«Wir wollen keinen Kleinkrieg»
Das Spital Dornach plant einen Anbau. Dafür braucht es eine Teilzonenplanänderung. Anwohnende suchen nun das Gespräch mit dem Spital.
Die Infrastruktur des Spitals Dornach ist teilweise in die Jahre gekommen. Deshalb plant das Spital einen Anbau auf Parzellen, die an den Rainweg angrenzen. Am 19. Januar hatte die Gemeinde zu einem Mitwirkungsverfahren eingeladen, an dem die Öffentlichkeit über die Pläne informiert werden sollte (das Wochenblatt berichtete). An der Veranstaltung wurde rasch klar: Die Anwohnerinnen und Anwohner rund um das Spitalgelände fühlten sich vor den Kopf gestossen. Besonders die geplante Umzonung der betroffenen Parzellen von der aktuellen Wohnzone W2A in eine Zone für öffentliche Anlagen (Zone öBA4), in der vier Stockwerke zulässig sind, sorgte bei den Anwesenden für Kopfschütteln.
Das Spital Dornach, das vor etwas mehr als 100 Jahren vornehmlich für die Mitarbeitenden der Metallwerke in Betrieb genommen wurde, steht heute inmitten von Einfamilienhäusern. Anwohnerinnen und Anwohner rund um das Spitalgelände haben sich nun zur «IG Spitalerneuerung zum Wohle aller» zusammengeschlossen. In einem Brief haben sie sich Ende Januar an den Gemeinderat und die Bauverwaltung gewendet. Darin halten die 26 Unterzeichnenden ihre Bedenken zur geplanten Teilzonenplanänderung fest. Zum einen sehen die Anwohner durch den geplanten Anbau ihre Wohnqualität gefährdet. Denn das Gebäude bedeutet für einige Häuser sowohl eine Einschränkung der Aussicht als auch teilweise beträchtlichen Schattenwurf. Zum anderen sorgen sich die IG-Mitglieder um Licht- und Lärmemissionen.
Mitwirkung wirklich erwünscht?
Daneben beschäftigt die IG-Mitglieder auch die grundsätzliche Planung des Gebäudes. Zwar habe das Spital an der Infoveranstaltung einen Entwurf eines Baus vorgestellt, der nicht vierstöckig sei. Die Anwohnenden geben jedoch zu bedenken, dass durch die Umzonung in eine Zone für öffentliche Anlagen – in der vier Stockwerke zulässig sind – auch weitere Projekte als das bisher vorgestellte möglich seien. «Die Parzellen könnten vom Spital bis ganz vorne an den Rainweg vierstöckig bebaut werden», erklärt Matthias Frank im Gespräch mit dem Wochenblatt. Der Architekt, der selbst langjährige Erfahrung in der Branche aufweisen kann, zeigt sich auch überrascht vom Vorgehen der Gemeinde. «Es gab keine vorgängige Information, kein Gespräch und keinen runden Tisch, wie es bei anderen grossen baulichen Veränderungen üblich ist», sagt auch Thomas Kramer, der beruflich drei Hauptsitz-Neubauprojekte begleitet hat. Eine Mitwirkung habe de facto nicht stattgefunden.
IG und Spital stehen im Austausch
«Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Erneuerung und wir bekennen uns zum historischen Standort des Spitals sowie zu seinem Auftrag», hält auch Christophe Jenny fest, der oberhalb des Spitals am Sonnhaldenweg wohnt und selbst im Bereich Liegenschaftsbau tätig ist. Für eine Spitalerneuerung stünden aber ausreichend Flächen rund um das Spital zur Verfügung, die sich schon in der Zone öBA4 befinden, so die IG. Es sei auch störend, dass «kein Richtkonzept und keine Interessensabwägung zu dieser Veränderung der Rechtssituation vorliegen, die für die IG Voraussetzung für das vorliegende Geschäft sind», so Matthias Frank weiter.
Die IG hätte sich gewünscht, dass die direktbetroffenen Nachbarn früher in einen Dialog miteinbezogen worden wären. Die Gemeinde habe es versäumt, rechtzeitig über die Änderung des Teilzonenplans zu informieren, so die IG. Ausserdem sei die Einladung zur Mitwirkungsveranstaltung am 19. Januar kurzfristig und nur im Wochenblatt ausgeschrieben worden, monieren die Anwohner weiter.
