Mehr Wilde Nachbarn als gedacht
Dachs und Fuchs mitten in Basel: Projekt zur Tierbeobachtung war im Startjahr erfolgreicher als erhofft.
Die «Big 5» – in den beiden Basel sind dies nicht Löwe, Leopard, Rhinozeros, Elefant und Afrikanischer Büffel wie etwa auf Safari in Tansania. In unseren Breitengraden definierten die beiden Basel Reh, Fuchs, Dachs, Feldhase und Biber als solche. Und sie riefen im vergangenen Jahr die Bevölkerung dazu auf, Tierbeobachtungen der «Big 5» zu melden.
Mit diesem Wortspiel wollten die Kantone Basel-Stadt und Baselland eine klare Botschaft vermitteln. «Auch bei uns vor der Haustür lassen sich Tiere beobachten, dafür muss man nicht ins Flugzeug steigen», sagt Natascha Stauffer vom Zentrum Ebenrain, Abteilung Natur und Landschaft. Viele Menschen kamen dem Aufruf nach und begaben sich auf die Suche nach wilden Tieren. Über die Onlineplattform des Bürgerforschungsprojekts «Wilde Nachbarn beider Basel» konnte die Bevölkerung die gesichteten Tiere melden und Fotos hochladen. Diese wurden von Wildtierbiologinnen überprüft und daraufhin erfasst. Alle kontrollierten Daten werden in eine nationale Datenbank eingespeist. Dort sind sie den Behörden der ganzen Schweiz verfügbar, woraus sich beispielsweise Naturschutzmassnahmen ableiten lassen.
Oft gesichtet: Der schlaue Fuchs
Bereits seit 2013 führte der Verein Stadt Natur in anderen Schweizer Städten Wildtierbeobachtungen durch. Mit dem neu lancierten Projekt erhalten diese neuen Schub. «Wir waren positiv überrascht, wie viele Menschen sich beteiligten», sagt Stauffer. «Viele waren beeindruckt, was sich vor der Haustür alles abspielt.» Über das Projekt konnte die Bevölkerung auch kostenlos Wildtierkameras ausleihen.
Von den insgesamt 466 gemeldeten Tieren waren 91 aus Basel-Stadt. Immer wieder geriet der Fuchs in die Fotofalle. Mit 130 neuen Meldungen war er die mit Abstand am häufigsten beobachtete Tierart. Auch bei Stauffer zu Hause in Binningen kam der Fuchs vorbei. «Ich wäre nicht davon ausgegangen, dass er durch unseren Garten spaziert», sagt Stauffer.
Die Expertinnen sind weniger überrascht, dass die Wildtiere häufig auch im urbanen Gebiet beobachtet wurden. Füchse seien, um zu überleben, nicht auf den Wald angewiesen und könnten in einem Park oder auf einem mit Büschen begrünten Dach einer Tiefgarage leben, wie Beobachtungen in Zürich gezeigt hätten, so Stauffer. Die Daten können aber auch zu Falschinterpretationen verleiten: Aufgrund der Fundmeldungen könnte man meinen, der Dachs sei vor allem im Kanton Basel-Stadt und auf dem Bruderholz verbreitet. Dies hängt jedoch vielmehr damit zusammen, dass er im Siedlungsgebiet einfacher zu beobachten ist als in der offenen Landschaft. Dieser Effekt verstärkt sich vor allem bei nachtaktiven Tieren.
Die Fotoeingabe auf der Onlineplattform diente in erster Linie als Nachweis. Um die Leute jedoch dazu zu animieren, riefen die beiden Basel einen Fotowettbewerb aus. Knapp 300 Fotos und Filme gingen ein. Eine Jury kürte für jedes der «Big 5»-Tiere die beste Aufnahme.
Ab 2024 dem Igel auf der Spur
Im neuen Jahr legen die beiden Basel mit ihrem Projekt «Wilde Nachbarn» den Schwerpunkt auf den Igel. Mit Spurentunnels wird in ausgewählten Gebieten der beiden Kantone systematisch pro Quadratmeter untersucht, wie es um den Igel steht. «Wir können so beobachten, wie viele Igel pro Nacht durch einen präparierten Tunnel laufen», erklärt Stauffer. Daten aus anderen Gemeinden und Kantonen haben gezeigt, dass die Igel-Populationen in den letzten Jahren stark zurückgingen. Um neue Erkenntnisse für die beiden Basel zu gewinnen, wird wiederum die Bevölkerung gefragt sein, wie Stauffer sagt: «Die Idee ist, dass Freiwillige in ihrer Gemeinde einen Spurentunnel betreuen.»
Da Igel laut Stauffer als Sympathieträger bei der Bevölkerung beliebt sind, hofft sie auf ein grosses Echo. Zusätzlich wird Pro Natura Baselland Kurse anbieten, wie Privatpersonen im eigenen Garten Strukturen anlegen können, um Igel zu fördern. Die beiden Basel wollen sich vertieft mit dem stachligen Tier auseinandersetzen, so Stauffer. Auch noch 2025 wird der Igel mit Exkursionen und Schulprojekten im Fokus stehen.