Die Sache mit dem Frosch
Das Wirtschaftsforum Birseck der FDP Reinach drehte sich ganz um den 15. Januar 2015, dem Tag, an dem der künstliche Wechselkurs zum Euro aufgegeben wurde.
Thomas Brunnschweiler
Die Preisgabe des Franken-Euro-Wechselkurses von 1 zu 1,20 sitzt Politikern, KMU-Inhabern, Industriellen und Gastronomen noch immer in den Knochen. Am Montag galt es in einer von rund 100 Gästen besuchten Rückschau, eine erste Bilanz zu ziehen. Die Referenten – der Unternehmer Klaus Endress, Carlos Lenz von der Schweizerischen Nationalbank und Rolf Weder, Professor an der Universität Basel – handelten das Thema auf einer anspruchsvollen Diskursebene ab. Gerda Massüger, die Präsidentin der FDP Reinach, nannte die Folgen des 15. Januar: sinkende Exportzahlen, Arbeitsplatzverlust, Einkaufstourismus in die Grenzregionen, weniger Touristen aus dem Euroraum. Melchior Buchs, Geschäftsführer des Business Parc Reinach, moderierte den Abend mit grossem Sachverstand.
Unternehmer mit Weitblick
Klaus Endress ging das Thema unaufgeregt und pragmatisch an. Die emotionale Seite sei eigentlich gravierender als die fundamentalen Daten, sagte er und demonstrierte, dass seine Firma schon früh auf Niederlassungen im Ausland gesetzt habe, um Währungs- und Zulieferungsrisiken zu mindern («natural hedge»). Das abrupte Wegfallen der Wechselkursbindung sei zwar ein «Stressor», aber durchaus auch im positiven Sinne: «Wenn man einen Frosch in kaltes Wasser wirft und dieses langsam erhitzt, so stirbt der Frosch. Wenn man ihn in heisses Wasser wirft, springt er sofort heraus», zitierte Endress eine bekannte Geschichte. Gerade irreversible Veränderungen seien für jedes Unternehmen auch eine Herausforderung.
Lehrstunde in Ökonomie
Carlos Lenz, Leiter Volkswirtschaft der Schweizerischen Nationalbank, erläuterte sachkundig und mit mehreren Diagrammen, warum man die Wechselkursbindung aufgeben musste. Der kontinuierliche Devisenzukauf sei nicht mehr nachhaltig gewesen. Heute versucht die SNB mit Negativzinsen und subtilen Eingriffen am Devisenmarkt stabile Rahmenbedingungen zu schaffen. Lenz rechnet mit einer Erholung der wirtschaftlichen Situation ab 2017. Auch Professor Rolf Weder zeigte sich verhalten optimistisch. Sein Plädoyer für ein flexibles Lohnniveau stiess bei den Zuhörern nicht nur auf offene Ohren. Er argumentierte bei diesem Punkt mit der negativen Inflation, der notwendigen Vermeidung von Arbeitslosigkeit und der Möglichkeit, den Arbeitsstress eher zu senken. Schliesslich gab er zu bedenken, dass die Entwicklung der Weltkonjunktur sich zwanzigmal stärker auf die Wirtschaft auswirke als die Wechselkurse. Nach einem Schlusspodium und der Fragestunde lud Endress+Partner zum Apéro riche.