Hersteller von Medikamentenverpackungen unter Zugzwang
Wie werden Medikamentenverpackungen umweltfreundlich? Ein hochkarätiger Branchengipfel ging dieser Frage in Reinach auf die Spur.
Am Mittwoch vergangener Woche trafen sich in Reinach knapp 70 international führende Köpfe, Expertinnen und Experten aus der pharmazeutischen Industrie, um über die Zukunft von Medikamentenverpackungen zu diskutieren – mit dabei etwa Vertreter der Bayer AG oder Novartis. Organisatorin war das Schweizerische Verpackungsinstitut (SVI), Gastgeberin die in Reinach ansässige und auf Verpackungen pharmazeutischer Produkte spezialisierte Firma Allpack Group AG. Das in Reinach verwurzelte, 125 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter starke Unternehmen ist selbst Mitglied beim SVI. «Wir haben innerhalb der SVI den Lead im pharmazeutischen Bereich übernommen», sagt André Dicks, Leiter Marketing und Vertrieb der Allpack Group AG, gegenüber dem Wochenblatt.
Mit dem alljährlich stattfindenden Gipfel, der «Healthcare Packaging Experts Summit» heisst, will die Firma «der Region etwas zurückgeben», wie Dicks es ausdrückt. Deshalb lade man nicht nur Experten aus dem pharmazeutischen Verpackungswesen, sondern gleich die Pharmaindustrie selbst ein. Als Gastgeberin eines hochkarätigen Gipfels aufzutreten, verleihe der Reinacher Firma Anerkennung in der Branche.
Eine Verpackung, die sicher und nachhaltig ist?
Das grosse Thema des diesjährigen Gipfeltreffens: Nachhaltigkeit. Sogenannte Blister, schmale Tablettenverpackungen aus Plastik, mit einer Aluminiumfolie gesiegelt, stehen im Sinne von Ressourcenverschleiss immer mehr in der Kritik, da sie aktuell nicht recycelfähig sind. Die andere Seite der Medaille: Medikamentenverpackungen haben vielen Ansprüchen zu genügen – sie dürfen keine Feuchtigkeit und, je nach Medikament, auch keinen Sauerstoff und kein Licht durchlassen, müssen den Wirkstoff mitunter über mehrere Jahre stabil halten und kindersicher sein. Die EU hat deswegen von ihrer Verordnung, die ab 2030 ein Verbot von Einweg-Plastik vorsieht, Medikamentenverpackungen ausgenommen.
Trotzdem: Auch von der pharmazeutischen Industrie wird erwartet, dass sie sich zur Ressourcenschonung bekennt. André Dicks sagt dazu: «Es geht nicht nur darum, Abfall zu reduzieren, sondern etwa auch eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.» Dies sei im Bereich pharmazeutischer Verpackungen eine spezielle Herausforderung, weil die Sicherheit der Patienten an oberster Stelle stehe. Wiederum dürfe diese aber nicht als Vorwand dienen, im Bereich Nachhaltigkeit einfach nichts zu tun. Bisherige Verpackungen, etwa Mischformen aus Aluminium und durchsichtigem Kunststoff, können tatsächlich nicht in den Abfallkreislauf zurückgeführt werden. «Aktuell prüfen wir mit einem Pharmaunternehmen aus der Region die Verwendung von Monoblistern, die komplett auf einem Kunststoffpolymer aufgebaut sind und die in den Recycling-Kreislauf geführt werden können.»
Gegen Krebs oder Muskelschwäche
«Wir sind in einem hoch regulierten Bereich tätig», sagt André Dicks. Für ein mittelständisches Unternehmen wie die Allpack Group AG sei es eine Herausforderung, mitzuhalten, stets neue Vorgaben und Ansprüche zu erfüllen. Ein wichtiges Thema sei auch der Schutz vor Fälschungen: «Es gibt verschiedene Sicherheitsmerkmale, die man zum Schutz vor Fälschungen in Verpackungen integrieren kann.»
Aufgrund ihrer Grösse liegt der Fokus der Reinacher Firma auf Medikamenten, die «für eine kleine Patientengruppe einen grossen Nutzen bringt», so Dicks. Gemeint sind etwa Medikamente gegen Krebs oder Muskelschwäche. Mitte des laufenden Jahres ist übrigens aus der Allpack Group AG im Verbund mit dem Prattler Pharmaunternehmen Konopharma AG und der Basler Rhenochem die Rhenopharma Group entstanden. Dieser Verbund soll das Reinacher Unternehmen als Verpackungsdienstleister weiter stärken.