Ein Bildrätsel wird entschlüsselt

Das Kunsthistorische Seminar der Universität Basel hat zum Historienbild «Die (neuen) Grafen von Thierstein» des Malers Albert Landerer eine sehenswerte Dokumentation erarbeitet.

Albert Landerer: «Die neuen Grafen von Thierstein» von 1861.  Foto: ZVG
Albert Landerer: «Die neuen Grafen von Thierstein» von 1861. Foto: ZVG

Thomas Brunnschweiler

Als Walter Tschopp-Buxtorf aus Dornach Hans Voegtli, dem Präsidenten der Stiftung Heimatmuseum Schwarzbubenland, das grossformatige Historiengemälde vorlegte, war dieser zunächst skeptisch, ob das Objekt in das Museum passe. Zu wuchtig schien es und vom Sujet her eher etwas verstaubt. Als Voegtli aber realisierte, dass neben dem Bild noch der Briefwechsel zwischen Auftraggeber und Maler sowie weitere Dokumente existieren, wurde er hellhörig und übergab die Schriften Martin Gaier, Privatdozent am Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Basel. Dieser machte sich in einem Seminar mit Studierenden auf Spurensuche und förderte Erstaunliches zutage.

Der Zeitvertreib der Reichen

Die vorläufigen Resultate wurden am 27. Juni im Museum einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Sie lieferten eher einen soziokulturellen Einblick ins 19. Jahrhundert als ins Jahr 1376, die Zeit, als die Grafen von Thierstein nach der Schlacht von Schwadernau auf der Höhe ihrer Macht standen. Das scheinbar zeitlich weit abgerückte Bildthema entpuppt sich nämlich bei genauerer Betrachtung als Träger einer zeitgenössischen Aussage mit biografischen, soziologischen und politischen Aspekten.

 Auftraggeber des in Paris entstandenen Ölgemäldes war der Basler Seidenbandfabrikant Eduard Bischoff. Er erwarb mit seinem Bruder Alfred, seinem Vetter Gustav und seinem Geschäftspartner August Debary im Jahre 1857 für 600 Franken von der Gemeinde Büsserach die Ruine Neu-Thierstein. Solcher Burgerwerb war damals unter wohlhabenden Baslern fast eine Modeerscheinung. Die reichen Junggesellen verstanden sich als neofeudaler Männerbund und sprachen sich als «Graf» an. Es war eine kleine Flucht aus dem nüchternen Arbeitsalltag und eine romantische Rückbesinnung auf mittelalterliche Werte: Kampf, Minnedienst und geselliges Trinken. Zudem konnte man sich nach dem Verlust der Landschaft wieder ein bisschen als Junker über den Niederungen der ländlichen Bevölkerung fühlen. Es war nämlich eine Zeit, in der Basel an Bedeutungsverlust zu leiden begann.

Seitenhieb gegen Katholiken


Dieser «Grafenbund» von steinreichen Fabrikanten sollte im Bild festgehalten werden. Landerer vollendete das Gemälde im Jahre 1861 und verewigte darauf die vier «neuen Grafen von Thierstein». