«Ich möchte Chancengleichheit für alle»
Seit einem halben Jahr ist die Reinacherin Elena Kasper Co-Präsidentin der JUSO Baselland. Sie will nicht ihre Person, sondern ihre Ideen im Mittelpunkt wissen.
Elena Kasper hat das Schulhaus Bachmatten II, bekannter als Lochacker, als Treffpunkt für das Gespräch ausgewählt. Hier ging sie in die Sekundarschule. «Eine schöne Zeit», wie sie rückblickend sagt. Sie war als Schülerin Mitglied eines Chors, spielte in ihrer Freizeit ein Instrument und kam grundsätzlich gut durch die Schulzeit. Was ihr als Kind und Jugendliche als selbstverständlich vorkam, wurde ihr erst in den letzten Jahren bewusst: Dass all dies überhaupt nicht selbstverständlich war. Mit deutschsprachigen Eltern, beide studiert und mit genügend Geld, um der jungen Elena auch Hobbys finanzieren zu können, sei sie privilegiert gewesen.
Doch längst nicht alle Kinder würden mit derart guten Voraussetzungen in die Schullaufbahn starten. «Ich hatte Glück, das andere nicht haben.» Elena Kasper will aber nicht, dass es vom Glück abhängt, welche Chancen jemand hat. «Ich möchte Chancengleichheit für alle. Die Schule ist einer dieser Orte, wo Ungleichheiten ausgeglichen werden. Das muss weiter gestärkt werden.»
Seit August 2021 ist die Reinacherin Co-Präsidentin der Jungsozialisten Baselland, der Jungpartei der SP. In ihrem Amt musste sie sogleich von null auf hundert loslegen, da kurz nach Amtsantritt die Abstimmung über die 99-Prozent-Initiative der JUSO Schweiz anstand. Seitdem sei es ruhiger geworden und die 21-Jährige konnte sich vermehrt auch innerparteilichen Angelegenheiten widmen.
Politisiert am Küchentisch
Für das kommenden Halbjahr stellt sie mit ihren Vorstandskolleginnen und -kollegen eine Themenprojektphase über Migration und Rassismus auf die Beine. «Seit 2020, als die Black-Lives-Matter-Bewegung aufkam, hat es keine konkreten Veränderungen gegeben. Immer, wenn ein Thema eine Minderheit betrifft, verschwindet es schnell wieder aus der Öffentlichkeit. Wir in der JUSO wollen uns selber noch stärker mit den Themen Migration und Rassismus beschäftigen», erklärt Elena Kasper. Spricht die Reinacherin über ihre politischen Anliegen, ist sie kaum zu stoppen. Schon früh seien ihr gesellschaftliche und wirtschaftliche Gerechtigkeit wichtig gewesen. Politisiert wurde sie klassisch auch am Küchentisch, weil zu Hause oft über Politik gesprochen wurde. «Mir wurde früh bewusst, dass Politik wichtig ist, um Dinge zu beeinflussen.» Aktiv in die Politik eingetreten ist sie 2019 im Rahmen des Frauenstreiks. Damals lief sie zum ersten Mal an der Seite der JUSO an einer Demonstration mit. «Ja, der Feminismus hat mich politisch aktiviert», sagt Elena Kasper rückblickend.
Laut sein, um etwas zu erreichen
Demonstrationen und Aktionen – Kasper möchte ihre Anliegen auch auf die Strasse bringen. Das treibt sie politisch an. Die Studentin der Soziologie und osteuropäischen Kulturen möchte aber nicht sich als Person in den Mittelpunkt rücken, sondern ihre Ideen und Themen. «Ich versuche so gut wie möglich eine Stimme für jene Menschen zu sein, die sonst keine Stimme haben.» Dass sie als Co-Präsidentin der JUSO auch mal laut auftritt, gehöre dazu. «Ich möchte die Plattform nutzen, um nicht gemütlich zu sein.» Dazu gehören auch noch utopische und grosse Forderungen. Für Elena Kasper ist klar: Wer nur Minimalforderungen stellt und dafür noch «bitte» sagt, erreicht wenig oder gar nichts. «Wer viel fordert, bekommt eher etwas», lautet ihre Devise. Dass sie und ihre Partei damit auch anecken und Positionen bespielen, die in der Mehrheit der Bevölkerung für Kopfschütteln sorgen, gehöre mit dazu.
Themen und Diskussionen anstossen, das gelingt der JUSO wie keiner anderen Jungpartei im Kanton Baselland und in der ganzen Schweiz. Im bürgerlich geprägten Kanton Baselland sei das Politisieren als JUSO aber «zäh», gibt die Reinacherin zu. Sie glaubt jedoch fest daran, dass sie als Jungpartei im Baselbiet etwas bewegen können. «Wir wollen Ideen aufzeigen, wie eine alternative Gesellschaft aussehen könnte.»
Elena Kasper will das System verändern, «damit alle Menschen ein gutes Leben haben können» – wie sie es als Kind und Jugendliche in Reinach hatte. Wenn sie dafür laut sein muss, wird sie das auch sein.