«Wir sind keine Abstinenzler»

Das Blaue Kreuz hat in Münchenstein einen neuen Standort für die Beratungsstelle für ­Menschen mit Suchterkrankungen bezogen.

Kostenlos und niederschwellig: Suchtberater David Schildhorn berät eine Klientin in der Fachstelle Münchenstein. Foto: Caspar Reimer
Kostenlos und niederschwellig: Suchtberater David Schildhorn berät eine Klientin in der Fachstelle Münchenstein. Foto: Caspar Reimer

Die Stiftung Blaues Kreuz / MUSUB beider Basel hat neben den Fachstellen in Basel und Liestal seit 28 Jahren auch ­einen Standort in Münchenstein. Da die Multikulturelle Suchtberatungsstelle aufgrund der grossen Nachfrage ausgebaut werden soll, mussten neue Räumlichkeiten her. Mitte Juni wurde dazu der neue Standort an der Emil Frey-Strasse in Münchenstein eröffnet. Menschen, die an einer Suchterkrankung leiden, und ihre Angehörigen finden hier Unterstützung und Hilfe.

«Wir sind keine Abstinenzlerbewegung, sondern eine Fachberatungsstelle», betont Jacqueline Eberhardt der Stiftung Blaues Kreuz / MUSUB beider Basel. Ihr Einwand kommt nicht von ungefähr, denn im 19. Jahrhundert wurde das Blaue Kreuz unter dem Leitwort «Evangelium und Abstinenz – Mit Jesus und ohne Alkohol» gegründet, weshalb der Organisation teilweise noch immer dieser Nimbus anhaftet. Damit habe die heutige Stiftung aber nichts mehr zu tun: «Wir beraten Menschen, die ihre Trinkgewohnheiten in den Griff bekommen wollen, und bieten Angehörigen Hilfe. Es geht nicht darum, den Alkohol zu verbieten.» Natürlich könne es sein, dass für eine Person, die an einer schweren Alkoholsucht leidet, der einzige Ausweg über die Abstinenz führe, dies sei aber nicht die Regel.

Medikamenten- und Mediensucht

Zwar stehe der Alkohol nach wie vor für die Suchtmittelerkrankung Nummer eins, doch berät die Fachstelle auch bei einer Vielzahl anderer Probleme: «Die Nachfrage an Beratungen für Personen mit Suchterkrankungen ist im unteren Baselbiet stark angestiegen, weshalb wir den neuen Standort eröffnet haben», sagt Eberhardt. Vermehrt hinzugekommen sei – ähnlich wie in den USA – die Abhängigkeit von Medikamenten und bei Jugendlichen sei zunehmend ein Suchtverhalten bei Medienkonsum wie Chatten oder Gamen feststellbar, weshalb die Polizei Basel-Landschaft zusammen mit der Jugendanwaltschaft und der Stiftung nach den Sommerferien eine Präventionsinitiative mit Informationsabenden für Lehrpersonen und Eltern startet. Die Fachstelle bietet weiter und unter anderem auch Gruppenprogramme, einen Schulsozialdienst und Beistandschaften an. In Betrieb genommen wurde die neue Lokalität bereits im vergangenen Herbst, doch offiziell eröffnet wurde sie im Beisein von Gemeindepräsidentin Jeanne Locher-Polier (SP) am 14. Juni.

Angebot in elf Sprachen

Die Beratung an der Emil Frey-Strasse ist niederschwellig zugänglich und kostenlos – finanziert wird das Angebot einerseits durch den Kanton, andererseits durch private Spenden. Die Abkürzung im Namen, MUSUB, steht für Multikulturelle Suchtberatungsstelle, was bedeutet, dass das Angebot in elf verschiedenen Sprachen, unter anderem in Türkisch, Serbokroatisch, aber auch Italienisch, verfügbar ist – die Stiftung verfügt über Suchtberaterinnen und Suchtberater, die der jeweiligen Sprache mächtig sind. «Kommt eine betroffene Person zu uns, findet ein Abklärungsgespräch statt. In der Regel kommen Klienten wöchentlich in die Beratung.» In der Fachstelle werde das Thema Sucht behandelt, oft finde bei ihren Klienten parallel auch eine psychotherapeutische Behandlung statt.

Weitere Informationen unter:www.mituns.ch

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