Süsse Bürokratie
Dornach zeigt sich von seiner Schokoladenseite: Die Gemeinde erhält bald ihre eigenen Pralinen. Um die entsprechende Bewilligung musste Initiator Max Sutter jedoch bangen – bis ein Gemeinderat die Sache in die Hand nahm.
Seit 130 Jahren betreibt die Familie Sutter den kleinen Eisenwarenladen am Nepomukplatz. Zu kaufen gibt es hier – neben allerlei Haushaltswaren – bald auch Pralinen, die mit einem Dornacher Wappen geziert sind.
Dass die Süssigkeiten im «Dornacher Look» produziert werden können, geht auf die Initiative von Ladeninhaber Max Sutter zurück. Er, ein Urdornacher, der das Geschäft in der vierten Generation führt, ist bei einem Gespräch mit Patrizia Dammann auf die Idee gekommen. Die Confiseurin betreibt in Riehen eine Schokoladenmanufaktur, die weitum bekannt ist. Und: Sie vertreibt dort eine Schachtel mit drei grossen Pralinen, die das Riehener Wappen und einen Baselstab tragen. «Die Riehener Schöggeli inspirierten mich: Auch Dornach würde von so einem tollen Souvenir profitieren», sagt Max Sutter zum Wochenblatt.
Verwaltung schlägt erst «Fake»-Wappen vor
Mit der Vision der Dornacher Pralinen wurde Max Sutter im Januar auf der Gemeindeverwaltung vorstellig. Dort erhielt er jedoch eine abschlägige Antwort. Das Wappen dürfe gemäss Art. 8 Abs. 1 des Wappenschutzgesetzes (WSchG) «nur von dem Gemeinwesen, zu dem es gehört, gebraucht werden». Damit das exakt gleiche Wappen genutzt werden darf, müsste ein Antrag an den Gemeinderat samt Konzept gestellt werden. Die Verwaltung schlug Sutter daraufhin die Verwendung einer Art Fake-Wappen vor: Ein leicht abgeändertes Wappen – beispielsweise mit spiegelverkehrten Angeln – würde nicht unter den Gesetzesschutz fallen und dürfte frei verwendet werden.
Für den Unternehmer Sutter unverständlich: «Wenn ich Dornacher Pralinen anbieten will, dann doch mit dem originalen Wappen», sagt dieser und lacht.
«Fachgremium» testet Schoggi
Wenig später wurde Gemeinderat Kevin Vögtli (SP) auf das Problem mit den Süssigkeiten aufmerksam. Er stellte dem Gesamtgemeinderat den Antrag, Sutter das Recht für die Herstellung und den Verkauf der Pralinen zu erteilen. Der Ressortverantwortliche, so hiess es im Antrag an den Gemeinderat, ordnete daraufhin ein Schokoladentestessen mit «Fachpersonen auf der Verwaltung» an.
Wen nun die Sorge plagt, die Steuergelder würden in Dornach für professionelle Schokoladenverköstigungen durch Experten auf den Kopf gehauen, den kann Vögtli beruhigen: «Die ‹Fachpersonen› waren einfach Mitarbeitende auf der Verwaltung.» Er schreibe halt gerne ab und zu ein paar «nicht ganz ernst gemeinte Passagen» in seine Anträge, sagt der Gemeinderat schmunzelnd. Der «Test» auf der Verwaltung habe ergeben, dass die Schoggi gut sei. «Qualitative Bedenken gibt es also keine.»
Mit Klebeaktion für ein Ja zum Antrag
Der Gemeinderat diskutierte das Geschäft am Montag in seiner Sitzung. Um das Gremium von seinem Ansinnen zu überzeugen, verwies Vögtli überraschend auf die Tischunterseite, wo die Anwesenden angeklebte Schoggistängeli vorfanden. So konnten die Gemeinderatsmitglieder die Süssigkeit aus dem Riehener Schoggiparadies direkt testen. Die Resonanz war gut, auch wenn der eine oder andere aufgrund der Platzierung unter dem Tisch einen Schokoladenfleck auf der Hose davontrug.
Kurz wurde über das Bedenken diskutiert, dass nach der Annahme des Antrages plötzlich «jeder» das Wappen für seine Produkte nutzen wolle. Gemeindepräsident Daniel Urech (FWD) beschwichtigte jedoch und erklärte, das Nutzungsrecht solle vorerst beim anfragenden Betrieb bleiben. Aber: «Wenn es einen Dornacher Bezug gibt, sollten auch andere Geschäfte die Erlaubnis erhalten.» Diese müssten dann jedoch ebenfalls einen Antrag stellen.
Die Klebeaktion konnte Vögtli schliesslich als Erfolg verbuchen: Der Gemeinderat stimmte dem Antrag nach dem Testessen einstimmig zu – Sutter darf die Schoggispezialität herstellen lassen und verkaufen.
Bis die ersten Dornacher Pralinen gegessen werden können, dauere es nun nur noch ein paar Wochen, stellt Patrizia Dammann in Aussicht. Ein Glück, dass dem Dornacher Gemeinderat die Schokolade geschmeckt hat.