Trotz Loch in der Kasse: Der Souverän sagt Nein zur Steuererhöhung
Die Gemeindeversammlung lehnt in einer hitzigen Debatte eine Steuererhöhung auf 94 Prozent ab.
Gleich zu Beginn der Versammlung teilte ein Besucher seinen Unmut über die lange Traktandenliste mit. 12 Geschäfte inklusive der Verleihung des Dornacher Anerkennungspreises (siehe Box unten) wollte der Gemeinderat am vergangenen Mittwochabend durchgehen. Der Votant appellierte an den Gemeinderat, die Traktandenliste künftig kürzer zu halten. Zudem wurde an diesem Abend gleich zwei Mal ein Antrag gestellt, den Dornacher Anerkennungspreis vorzuziehen – der Antrag wurde jedoch beide Male abgelehnt.
Das erste Traktandum mit grossem Diskussionspotenzial war die Totalrevision der Gebührenordnung – neu ein Gebührenreglement. Gemeindepräsident Daniel Urech (FWD/Grüne) verwies darauf, dass das Reglement einen Spielraum ermögliche und der Gemeinderat in der Gebührenordnung die tatsächliche Höhe festlege. Dadurch könne der Gemeinderat schneller auf äussere Faktoren wie etwa die Teuerung reagieren und müsse nicht für jede kleinere Änderung die Versammlung fragen. «Der Gemeinderat kann aber nicht einfach schalten und walten, wie er will», sagte Urech. Einige Votanten störten sich an der Bandbreite der Gebühren. Auch dass der Gemeinderat in gewissen Fällen Gebühren erlassen kann, wurde moniert. Am Ende wurde das Gebührenreglement aber angenommen.
Gemeindeversammlung setzte den Rotstift nicht wirklich an
Die kritischen Voten ebbten auch beim Stellenplan der Verwaltung nicht ab. Diverse Anwesende monierten, dass der Verwaltungsapparat stetig ausgebaut und damit teurer werde. Am Ende stellte FDP-Mann Kurt Henzi den Antrag, auf der Verwaltung 30 Stellenprozent einzusparen. Wo, das überliess er dem Gemeinderat. Der Antrag wurde genehmigt, der Stellenplan sieht nun insgesamt 5865 Stellenprozent vor statt 5895, wie der Gemeinderat beantragt hatte.
Das hitzigste Thema des Abends war wie erwartet die Budgetdiskussion. Bereits im Vorfeld der Gemeindeversammlung war klar, dass das Budget 2025 einen Fehlbetrag in der Höhe von 1,5 Millionen Franken vorsieht. Der Gemeinderat hatte deshalb beschlossen, der Gemeinde eine Steuererhöhung um 6 Prozentpunkte vorzuschlagen. Finanzchef Ludwig Binkert (FDP) versicherte, der Gemeinderat habe bereits an vielen Stellen den Rotstift angesetzt. Auch um die anstehenden Investitionen zu stemmen, sei eine Erhöhung der Steuern notwendig. «Der Bestand an flüssigen Mitteln nimmt seit Jahren ab. Die Investitionen konnten nur durch bestehende Reserven und Fremdkapital finanziert werden», sagte Binkert.
Gemeindepräsident Urech entkräftete diverse Argumente gegen eine Steuererhöhung und hielt fest, dass Dornach auch mit einem Steuerfuss von 94 Prozent zu den Gemeinden mit dem niedrigsten Steuersatz im Kanton zählen würde. Auch Rechenbeispiele anhand fiktiver Familien führte Urech an. Doch die Gemeindeversammlung liess sich nicht überzeugen. Ein Votant meinte, beim Gemeinderat sei kein wirklicher Sparwille vorhanden. Mehrfach rief Urech dazu auf, die Gemeindeversammlung solle dem Gemeinderat sagen, wo er sparen solle. SVP-Vorstandsmitglied René Umher meinte daraufhin, dies sei nicht die Aufgabe der Anwesenden, sondern jene des Gemeinderates.
Am Ende stimmte der Souverän mit 132 zu 99 Stimmen dafür, den Steuersatz bei den bisherigen 88 % zu belassen. Das Budget wurde genehmigt.
