«Der Wettbewerbsgedanke interessiert mich nicht»
Der gebürtige Kölner Nils Amadeus Lange unterrichtet an der Hochschule für Künste in Münchenstein. Mit seinem «Index of Desire» hat der 34-jährige Performer, Schauspieler und Choreograf im Juni den Swiss Art Award gewonnen.
Wochenblatt: Der Swiss Art Award gilt als einer der weltweit ältesten Kunstwettbewerbe und ist eine wichtige Referenz für professionelles Kunstschaffen. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?
Nils Lange: Ich habe mich natürlich gefreut, aber viel wichtiger, als zu gewinnen, war es mir, nominiert zu werden. Der Wettbewerbsgedanke interessiert mich eigentlich nicht – alle, die dabei waren, haben auf ihre Weise gewonnen.
Sie hatten zwei Monate Zeit, um Ihr finales Projekt fertigzustellen. Kamen Sie dabei unter Zeitdruck?
Nein, da ich Performance-Künstler bin und dementsprechend wenig Materialien brauche, war der Zeitrahmen günstig.
Erzählen Sie uns von Ihrem Projekt «Index of Desire». Sie stellen damit eine Art Partitur her, allerdings statt mit Noten mit Abdrücken, richtig?
Die Arbeit versteht sich als Notation. Die Performerinnen oder auch Zuschauer treten auf ein Intarsienparkett, das ihnen Anweisungen gibt wie «jump, cry oder shake, also springe, weine oder zittere». Aber auch sichtbare Performance-Rückstände wie Körperabdrücke, Texte, Objekte oder Fussumrisse sind Teil des Werks.
Welche Emotionen haben Sie im Entstehungsprozess am meisten bewegt?
Ich habe versucht, möglichst viele «Körperlichkeiten» und Zustände abzubilden, die sich in den letzten 10 Jahren in meinen Arbeiten herauskristallisiert haben. Dabei interessieren mich neben den lauten Emotionen auch leise Gefühle – weil das eine ohne das andere nicht zu existieren vermag. Deswegen finden sich auf dem Holzboden auch Aufforderungen, sich zögerlich zu zeigen oder Ruhe darzustellen. Die Ruhe kann natürlich auch etwas sehr Lautes sein.
Ihre Arbeiten bedienen sich einer grossen musikalischen Bandbreite. Sie als Performer werden im zeitgenössischen Tanz verortet.
Ich komme ursprünglich vom Theater und dem Arbeiten an einer Rolle. Ich reichere meine Arbeiten mit einer Diversität an musikalischen Werken an – darunter sind klassische Stücke, aber auch Pop-Referenzen. Musikstücke, die einerseits einen emotionalen Zugang ermöglichen und andererseits durch ihre Wiederholung einen unvergesslichen Moment provozieren wollen.
Sie unterrichten an der HGK am Institute Contemporary Design Practices (ICDP). Erleben Sie den Lehralltag ähnlich divers wie Ihr künstlerisches Schaffen?
Ich liebe es, dort zu unterrichten. Sowohl Lernende als auch die Studierenden haben unterschiedliche Hintergründe und Disziplinen, so bin ich ständig stimuliert und lerne selbst viel dazu. Die HGK ist ein wichtiger Ort für Baselland und ein kulturrelevanter Ort für die ganze Schweiz. Es ist aufregend, die neue Generation an Künstlerinnen und Designern begleiten zu dürfen.
Welchen Bezug haben Sie zur Region?
In der Schweiz bin ich seit 2009, ein Jahr habe ich in Basel gelebt, momentan wohne ich in Zürich. Mich verbindet meine Lehrtätigkeit sowie diverse Projekte mit der Region Basel.
Wie geht es nun für Sie weiter?
Ich stecke mitten in den Vorbereitungen für meine nächste Arbeit, die sich mit Hildegard von Bingen auseinandersetzt. Die Premiere ist am 1. September in Zürich im Kulturhaus Helferei. Danach werden wir mit dem Stück bis durch Europa touren.