Wenn das Vergessen stärker und das Gedächtnis schwächer wird

Mit einem prominent besetzten Informationsanlass unter dem Titel «Rendez-vous Demenz» will die Spitex Birseck Sensibilisierungsarbeit leisten.

Emotionen zulassen: Angehörige können lernen, besser mit Demenzbetroffenen umzugehen. Foto: Pixabay.com

Emotionen zulassen: Angehörige können lernen, besser mit Demenzbetroffenen umzugehen. Foto: Pixabay.com

Initiantin des Projekts: Sonja Wagner, Geschäftsführerin Spitex Birseck. Foto: zVg

Initiantin des Projekts: Sonja Wagner, Geschäftsführerin Spitex Birseck. Foto: zVg

10000 Menschen leben in beiden Basel mit einer – wie es im Fachjargon heisst  – demenziellen Erkrankung. Rund 30000 Angehörige sind direkt von den Auswirkungen der Krankheit betroffen. Doch noch immer sei die Demenz ein Tabuthema, sagt Sonja Wagner, Geschäftsführerin Spitex Birseck und Initiantin von «Rendez-vous Demenz», einer Publikumsveranstaltung für Interessierte, Betroffene und Angehörige, die am kommenden Donnerstag, 26. Oktober, im Kuspo Münchenstein stattfinden wird.

«Viele Menschen scheuen sich, über Demenz zu sprechen, doch ist die Krankheit einmal fortgeschritten, steht die Welt Kopf.» Durch Eiweissablagerungen und das Absterben von Nervenzellen kommt es zu Funktionseinschränkungen des Gehirns – die Betroffenen werden vergesslich, scheinen orientierungslos, verwirrt. Eine Entwicklung, die bisher nicht umkehrbar ist und in verschiedenen Stadien abläuft. «Angehörige wissen oft nicht, wie mit der Betroffenen oder dem Betroffenen umzugehen ist. Mit unserem Anlass wollen wir sensibilisieren und informieren», so Wagner. Zwar wird intensiv daran geforscht, wie Ablagerungen im Gehirn und die damit verbundene Rückbildung von Zellen medikamentös verhindert werden können, doch eine Lösung, die Demenz zu blockieren, gibt es noch nicht. Allerdings: «Hoffnung gibt ein neues Medikament, das in den USA auf den Markt gekommen ist.» Informationen dazu wird Andreas Monsch, Gründer der Memory Clinic Basel-Stadt, am Anlass geben.

Versteckte Botschaften

Gerade für Angehörige sei die Unberechenbarkeit der Erkrankung eine grosse Herausforderung. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde in der Altersmedizin versucht, Demenzbetroffenen mit Logik zu begegnen, sie auf ihre mutmasslich falschen Aussagen hinzuweisen. In den 1970er-Jahren entwickelte die amerikanische Gerontologin Naomi Feil eine Methode, die einen ganz anderen Ansatz verfolgt: Die «Validation nach Feil» geht davon aus, dass Aussagen und Verhalten von Menschen in einer demenziellen Entwicklung jederzeit gültig, also valid sind. In den 1990er-Jahren verbreitete sich dieser Ansatz auch in Europa. Dabei wird nicht der Wahrheitsgehalt von dem, was Betroffene sagen, hinterfragt, sondern die Aussagen werden so genommen, wie sie sind. Wenn eine 90-jährige Betroffene etwa den Wunsch äussert, nach Hause zu ihrer Mama gehen zu wollen, sollten Helfende oder Angehörige nicht versuchen, den Sachverhalt logisch zu widerlegen, sondern auf der emotionalen Ebene auf das Gesagte eingehen: Die Absicht, die eigentlich verstorbene Mutter zu besuchen, kann ein Wunsch nach Nähe und Geborgenheit sein. Mit Logik oder rationalen Diskussionen sei Menschen mit einer Demenz nicht beizukommen. Auf die Frage an Sonja Wagner, wie Angehörige eine beginnende Demenz erkennen können, sagt sie: «Anfänglich sind die Anzeichen bescheiden, lassen sich als Altersvergesslichkeit abtun. Mit der Zeit kommen aber Wortfindungsstörungen und Desorientierung dazu. Dann wird es Zeit für eine Abklärung.» Bei einer neuropsychologischen Untersuchung wird die geistige Leistungsfähigkeit untersucht. Hinzu komme eine Bildgebung des Kopfes, ein MRI, und eine laborchemische Untersuchung. Zudem sei es wichtig, sich Hilfe zu holen, sagt Wagner: «In der Region gibt es ein vielfältiges Unterstützungsangebot für Betroffene und Angehörige.»

Aufklärung, Information und Orientierung

Die Spitex Birseck veranstaltet «Rendez-vous Demenz» in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Demenz beider Basel, ­einer Plattform für Fachpersonen und Organisationen im Demenzbereich. Von 15 bis 17 Uhr können sich Betroffene, Angehörige und Interessierte an Markt- und Infoständen informieren, beraten lassen und an Workshops teilnehmen. Ab 17.15 Uhr sind kurze Referate von führenden Fachpersonen aus Medizin, Forschung und Politik zu hören. Höhepunkt und Abschluss bildet eine Podiumsdiskussion unter Einbezug des Publikums.

spitex-birseck.ch/rendez-vous-demenz

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