Ein Rückkommensantrag und ein Verdacht
Nachdem der Entscheid gefallen war, verliess ein Teil der Anwesenden den Saal, um sich frühzeitig am Apéro zu bedienen. Das stiess einigen Anwesenden sauer auf. Florian Lüthi, Präsident der Grünen Dorneck-Thierstein, stellte deshalb nach dem Traktandum «Finanzplan» einen Rückkommensantrag – er wollte noch einmal über die Steuererhöhung abstimmen. Das Vorgehen war zwar rechtens, die Versammlung goutierte Lüthis Antrag aber nicht. Es kam zu Unruhen und Zwischenrufen, ein Teilnehmender holte diejenigen, die bereits am Apéro waren, noch einmal zurück in den Saal. Lüthis Antrag wurde nach hitziger Diskussion abgelehnt. SVP-Mann René Umher spekulierte gar, dass der Rückkommensantrag von Lüthi eine abgekartete Sache zwischen ihm und Gemeindepräsident Urech gewesen sei: «Du hast Florian sehr lange angeschaut vorhin», sagte er an die Adresse des Gemeindepräsidenten. Auf Nachfrage des Wochenblattes sagt Urech, er könne diese Beobachtung nicht bestätigen. Die weiteren Traktanden wurden ohne grössere Zwischentöne durchgewinkt.
Nach mehr als vier Stunden sorgte schliesslich ein Ordnungsantrag für das Ende der Versammlung: Zwei Traktanden wurden auf eine nächste Sitzung verschoben. Die intensiven Diskussionen wurden am Apéro weitergeführt.
Ratlosigkeit beim Gemeindepräsidenten
Nach dem Entscheid der Versammlung bleibt die Frage offen, wie es Dornach aus den roten Zahlen schaffen soll. «Ich bin ein Stück weit ratlos», gibt Gemeindepräsident Urech zu. Der Gemeinderat müsse nun überlegen, wie es weitergehen werde. «Offensichtlich ist es uns nicht gelungen, mit unseren Argumenten zu überzeugen.» Mittelfristig gelte es zu prüfen, wo Optimierungen vorgenommen werden können. «An der Versammlung war offensichtlich nicht der Wille da, Verantwortung zu übernehmen und Vorschläge zu machen, wo gespart werden sollte.»
Die SVP hingegen doppelte im Anschluss der Versammlung mit einem Communiqué nach. Die Partei verspüre nach dem Entscheid keine Genugtuung, sondern mache sich grosse Sorgen. Auf die Frage des Wochenblatts, weshalb die Partei denn keine konkreten Sparaufträge an den Gemeinderat gab, antwortet Vizepräsident Giovanni Acconcia: «Grundsätzlich ist es nicht Aufgabe einer Partei oder der Bürger zu sagen, wo man sparen muss. Es ist die Aufgabe der Verwaltung, auf Vorgabe des Gemeinderats, zu planen, wo gespart werden soll.» Die SVP habe sich stark gegen die Steuererhöhung eingesetzt und mobilisiert, sagt Acconcia. «Wir wollten aber nicht spezifisch sagen, welche Stellen gestrichen werden sollen.»
Damit ist klar: Die Diskussionen um die finanzielle Schieflage der Gemeinde dauern weiter an.
Alois Hasler erhält Anerkennungspreis
Am Ende der gut besuchten Gemeindeversammlung vor einer Woche wurde der Dornacher Anerkennungspreis verliehen.
Er geht in diesem Jahr an Alois Hasler, den Schlosswart der Ruine Dorneck. Jury-Präsident Roland Müller lobte in seiner Laudatio das grosse Engagement des Dornachers. «Er hat sich um das Schloss gekümmert, als wäre es sein eigenes», sagte Müller mit einem Schmunzeln. Auch sein weiteres Engagement, etwa in der Feuerwehr, wo er vielen beigebracht habe, wie man ein Feuerwehrauto fährt, hob Müller hervor. Gemeindepräsident Daniel Urech lobte den Schlosswart ebenfalls für seinen grossen Einsatz. Der Preisträger bedankte sich wortreich für die Auszeichnung. «Ich hoffe, dass mein Nachfolger das auch so gut macht und so viel Freude daran hat wie ich», sagte Hasler.
Der Dornacher Anerkennungspreis ist mit 3000 Franken dotiert. Aufgrund der klammen Finanzlage der Gemeinde wird dieser Betrag im Budget 2025 auf 2000 Franken reduziert.