden an wettbewerb@wochenblatt.ch. Name und Telefonnummer nicht vergessen! Teilnahmeschluss ist Freitag, 9. August, 11 Uhr. Die Gewinner werden per E‑Mail benachrichtigt.

Viel Glück!

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