Wikingertreff in Gempen: Mit Holzschwertern und Haselruten

Während vier Tagen schlugen rund 60 Leute von verschiedenen Wikingervereinen aus der ganzen Schweiz ihre Zelte in Gempen auf, um ein ­«helvetisches Althing» zu zelebrieren.

Im Kampf: Thomas Imhof (links) und Luciano Taglioli vom Clan Torgus Caturix. Fotos: Florin Bürgler

Im Kampf: Thomas Imhof (links) und Luciano Taglioli vom Clan Torgus Caturix. Fotos: Florin Bürgler

Im mittelalterlichen Gewand: Ronya Saladin, Vorstandsmitglied vom Verein Alvitur Balti.

Im mittelalterlichen Gewand: Ronya Saladin, Vorstandsmitglied vom Verein Alvitur Balti.

Die Wikinger kommen nach Gempen – zwar ohne Schiffe, dafür mit Autos, Zelten und viel guter Laune. Bereits von Weitem sieht man die vielen grossen Zelte bei der Tannmatt am Horizont. Es ist ein ungewohntes Bild, was auch bei näherer Betrachtung so bleibt: Zwei spielende Kinder kämpfen mit Holzschwertern, im Hintergrund wird auf dem knisternden offenen Feuer gekocht und alle Menschen tragen mittelalterliche Gewänder und Kleider. Aus dem Musikzelt sind Flöten- und Trommelklänge zu vernehmen.

Organisiert hat diese Zusammenkunft der Wikingerverein Alvitur Balti, dessen Name «brüllender Bär» bedeutet. Zusammen mit sieben weiteren Vereinen aus der ganzen Schweiz verbringen die Mitglieder hier vom 12. bis zum 16. April eine sogenannte «Lagerey». Ronya Saladin, Vorstandsmitglied von Alvitur Balti, erklärt: «Der Anlass ist ein Althing, also eine grosse Zusammenkunft der Wikingerclans, um sich auszutauschen und auf die bevorstehende Saison einzustimmen.» Im Falle von Alvitur Balti beinhaltet eine solche Saison zwischen drei und sechs Mittelalteranlässe. Dazu kommen eigens organisierte Events wie das hie­sige ­Althing in Gempen. «Mit einem ­grossen Ritual am Ende erbitten wir symbolisch die Gunst der Götter», meint Saladin und zeigt auf mehrere ausgesteckte Haselrouten, die Teil davon sein werden. Die Historikerin und Oberstufenlehrerin ist seit vier Jahren beim Verein Alvitur Balti, der sich als «Handwerkersippe» versteht. «Es gibt auch viele Mittelaltervereine, die kämpfen. Doch uns interessiert mehr das mittelalterliche Handwerk», erklärt Saladin.

Mittelalterliche Handwerkskunst und Schwertkämpfe

Anders sieht das beim Wikingerclan ­Torgus Caturix aus – hier wird gekämpft. Mitglied Thomas Imhof erzählt: «Durch Zufall war ich mal mit einem Kollegen an einem grossen Mittelaltermarkt, wo auch gekämpft wurde. Dort hat es mich ­gepackt.» Was ihm daran imponiert, beschreibt er so: «Es ist ein echter Teamsport und nebst der körperlichen Ertüchtigung ist da natürlich auch der Adrenalinkick. Schön ist es aber auch, einfach die gemeinsame Freude zu teilen – es ist ein Miteinander und kein Gegeneinander.» Ein passionierter Kämpfer ist auch Kollege Luciano ­Taglioli: «Gekämpft wird typischerweise mit Äxten, Schwertern und Schildern. Stichwaffen sind ein absolutes No-Go, da die Verletzungsgefahr zu gross ist.» Zum Schutz wird ein 25 Kilogramm schweres Kettenhemd getragen, was sich die beiden gleich überziehen, um kurzerhand einen solchen Kampf zu demonstrieren. Nach ein paar Minuten muss sich Imhof geschlagen geben und lässt sich freundschaftlich aufhelfen: «Das gehört auch dazu, man muss wissen, wann Stopp ist.»

«Bunte Mischung aus Handwerkern und Bürogummis»

Sei es die Leidenschaft für das Handwerk oder den Kampf, eines haben alle gemeinsam: eine tiefe Faszination für die Wikinger. Und diese hätten viele – Tendenz steigend: «Die Szene ist grösser, als man denkt, die Vereine und Märkte schossen in den letzten Jahren fast aus dem Boden. Wir sind eine bunte Mischung aus Handwerkern, aber auch vielen Bürogummis», meint Saladin und sagt über ihr Hobby: «Es ist richtig entschleunigend, man ist weit weg vom normalen Alltag und taucht in eine andere Welt ein.» Damaris Reber, die gerade dabei ist, Holz zu hacken, geht es ähnlich: «Es ist der perfekte Ausgleich zum stressigen Job und man kann abschalten und das einfache Leben wertschätzen.»

Nach vier Tagen ausgelassener Stimmung bei der Lagerey ist es dann aber irgendwann wieder Zeit, aufzubrechen und in die «alte» Welt zurückzukehren. Diese Auszeit tue unglaublich gut, meint die Sachbearbeiterin Nadia Zeller abschliessend: «Ein paar Tage Lagerey sind für mich viel erholsamer als zwei Wochen Badeferien.»

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