Formula Regional: Michael Sauter holt sich den Meistertitel

Michael Sauter aus ­Gempen hat die Formula Regional in Japan gewonnen. Ob seine Rennkarriere weitergeht, ist unklar – denn Motorsport ist teuer.

Nicht mehr nur Familiensache: In Japan konnte Michael Sauter auf ein professionelles Team zählen. Fotos: ZVG / Formula Regional Japanese Championship

Nicht mehr nur Familiensache: In Japan konnte Michael Sauter auf ein professionelles Team zählen. Fotos: ZVG / Formula Regional Japanese Championship

Feiern zusammen: Michael Sauter mit Vater Stephan (3. v. l.) und Mutter Miyuki (4. v. r.).

Feiern zusammen: Michael Sauter mit Vater Stephan (3. v. l.) und Mutter Miyuki (4. v. r.).

Nürburgring, Oktober 2022: Michael ­Sauter sitzt in seinem Formel‑4-Auto und konzentriert sich auf das bevorstehende Rennen. Sein Auto steht zwischen den polierten Boliden der Profiteams. Sie bringen ihre eigenen Mechaniker und Ingenieure mit, vergleichen Statistiken, feilen an der Strategie. Sauter hat all das nicht. Sein Rennteam: Grossvater Roland, Vater Stephan, Mutter Miyuki und Schwester Karin – alle packen sie mit an.

Seither sind genau zwei Jahre vergangen. Inzwischen ist der 20‑Jährige in seiner Rennkarriere einen grossen Schritt vorangekommen. 2023 fuhren Sauters in der CEZ Formel‑4-Meisterschaft mit, dort noch immer als Familienteam. Zusätzlich erhielt Michael Sauter die Möglichkeit zu zwei Gastrennen in Japan. Weil er eines davon direkt gewann, wurde er ausgewählt, um in der Saison 2024 im «G Force Driver Development Program» mit dem Rennteam «Birth ­Racing Project» zu fahren. «Eine grosse Chance», wie der Gempner betont. Während Sauters Familie bis anhin alle Funktionen übernommen hatte, standen ihm in dieser Saison nun drei Mechaniker, drei Ingenieure und ein Reifenverantwortlicher zur Seite.

Für die insgesamt sechs Rennwochenenden flog Sauter jeweils immer nur für wenige Tage nach Japan. Mit Land und Leuten verstand sich der Rennfahrer von Anfang an gut – auch wegen seiner Wurzeln: Michaels Mutter Miyuki Sauter wanderte 1999 mit sechsundzwanzig von Japan in die Schweiz ein. So waren für Michael Sauter Kultur und Sprache nicht neu – auch wenn er auf Japanisch manchmal an falschen Orten im Gespräch lache, wie er schmunzelnd zugibt.

Zehn Podien, sechs Siege

Viel Zeit für Sightseeing, Vorbereitung oder umfangreiche Trainings blieb für Sauter indes nicht. Nach der Anreise am Donnerstag folgten am Freitag jeweils die offiziellen Trainings, am Samstag und Sonntag standen Qualifikationsrunden und die Rennen an. Insgesamt startete Sauter bei 14 Rennen; zehnmal stand er auf dem Podium, sechsmal als Sieger.

Am fünften Rennwochenende war klar: Michael Sauter ist Meister der japanischen Formula Regional. Sein Teamkollege Sebastian Manson fuhr auf Platz zwei.

Dass Sauter direkt Meister wurde, ist aussergewöhnlich. Das habe auch die ­erfahrenen Rennsportexperten vor Ort erstaunt, erzählt Mutter Miyuki. «Im Vergleich zu den Formel‑4-Autos hat der Formel‑3-Rennwagen mit 280 PS mehr Power, ist aber schwerer. Ich konnte mich sehr schnell darauf einstellen», erklärt Michael Sauter seinen Erfolg.

Während andere Fahrer auf ihren Heimstrecken fast wöchentlich trainieren können, fuhr Sauter an den Rennen das erste Mal auf den Strecken. Zur Vorbereitung trainierte der Gempner jeweils ein paar Stunden am Rennsimulator, um die Strecke kennenzulernen, machte Balanceübungen und stärkte seine Mus­kulatur – ähnlich wie die Formel‑1-Profis. Die Formel‑3-Autos gleichen den Formel‑1-Boliden optisch, sind aber deutlich langsamer: Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei etwa 260 Kilometern pro Stunde.

Benzin im Blut: Schon Urgrossvater Kurt war Rennfahrer

Auch wenn Michael Sauter in dieser Saison zum ersten Mal in einem Profiteam fahren konnte – der Rennsport bleibt bei den Sauters eine Familienangelegenheit. Wenn möglich begleiteten Michael neben Mutter Miyuki auch sein Grossvater, sein Vater und seine Schwester an die Rennen. «Und natürlich ist auch meine Familie in Japan an die Rennstrecken gekommen», sagt Miyuki Sauter.

Der Rennsport liegt den Sauters im Blut: Schon Urgrossvater Kurt Sauter war Rennfahrer. Ende der 1940er-Jahre konzipierte er in seiner Werkstatt in Basel seinen ersten eigenen Sportwagen. Weil der Motorsport jedoch gefährlich war, hängte Kurt Sauter 1953 seine Rennkarriere an den Nagel und konzentrierte sich voll auf den Bau von Rennautos der Marke «Sauter Spezial». 1962 zog Kurt Sauter mit seiner Werkstatt nach Gempen. 1965 ging der letzte Rennwagen in Produk­tion. Noch immer sind Sauters mit zwei Firmen in Gempen ansässig.

«Was ist schon fair?»

Wie es für Michael Sauter nach seinem Sieg in Japan weitergeht, ist unklar. Noch einmal in dieser Kategorie starten darf er nach seinem Sieg nicht mehr. Auch die Kosten sind ein Hindernis: Die Summen im Motorsport steigen schon in den unteren Klassen schnell auf einen fünf- bis sechsstelligen Betrag. Diese Klassen können Fahrer deshalb oft nur erreichen, wenn sie eine Werksunterstützung von einem Rennstall wie Honda oder Toyota erhalten. Mit den Rennanfor­derungen steigen auch die finanziellen Verpflichtungen: Für eine Saison in der Formula Regional in Europa müssten Teilnehmende etwa 500000 Franken auf den Tisch legen. Der Schritt in die FIA Formel‑3-Klasse wäre noch teurer: Hier zahlen Rennfahrer rund eine Million Franken, um zu starten.

Obwohl sich Michael Sauter in Japan nun einen Namen gemacht hat, wird der Einstieg in die höheren Klassen für ihn auch aus finanziellen Gründen nicht leicht. Das klingt für Aussenstehende unfair. Sauter entgegnet gelassen: «Was ist schon fair? Es ist halt so.»

Derzeit baut der Gempner sein Netzwerk auch in anderen Kategorien aus, wie etwa der Gran-Turismo-Klasse. Wenn Geld keine Rolle spielen würde, wäre sein Favorit aber klar: die Formel 1.

Beruflich geht der 20‑Jährige denselben Weg wie schon sein Vater und Grossvater vor ihm. Derzeit macht er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker in Kaiserslautern. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass Michael Sauter dereinst die Gempner Carrosserie-Werkstatt von Grossvater Roland übernimmt. Aber zuerst will er sich jetzt um sein nächstes Cockpit ­kümmern.

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