Was ist, wenn der Strom knapp wird?

Conrad Ammann, Chef des Energieversorgers Primeo, zeigt Szenarien für den Energiemangel im Winter auf.

Das Wort Versorgungsengpass fällt oft. Conrad Ammann, Chef des Baselbieter Energieversorgers Primeo mit Sitz in Münchenstein, macht sich Sorgen um eine Strommangellage, wie es im Jargon heisst. Damit ist er natürlich bei weitem nicht alleine. Das Thema sorgte vor allem vor dem Krieg in der Ukraine landesweit für Schlagzeilen, ausgelöst vom Strompreis, der im Dezember massiv gestiegen war. Das wirkt sich natürlich auch auf die Primeo Energie aus. Normalerweise würden auf den europäischen Strombörsen rund 5 Euro pro Megawattstunde bezahlt, sagte Ammann an der Jahresmedienkonferenz. Im Dezember kletterten die Preise vereinzelt auf 3000 Euro.

Doch was passiert, wenn in der Region zu wenig Strom verfügbar ist? Zunächst würden sanfte Massnahmen herangezogen, sagte Ammann auf diverse Szenarien angesprochen. So würde etwa die Bevölkerung dazu aufgerufen, den Stromverbrauch zu senken und die Heiztemperatur herunterzustellen. Industriefirmen, wenn sie dazu in der Lage sind, müssten etwa von Gas auf Öl umstellen. Möglich seien auch konkrete Verbote, etwa das Beheizen des eigenen Swimmingpools oder Infrarotstrahler im Aussenbereich. Dies sei ­natürlich für den Gesetzgeber schwierig umzusetzen, da dafür Kontrollen nötig wären, sagte Ammann.

Die dritte Stufe ist die Kontingentierung. So würden grosse Stromkunden wie etwa Industriefirmen aufgerufen, ihren Verbrauch deutlich zu reduzieren. Als Beispiel nannte Ammann Verkehrsbetriebe wie die BVB oder die BLT, die statt alle sieben Minuten nur noch jede Viertelstunde verkehren würden.

Sollte dies nicht genügen, drohe ein Stromausfall in Quartieren oder ganzen Gemeinden. Denkbar wäre in einem solchen Fall eine sogenannte rollierende Stromabschaltung: So würde etwa ein Quartier oder eine Gemeinde etwa nur zwischen 8 und 12 Uhr mit Energie beliefert und dann erst abends wieder.

Umsatz und Gewinn deutlich höher

Ammann betonte, dass dies ein Worst-Case-Szenario sei – er sei noch immer optimistisch, dass es nicht so weit komme. Dennoch ist das skizzierte Drehbuch nicht völlig aus der Luft gegriffen. So rief Wirtschaftsminister Guy Parmelin in einer Videobotschaft im Herbst Firmen dazu auf, sich auf mögliche Strommangellagen vorzubereiten. Neben der Pandemie sei eine solche ­Situation die grösste Gefahr für die Versorgung der Schweiz, warnte Parmelin. Gleichzeitig betonte das Departement von Energieministerin Simonetta Sommaruga, auf absehbare Zeit sei nicht mit einem Strommangel zu rechnen, wie die Tamedia-Zeitungen berichteten.

Sollte sich in einem Winter tatsächlich ein Mangel abzeichnen, so käme die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen (Ostral) zum Zuge. Sie wird auf Geheiss des Bundes eingesetzt. Sie wäre es, welche die angesprochene Kontingentierung des Stroms vorbereiten würde. Chef der Ostral ist Lukas Küng, der gleichzeitig in der Geschäftsleitung der Primeo Energie sitzt.

Was das Ergebnis anbelangt, so konnte die Firma den Umsatz um 37 Prozent auf 1,1 Milliarden Franken steigern. Das Plus ist neben den höheren Strompreisen einer Partnerschaft mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) zu verdanken. Primeo und die EKZ haben auf Anfang 2021 ihren Energievertrieb zusammengeführt. Der Betriebsgewinn ist um 40 Prozent auf 72 Millionen Franken gestiegen. Nach Abzug der Zinsen und Steuern bleibt ein Reingewinn von 39 Millionen Franken, ein Plus von 45 Prozent.

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