Küngelizucht: Hobby oder Tierquälerei?
Am Wochenende fand in Dornach eine Kaninchenschau statt. Tierschützer kritisieren die Ausstellung. Der Verband der Kaninchenzüchter widerspricht.

Am vergangenen Wochenende lud der Kaninchenzüchter-Verband beider Basel zu einer Ausstellung im Dornacher Treff.12. Die Idee neben den Prämierungen: den Menschen die Zucht der flauschigen Nagetiere näherzubringen. Doch tags darauf hagelt es von Tierschützern Kritik: Die Tiere hätten zu wenig Rückzugsmöglichkeiten, würden grob angefasst und in monotonen Boxen gehalten. Ein Mitglied der Tierschutzgruppe «Animal Save Basel» hat die Ausstellung mit Fotos und Videos dokumentiert. In einer Aufnahme ist ein Kaninchen zu sehen, das mehrfach vom Tisch springen will, aber daran gehindert wird. «Das grobe Schütteln, der wiederholt feste Griff in den Nacken und das ständige Drapieren durch den Züchter sind für das Tier eine Belastung, die man durchaus als Tierquälerei verorten kann», sagt Olivier Bieli, Gründer von Basel Animal Save. Das Packen im Nacken bereite den Kaninchen grossen Stress.
Auch das Zurschaustellen der Tiere, damit sie eine bestimmte Haltung einnehmen, kritisiert Bieli. «Die Züchterinteressen stehen hier im Vordergrund, das hat mit Tierliebe nichts zu tun», sagt Bieli. Auch die Einzelhaltung der Kaninchen in Gitterkäfigen sehen die Tierschützer kritisch. «Wir haben stereotypes Verhalten beobachtet, weil die Tiere sich langweilen und seelisch verkümmern.» Die Kaninchen hätten zu wenig Rückzugs- und kaum Beschäftigungsmöglichkeiten.
«Wir machen nichts, was nicht erlaubt ist»
Gerhard Hürlimann, Präsident des Kaninchenzüchter-Verbands beider Basel, kann die Kritik nicht nachvollziehen. Seit 1984 züchtet der Dugginger Kaninchen. «Die Kritik an unserem Hobby kommt seit Jahren immer häufiger.» Die Kaninchenzucht brauche spezifisches Fachwissen, damit die Arten und Rassen erhalten werden. «Ich empfinde das als unangemessen und nicht akzeptabel, dass man sich vorher nicht informiert und selber gar keine Erfahrung hat», sagt er auf Anfrage. Der Verband habe eine Bewilligung vom Veterinäramt und habe die Tierschutzverordnung eingehalten. «Wir machen nichts, was nicht erlaubt ist.» Zur Kritik am Vorführen der Kaninchen entgegnet Hürlimann, die Tiere seien das Anfassen gewohnt. «Wenn sich ein Tier nicht wohlfühlt, wehrt es sich.» Die Tiere seien seit Jahrhunderten in menschlicher Obhut und würden durch die Züchter sorgfältig auf die Ausstellung vorbereitet.
Auch die Einzelhaltung der Tiere sei nötig. «Diese Leute haben eine falsche Vorstellung. Sie meinen, sie können Hunderte Kaninchen in einen Käfig sperren.» Das sei nicht möglich, weil diese sonst aufeinander losgingen. Ausserdem würde die Population explodieren.
Jedes Tier habe zudem ein Nageobjekt im Gehege, und drei Wände des Gitterkäfigs seien abgedeckt, damit sich die Tiere zurückziehen können.
Ob die Tiere zu Hause beim Züchter mehr Platz haben? Hürlimann sagt, das hänge vom Züchter ab. In jedem Fall würden die Tiere vorschriftsgemäss gehalten. Ausserdem sei entscheidend, ob man eine Liegenschaft mit genügend Platz finde. «Denn die Toleranz der Menschen nimmt grundsätzlich ab.» Vordergründig züchten er und seine Vereinskollegen die Tiere für Ausstellungen und für die Fleischproduktion. Das Kaninchen sei für ihn ein Nutztier, seine Tiere schlachtet er selbst.
Der Aufwand des Züchtens sei gross, es brauche viel Leidenschaft, sagt Hürlimann. «Wir beschäftigen uns jeden Tag mit den Tieren und schauen, ob ihnen etwas fehlt oder sie gar krank sind. Die Tierschützer sollten sich informieren darüber, was möglich ist und was nicht.» Aber in fünf bis sechs Jahren werden sie ihr Ziel erreicht haben, dann wird es kaum mehr Züchter geben. Denn der Verband leide an Überalterung. Vor zehn Jahren hatte er über 1000 Mitglieder, heute sind es noch 162.
Hürlimann bedauert dies, denn das Hobby sei etwas für die ganze Familie. Die Kinder lernten schon früh den «Zyklus des Werdens und Vergehens» kennen, so Hürlimann weiter. Die Ausstellungen führe der Verein auch durch, um auf das Hobby aufmerksam zu machen.
«Die Tiere leiden stumm»
Tierschützer Bieli stört sich daran. «Kaninchen sind keine Tiere für das Kinderzimmer, weil sie sehr ängstlich sind und sich nicht gerne anfassen lassen. Sie sollten auch nicht hochgehoben werden.»
Auf seinem Gnadenhof hält der Tierschützer auch gerettete Kaninchen in der Gruppe. Damit es keine Streitereien und unkontrollierten Nachwuchs gibt, werden die Männchen kastriert. «Und natürlich braucht es genug Platz, Beschäftigungsmöglichkeiten und bestenfalls ein Röhrensystem unter dem Boden. Kaninchen sind sehr anspruchsvoll. Man braucht viel Wissen, um sie artgerecht zu halten», so Bieli weiter. Die Kaninchen im kleinen Stall zu halten, verursache Tierleid. «Die Tiere leiden stumm.»
An der Ausstellung habe sich ein Gespräch mit den Züchtern nicht ergeben, sagt Bieli, da die Dokumentation priorisiert worden sei. Vielleicht ergebe sich dieses aber noch. Auf ein solches Gespräch will sich Hürlimann nicht einlassen: «Wir haben einen schweizweiten Dachverband, mit diesem können die Tierschützer sprechen.»