Geht Münchenstein bei der Mehrwertabgabe wieder neue Wege?
Die Gemeindeversammlung spricht sich für eine deutliche Erhöhung der Mehrwertabgabe aus. Das Geld daraus könnte die Gemeinde gut gebrauchen.
Entschieden ist noch nichts, doch das Votum der Münchensteiner Gemeindeversammlung vergangene Woche ist bemerkenswert: Sie überwies mit 28 zu 19 Stimmen einen Antrag der Grünen für eine Erhöhung der Mehrwertabgabe von heute 25 auf neu 50 Prozent. Investoren sollen, falls sie durch eine Auf- oder Umzonung einen Mehrwert erzielen, die Hälfte davon der Gemeinde abschöpfen. Diese hohe Mehrwertabgabe hätte wiederum Pioniercharakter, wie es Münchenstein vor Jahren schon hatte, als die Gemeinde vor dem Bundesgericht gegen den Kanton Baselland Recht bekam und die eingeführte Mehrwertabgabe von höchster Stelle genehmigt wurde.
Der Gemeinderat beantragte, den Antrag für nicht erheblich zu erklären. Inhaltlich hatte er daran nicht viel auszusetzen. Doch der Zeitpunkt passe nicht, betonte Daniel Altermatt (GLP). Denn schon bald wird der Baselbieter Landrat aufgrund des Bundesgerichtsurteils eine kantonale Vorlage ausarbeiten. Dieser solle Münchenstein nicht vorgreifen, mahnte Altermatt. Denn mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90 Prozent müsse Münchenstein sein eigenes Gesetz nach Feststehen der kantonalen Vorlage wieder anpassen. Doch Antragstellerin Kathrin Hasler wollte nicht warten, weil in dieser Zeit, bis der Landrat und womöglich das Stimmvolk entschieden haben, mehrere Quartierpläne verabschiedet werden und damit Münchenstein wichtige Einnahmen entgehen.
Unterstützung erhielt sie von SP-Landrat Adil Koller und SP-Co-Präsidentin Veronica Münger, die sich beide in mehreren Voten für die Erhöhung der Mehrwertabgabe starkmachten. Münchenstein habe bei der Einführung der Mehrwertabgabe ja auch nicht auf den Kanton gewartet und für diese bis vor Bundes-gericht gekämpft, erinnerte Koller. Kritische Voten gegen eine Erhöhung gab es nicht. Nun muss der Gemeinderat eine entsprechende Vorlage ausarbeiten. Dann entscheidet Münchenstein definitiv, ob die Mehrwertabgabe drastisch erhöht werden soll.
Die Mehreinnahmen würden der Gemeinde definitiv guttun. Nach mageren Jahren mit Millionenverlusten und grossen Sorgen resultierte im vergangenen Rechnungsjahr zwar ein Überschuss von 880000 Franken, und der Selbstfinanzierungsgrad war wieder einmal positiv, doch in Sicherheit wiegen dürfe sich Münchenstein deswegen noch nicht, mahnte Finanzchef Andreas Knörzer.
Budgetiert war für 2021 ein Aufwandüberschuss von 3,6 Millionen Franken. Die getroffenen Sparmassnahmen zeigen bereits Wirkung. Als besonders erfreulich bekräftigte Knörzer die Tatsache, dass die gesamten Steuereinnahmen mit 30,9 Millionen Franken im vergangenen Jahr so hoch ausgefallen sind wie seit Jahren nicht mehr. Sie fielen sogar um 400000 Franken höher aus als noch 2018, als der Steuerfuss noch bei 61 Prozent lag (heute 59 Prozent). Die Steuern aus Vorjahren fielen 2021 um gut 2 Millionen Franken höher aus als budgetiert. Dass aber auch die Steuern für das laufende Jahr 2021 um fast 1 Million Franken höher ausgefallen sind als budgetiert, stimmt den Gemeinderat optimistisch.
Planungskommission statt Quartierplankommission
Der Gemeinderat nahm zudem einen Antrag der Grünen zur Gründung einer Quartierplankommission, die in die Planungsprozesse von Quartierplänen früh miteinbezogen wird, zum Anlass, das Kommissionswesen der Gemeinde komplett zu überprüfen. Er schlug vor, eine übergeordnete Planungskommission ins Leben zu rufen, die Projekte im Rahmen der Raumplanung mit Querschnittsfunktionen, die also mehrere andere Themen in sich verbinden, von Beginn an begleitet. Die Planungskommission hat dabei eine beratende Funktion und besteht aus zwölf Mitgliedern. Zusammengesetzt werden diese aus dem zuständigen Gemeinderatsmitglied, der Leitung der Bauverwaltung, aus internen und externen Fachpersonen und Vertretungen aus der Politik und den anderen bestehenden Kommissionen. Die Gemeindeversammlung stimmte dem Vorschlag ohne Gegenstimme zu.
Flächendeckend Tempo 30?
Ob auf der Hauptstrasse durch den alten Dorfkern schon bald Tempo 30 gilt, ist abhängig davon, wie die Versuchsreihe des Kantons in vier anderen Gemeinden auf Kantonsstrassen abläuft. Dies erklärte die für den Verkehr zuständige Gemeinderätin Ursula Lüscher (SP) im Rahmen der Beantwortung von Fragen der SP zu Tempo 30 in Münchenstein. Der Gemeinderat habe im vergangenen Jahr zum wiederholten Male beim Kanton angefragt, ob auch durchs alte Dorf Tempo 30 gelten könne. Lüscher informierte auch darüber, dass zusätzliche Tempo-30-Zonen auf Gemeindestrassen vom Verkehrsausschuss geprüft werden. Für den Gemeinderat überwiegen die Vorteile von Tempo 30 die Nachteile, so Lüscher. Auch Begegnungszonen seien Optionen und werden geprüft. Anträge dafür müssten aber aus den Quartieren selber kommen.