«Ich liebe es, Farben zu kombinieren»
Patrizia Stalder aus Hochwald ist Grafik-Designerin und Illustratorin. Dieses Jahr durfte die Baslerin ihre erste Laterne malen.
Sie war eine der Laternen, die am diesjährigen Cortège besonders ins Auge stachen: die Totentanz-Laterne der Basler Clique «Die Abverheyte». Minu beschrieb das Motiv als «gespenstisch schön». Fast wie bei einem Scherenschnitt formten Ballerinen die Umrisse eines Totenkopfs. Die Künstlerin hinter dem schaurigen Werk? Patrizia Stalder. Die 42‑jährige Illustratorin und Grafik-Designerin wohnt in Hochwald und durfte zum ersten Mal eine Laterne für die Basler Fasnacht gestalten. «Es war eine grosse Ehre für mich, das machen zu dürfen», sagt Stalder im Gespräch. Seit fast zehn Jahren arbeitet die Baslerin selbstständige als Grafik-Designerin und Illustratorin. Unter ihren Kunden sind bekannte Institutionen wie das Montreux Jazz Festival, Stadtkonzept Basel oder Ricola. Das Engagement an der Basel Fasnacht war aber auch für Stalder Neuland.
Geboren in Basel, verbrachte sie ihre Kindheit zusammen mit ihren vier Geschwistern in Liestal. Als Tochter eines Organisten wuchs Stalder in einer musikalischen Familie auf. «Meine Eltern waren wahnsinnig kreative Menschen», sagt Stalder. Das wollten sie weitergeben. Jedes der Kinder musste ein Instrument lernen. Statt am Abend vor dem Fernseher zu sitzen, wurde musiziert. Die Klavierstunden waren für Patrizia Stalder aber vielmehr Pflicht als Vergnügen. Ihre Leidenschaft wurde etwas anderes: das Zeichnen.
«Meine älteste Schwester hat viel gezeichnet», erklärt Stalder. Ihre Familie habe eines Tages eine Kunstausstellung für die Zeichnungen ihrer Schwester abgehalten – für Freunde und Verwandte. Da wurde Stalder klar: «Ich will das auch machen.» Von diesem Tag an hätten ihre Zwillingsschwester und sie gezeichnet wie die Wilden, erinnert sich Stalder zurück. Besonders angetan war sie von Pflanzen- und Tiermotiven, aber auch von Prinzessinnen. Heute malt Stalder kaum noch Prinzessinnen, und wenn, dann mit ihrer Tochter. Die Faszination für tierische und pflanzliche Motive ist aber geblieben.
Zahlreiche Jobs nach dem Studium
Als Teenager war Stalder bereits klar, dass sie auch beruflich zeichnen möchte. Auch hier ebnete die ältere Schwester ihr den Weg, da sie bereits die Kunstgewerbeschule besuchte. Stalder fertigte zu dieser Zeit eigene Comics an. Am Gymnasium in Liestal wählte sie als Schwerpunkt Zeichnen und Musik und liess sich danach zur Zeichnungslehrerin ausbilden. Nach abgeschlossenem Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel arbeitete Stalder während zwei Jahren als Lehrerin. Diese Arbeit erfüllte die heute 42‑Jährige aber nicht. «Die Herausforderung, selber kreativ zu sein, hat mir gefehlt», sagt Stalder rückblickend. Daneben war sie auch noch Erwachsenenbildnerin in einem Arbeitslosenprogramm der Stiftung für Arbeitsgestaltung und leitete in Basel einen Zeichenlehrgang für Erwachsene. Dank einer Kollegin landete sie schliesslich als Praktikantin in einer Basler Werbeagentur. Dort konnte sie sich kreativ ausleben, fertigte Fotomontagen und durfte Ideen für Kampagnen und deren Umsetzung einbringen. Stalder fühlte sich wohl und erhielt eine Festanstellung. Dort knüpfte sie erste Kontakte zu Personen, mit denen sie noch heute zusammenarbeitet.
Digitalisierung hält auch in der Kunst Einzug
2014 beschloss Stalder, sich selbstständig zu machen. Gleichzeitig reiste sie für einen Monat nach Los Angeles. Wie schon ihr Auslandssemester während der Kunstschule, das sie in Kuba absolvierte, prägte diese Reise Stalder nachhaltig. Die Porträt-Serie, die sie in Kalifornien anfertigte, ist heute der erste Eintrag auf ihrer Website. «Das war für mich eine megawichtige Zeit», sagt Stalder. Ihre Werke stellte sie vor Ort aus und erkannte, dass ihre Kunst Zuspruch erntete. Mit dem dabei gewonnen Selbstvertrauen kam sie zurück in die Schweiz und startete als selbstständige Illustratorin durch. Fast zehn Jahre später kann sie auf unzählige Aufträge zurückblicken. Von Logodesigns über Plakatkampagnen bis Wandmalereien ist alles dabei. «Ich liebe es, Farben zu kombinieren», sagt Stalder. Die Farbigkeit ist ein Motiv, das sich durch ihre Arbeiten zieht. Auch die Lebensfreude, die sie sich seit ihrer Kindheit erhalten habe, ist in ihrer Kunst klar erkennbar.
Den Grossteil ihrer Aufträge erhielt sie in der Region. Das liegt daran, dass sie als Mutter einer neunjährigen Tochter nur selten verreisen kann. Obwohl sie sich in Basel in einem Kunstatelier eingemietet hat, arbeitet Stalder oft im Homeoffice, wo so meistens am Tablet zeichnet. Auch vor der Kunst macht die Digitalisierung nicht halt.
Wegen der Familie landete Stalder in Hochwald
Den Entschluss, nach Hochwald zu ziehen, traf sie zusammen mit ihrem Partner. Dessen Mutter lebt in Hobel, und hier haben sie im gemeinsamen Haus auch genug Platz, wenn die beiden Kinder ihres Partners vorbeikommen. Stalder geniesst die Natur und die Ruhe in Hochwald – auch wenn sie mit ihrem Hund spazieren geht. Dabei hat sie auch Zeit, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Sie stelle sich jeweils die Frage, wo sie in fünf Jahren stehen möchte. «Ich will mehr freie Kunst machen», sagt Stalder. Neben den Aufträgen und der Familie bleibe ihr kaum noch Zeit, sich selbst zu verwirklichen. Das soll sich künftig ändern: «Ich will wieder meine eigene künstlerische Sprache finden.»
Trotzdem nehme sie weiter Aufträge an, vor allem Wandmalereien hätten es der 42‑Jährigen angetan. Doch auch andere Projekte nimmt sie gerne an, sie liebe Abwechslung. Am schönsten seien die Projekte, wo sie freie Hand bei der Umsetzung habe. Wie bei der Totentanz-Laterne am Cortège.