«Ins Teufels Namen»: Strafprozessakten aus über 300 Jahren gibt es jetzt online

Das Archiv des ehema­ligen Fürstbistums Basel macht Strafakten und Hexenprozesse online einsehbar. Darunter finden sich viele Fälle aus der Region.

Arbeiten täglich mit den Dokumenten: Konservator Jean-Claude Rebetez (l.) und Archivar Damien Bregnard.
 Foto: Fabia Maieroni

Arbeiten täglich mit den Dokumenten: Konservator Jean-Claude Rebetez (l.) und Archivar Damien Bregnard. Foto: Fabia Maieroni

Drakonische Strafe: Wer der Hexerei bezichtigt wurde, dem drohte der Scheiterhaufen. 
Hier eine Zeichnung aus Lausanne von 1573. Foto: zvg

Drakonische Strafe: Wer der Hexerei bezichtigt wurde, dem drohte der Scheiterhaufen. Hier eine Zeichnung aus Lausanne von 1573. Foto: zvg

1577 werden die Schwestern Dorothe und Agnes Bartin aus Reinach sowie Jacob Suris aus Muttenz angeklagt. Die drei hätten gemeinsame Sache mit dem Teufel gemacht. Auf 19 Seiten wird geschildert, was ihnen zur Last gelegt wird: Hagel hätten sie heraufbeschworen, eine Kuh mit einem Stock getötet, Pferde mit Salben umgebracht und einen Besen «ins Teufels Namen» so verzaubert, dass er fliegen könne. Das Rezept dazu ist ebenfalls im Text zu finden: Die Salbe habe aus «schlangen und Wolffkrut, vnd Bibenellen» bestanden. Dann hätten sie ein «andern kuetten und ancken drunder gemischt, vnd demnach den besen vnd Gablen mit bestrichen». Die Salbe befinde sich noch im Haus.

Unter Folter gestehen die drei Angeklagten die vermeintlichen Taten. Sie werden am 11. September 1577 in Arlesheim wegen Hexerei verbrannt.

Laufnerin gesteht nicht – trotz Folter

Um Geständnisse aus den Menschen zu kriegen, bedienten sich die Strafverfolger meist der Folter. Diese bestand darin, die Angeklagte an den auf dem Rücken gefesselten Händen aufzuhängen. Manchmal wurden zusätzlich Gewichte an den Füssen befestigt. Geständnisse, die unter Folter entstanden, mussten zum Abschluss eines Strafverfahrens noch einmal «frei», also ohne Folter, vor sieben Zeugen wiederholt werden.

Doch nicht immer war die Folter erfolgreich: Eine, die sich auch unter Schmerzen nicht beugte, war etwa ­Berbelin Ritzin aus Laufen. Sie war 1491 wegen Hexerei angeklagt worden – und gab kein Geständnis ab. Die Beamten des Fürstbischofs liessen sie daraufhin frei. Doch die Gepeinigte musste einen Schwur ablegen, in dem sie sich verpflichtete, verschiedene Abmachungen einzuhalten. Vor allem aber musste sie versprechen, nicht Rache an den Behörden oder ihren Anklägern zu nehmen.

Hexenverfolgungen waren im Fürstbistum weit verbreitet – und das noch bis ins 18. Jahrhundert: Im katholischen Norden des Gebiets wurde 1670 die letzte Person auf dem Scheiterhaufen verbrannt, im reformierten Süden im Jahr 1710. Das ehemalige Fürstbistum Basel erstreckte sich über Teile der Kantone Basel-Landschaft, Jura, Bern und – bis zur Reformation Anfang des 16. Jahrhunderts – bis Basel. Auch Teile des heutigen Süddeutschlands gehörten dazu.

Akten werden transkribiert und sind so auch für Laien lesbar

Die beiden Fälle aus Reinach und Laufen sind zwei Beispiele aus einer Fülle von Akten, die das Archiv des ehemaligen Fürstbistums Basel (Archives de l’ancien Évêché de Bâle, kurz AAEB) nun online zugänglich macht.

Seit 2022 arbeitet das AAEB an der Digitalisierung von Hexenverfolgungs- und Strafprozessakten. Sie stammen aus 300 Jahren Geschichte: Vom 15. Jahrhundert bis zum Jahr 1797, als das Fürstbistum aufgelöst wurde.

Das Archiv, in dem die Originaldokumente aufbewahrt werden, befindet sich im Hôtel de Gléresse in Porrentruy. Die Bestände umfassen 25 Laufmeter. Diese werden im Projekt «Verbrechen und Strafe» sukzessive auf der Plattform «Transkribus» hochgeladen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz werden die teilweise schwer lesbaren Texte zudem transkribiert. Damit sparen sich Historiker sowie interessierte Laien sowohl den Weg nach Porrentruy als auch das mühsame Entziffern der alten Kurrentschrift.

Weil das Programm aber – vor allem bei französischen Texten – noch fehleranfällig ist, werden sämtliche Transkripte von den beiden Archivaren des AAEB Korrektur gelesen. «Für ein Dokument brauchen wir so rund 15  bis 20 Minuten. Müssten wir es selbst transkribieren, würde das – je nach Länge – mehrere Stunden dauern», sagt Konservator Jean-Claude Rebetez. Neben ihm arbeiten der Archivar Damien Bregnard sowie ein Praktikant am Digitalisierungsprojekt. Ab 2025 sollen zudem Forschende zu den Transkriptionen beitragen können.

Der Korpus an Hexenprozessen ist mit rund 5000 Seiten einer der grössten online verfügbaren. Ein Viertel davon ist bereits transkribiert und kann eingesehen werden. Das AAEB hat ausserdem eine Gedenktafel mit Opfern der Hexenverfolgung – Verurteilte oder Verdächtigte – veröffentlicht. Rund 1000 Namen stehen auf dieser Liste, die ständig erweitert wird. Ein kleines Lexikon erklärt überdies historische Begriffe. 2026 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Informationen gibt es unter aaeb.ch

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