Inzwischen hat die IG das Heft selbst in die Hand genommen – vor einer Woche trafen sich Matthias Frank, Thomas Kramer und Christophe Jenny mit Spitaldirektorin Irene Wyss zu einem Gespräch. Es sei ein konstruktiver Austausch gewesen. «Wir wollen dieser jungen Pflanze des Dialoges nun Sorge tragen. Wir wollen keinen Kleinkrieg», sagt Frank mit Nachdruck. «Die IG will über den Dialog den Rechtsweg verhindern und eine konstruktive Lösung erreichen, die für die Nachbarschaft tragbar ist.»
Anbaupläne schon seit 2016 auf dem Tisch
Dass die Ausbaupläne, die eine Anpassung des Zonenplans voraussetzen, für Entrüstung sorgen, sei für das Spital überraschend gewesen, sagt Spitaldirektorin Irene Wyss gegenüber dem Wochenblatt: «Zumal die Ankündigung nicht neu ist.»
In der Tat, die Planung für einen Erneuerungsbau geht weiter zurück. Das Spital Dornach hatte im März 2016 angekündigt, einen Anbau realisieren zu wollen. Damals hiess es, die Solothurner Spitäler AG – die auch das Kantonsspital Olten, das Bürgerspital Solothurn und die Psychiatrischen Dienste umfasst – würde in Dornach 27,3 Millionen Franken investieren. Geplant war ein dreigeschossiger Anbau vor dem Eingang für eine moderne Notfallstation und neue Operationsräume, die das bisherige Angebot im dritten Geschoss ersetzen sollen.
Das erklärte Ziel war nicht eine Erweiterung, sondern die Erneuerung der Infrastruktur; das Projekt wurde dann jedoch redimensioniert und im Juni 2018 teilte die Solothurner Spitäler AG mit, dass sie vorerst auf einen Anbau verzichte und sich auf die Erneuerung der bestehenden Infrastruktur konzentriere. Dazu zählte nebst der Erneuerung einiger Zimmer auch eine umfassende Sanierung der Notfallstation. Obwohl das Spital Dornach zwischenzeitlich durch die Pandemie an seine Belastungsgrenze stiess, wird die Erneuerung vorangetrieben. «Gerade, um dem steigenden Bedarf nach Grundversorgung in der Region gerecht zu werden», erklärt Wyss.
Sie hat nun vor kurzem vom Verwaltungsrat in einem ersten Schritt den Auftrag erhalten, ein neuerliches Projekt eines Anbaus zur Optimierung des Operationsbereichs vorzubereiten. Eine Entscheidung über die Realisierung ist noch nicht getroffen worden.
Den bisherigen Bereich der Operationssäle will man künftig für das Sterilisieren der künstlichen Gelenke und Instrumente nutzen. «Diesen Prozess mussten wir aus Platzgründen auslagern.» Die Rückführung würde zur Optimierung der Betriebsabläufe führen. Aufgrund der Auflagen beim Sterilisieren sei man derzeit auf das Kantonsspital Olten angewiesen. «Logistisch ist dies eine riesige Herausforderung.»
Geschick der Gemeinde ist gefragt
Für Gespräche mit den Anwohnern stehe das Spital grundsätzlich offen. «Da wir noch am Anfang der Planung stehen, ist es zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, über Details zu sprechen. Transparenz ist uns aber wichtig und unsere Türen stehen weit offen. Nach den ersten Gesprächen mit der Anwohnerschaft werde der Dialog fortgesetzt, hält Wyss fest.
Diesbezüglich ist nun wohl vor allem das Geschick des Gemeinderates gefragt. Er ist Planungsbehörde und hat im Interessenskonflikt zwischen dem Bedarf des Spitals und den Ansprüchen der Anwohner das Machtwort. Er kann versuchen, raumplanerisch einen Kompromiss zu finden – oder er wird das Prozessrisiko in Kauf nehmen.
Gemäss dem ursprünglichen Zeitplan ist das Mitwirkungsverfahren, das den Anwohnern nach der Infoveranstaltung eine Woche Zeit für schriftliche Eingaben gab, abgeschlossen. Der Gemeinderat steht nun also vor der Frage, ob er die Umzonung durchzieht. Klar ist aber auch: Die IG ist bereit, den rechtlichen Weg zu gehen, «sollte der Entscheid des Gemeinderates eine einvernehmliche Lösung mit der Nachbarschaft gefährden.»