Das wünschen sich die Reinacherinnen und Reinacher
Seit 2020 liegt auf der Gemeindeverwaltung zum Jahresbeginn das Wunschbuch auf. Die Hoffnungen gehen auseinander, der Ton wird rauer.
Im Windfang des Gemeindehauses steht ein Tisch mit weissem Tischtuch. Darauf liegt ein grosses, dickes Buch: Das Reinacher Wunschbuch. Traditionsgemäss wird es am Neujahrsapéro aufgelegt und bleibt danach bis Ende des Monats für die Einwohnerinnen und Einwohner Reinachs zugänglich. Die Idee ist, eine niederschwellige Möglichkeit zu bieten, damit die Bevölkerung Wünsche äussern kann. «Früher hatten wir Ballons, an die man die Wünsche dranhängen konnte. Diese liessen die Gäste dann in die Luft steigen», sagt Barbara Hauser, Leiterin Kommunikation der Gemeinde Reinach. Aus Gründen des Umweltschutzes wird seit dem Jahr 2020 darauf verzichtet. An die Stelle der Ballons tritt seither das Wunschbuch, das in diesem Jahr zum vierten Mal aufliegt (2020 und 2021 fand der Neujahrsapéro wegen Covid nicht statt). Seit diesem Jahr werden auch die Wünsche, die in der Adventszeit am Wunschbaum vor der Gemeindeverwaltung aufgehängt wurden, in das Buch übertragen. Die Lektüre des Wunschbuchs ist eine Reise durch die jüngere Vergangenheit der Stadt vor der Stadt. Und kann auch als ein – zwar nicht repräsentatives – Stimmungsbild der Gemeinde verstanden werden. Doch was steht denn genau auf diesen Seiten?
Hoffnungen, Wünsche, aber auch Kritik an der Gemeinde
«Es kommen querbeet verschiedene Themen vor», sagt Hauser. Gewisse Trends lassen sich dennoch ableiten. Die ersten Einträge drehten sich vor allem um den Neujahrsapéro: wie die Stimmung war und welche Hoffnungen die Reinacherinnen und Reinacher fürs neue Jahr hatten. Später fand auch Erwähnung, dass die Hecken regelmässiger zurückgeschnitten werden müssten.
Daneben wünschten sich aber auch zahlreiche Menschen Glück und Gesundheit für sich und ihre Liebsten. Auch utopische Wünsche oder Hoffnungen, wie beispielsweise der Weltfrieden, wurden niedergeschrieben.
Mittlerweile habe sich der Ton aber verschärft, wie Hauser beim Studium der Seiten festgestellt hat. Anstelle der Wünsche trat immer mehr auch Kritik. Die kürzeren Öffnungszeiten der Gemeinde werden bemängelt, mehr bezahlbarer Wohnraum gefordert. Und – offenbar immer wieder Gegenstand von Diskussionen in Reinach – die Auflösung des Bauinspektorats. Einige Wünsche betreffen auch Dinge, auf welche die Gemeinde keinen direkten Einfluss hat, wie beispielsweise den Fluglärm, fehlende Bars und Beizen oder die Bauruinen im Hinterkirch. In diesem Jahr bewegen vor allem das neue Parkierungsreglement und die Gebühren für die Grünabfuhr.
Es gibt aber durchaus Wünsche, die nachvollziehbar seien: Offenbar vermissten viele Reinacherinnen und Reinacher den Weihnachtsbaum auf dem Dorfplatz oder wünschten sich mehr Anlässe, um die Gemeinschaft zu pflegen. Die mehrheitlich anonymen Wünsche werden zusammengetragen und eine Auswahl dem Gemeinderat präsentiert. So sei es durchaus möglich, dass der eine oder andere Wunsch in die Tat umgesetzt wird.
Darum ist für Hauser klar, dass das Buch seine Berechtigung hat: «Es sind einige Dinge dabei, die man ernst nehmen und über die man sich Gedanken machen muss.» Wem also ein Wunsch unter den Nägeln brennt, der sollte sich noch diese Woche auf die Gemeinde begeben und diesen niederschreiben. Hauser betont aber: Wer ein konkretes Anliegen habe, solle sich besser direkt bei der Verwaltung melden. Das Wunschbuch sei kein Ort für Reklamationen. Dafür eigne sich der direkte Austausch besser, wo man miteinander diskutieren könne.