Opernkunst verschmilzt mit Eurythmie

Am Sonntag feierte ­Richard Wagners «Parsifal» am Goetheanum Premiere. Nach drei bereits ausgebuchten Aufführungen steht das Spiel auch im kommenden Jahr auf dem Programm.

Grosse Bühne: Für die Aufführung von Wagners «Parsifal» am Goetheanum haben die Verantwortlichen weder Aufwand noch Kosten gescheut. Foto: zVg
Grosse Bühne: Für die Aufführung von Wagners «Parsifal» am Goetheanum haben die Verantwortlichen weder Aufwand noch Kosten gescheut. Foto: zVg

Das Goetheanum sei ein Haus des Wortes. So war es früher in Kreisen der Anthroposophie häufig zu hören. Dass es sich dabei nicht um einen in Stein gemeisselten Grundsatz handelt, bewies schon die Aufführung der «Zauberflöte» am Goetheanum im Jahr 2006 und zeigt Richard Wagners «Parsifal», ein «Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen», das am vergangenen Sonntag Premiere feierte und kommendes Wochenende zweimal zu sehen ist.

Dabei versteht sich von selbst, dass alle drei Aufführungstermine längst ausgebucht sind, denn bei der Produktion, die in Zusammenarbeit von Goetheanum Bühne und Pamy Mediaproductions entwickelt wurde, handelt es sich um ein künstlerisches Novum, da sie Opernkunst und Eurythmie verbindet und aus ­beidem ein Gesamtwerk schafft. An der Medienkonferenz zwei Tage vor der Premiere war unter den Verantwortlichen die ansteckende Spannung, die einem grossen Ereignis vorausgeht, zu spüren: «Es ist uns wichtig, dass Oper und ­Eurythmie ineinanderfliessen, was natürlich eine Herausforderung darstellt, weil die Eurythmie sehr viel Raum einnimmt», sagt Walter Schütze, der bei der Produktion für Bühne, Kostüme und Video verantwortlich zeichnet. Dabei sei die Situation am Goetheanum optimal gewesen: «Normalerweise steht eine ­fertige Bühne zwei oder drei Wochen vor der Aufführung für die Proben bereit, was oft Schwierigkeiten mit sich bringt. Hier konnten wir die Bühne ganze sieben Wochen für unsere Proben nutzen.»

Initiiert hatte die Idee der Schweizer Sänger und Schauspieler sowie Inhaber der Produktionsfirma, Alexander von Glenck: «Schon vor 15 Jahren hatte ich die Idee, ‹Parsifal› im Goetheanum aufzuführen, doch zeigten sich die Verantwortlichen nicht begeistert. Vor ein paar Jahren sprach mich ein Mitarbeiter an und sagte, ich müsse den ‹Parsifal› machen. So wurde mir quasi von aussen aufgetragen, das jetzt endlich zu tun.»


Gute Verständigung

36 Eurythmistinnen und Eurythmisten, 10 Solistinnen und Solisten, 50 Personen im Chor und 62 Musikanten im Orchestergraben – dies sind nur einige Zahlen, die zeigen, dass die Verantwortlichen etwas Grosses schaffen wollten und dabei auch keine Kosten, keinen Aufwand scheuten. Den Hauptanteil der Kosten trägt da-
bei die Produktionsfirma, finanziert aus eigenen Mitteln. Eine kantonale Förderung gab es für das Projekt nicht.

Als Regisseurin wurde Jasmin Solfaghari engagiert, die bereits als Spielleiterin an der Hamburgischen Staatsoper und an der Deutschen Oper Berlin Verantwortung innehatte.

Die Regisseurin inszeniert im In- und Ausland ein grosses Repertoire von Barock bis Moderne, den Leipziger Wettbewerb um den Richard-Wagner-Nachwuchspreis leitet sie als Jury-Vorsitzende: «Was mich überrascht hat, ist, mit welcher Offenheit mir die Eurythmisten begegnet sind. Sie haben verstanden, was ich vorhatte, ohne dass ich eine Regie­anweisung gab», erzählt Solfaghari. Und sie verweist auf ein Erlebnis in China, wo sie eine Masterklasse geleitet hat: «Dort verstanden nicht alle Englisch, und trotzdem wurden gute Ergebnisse erzielt.» Eine Art der Verständigung, die ohne Worte funktioniert. Dabei sei die Oper Richard Wagners durch die Eurythmie nicht verändert, sondern vielmehr ergänzt worden: «Es ist die Bewegungssprache eines klassischen Musiktheaters, ergänzt durch Eurythmie.»


Weitere Aufführungen 2024

Die musikalische Dramatik steuerten die Philharmonie Baden-Baden und das Vokalwerk der Opernfestspiele Heidenheim bei. Für die Eurythmie zeichnete das Ensemble von Goetheanum und das Else-Klinik-Ensemble verantwortlich: «Es ist ein sehr schönes Erlebnis, die Eurythmie auf die Ebene der Oper zu bringen», sagt Stefan Hasler, der für die Eurythmisten Regie führte. Für Interessierte, die in diesem Jahr den «Parsifal» am Goetheanum verpasst haben, stehen im kommenden Jahr bereits drei weitere Aufführungen im Programm. Der Ticketverkauf beginnt ab Juni dieses Jahres.
Mehr Informationen für die Produktion im kommenden Jahr unter parsifal-wagner.ch/2024

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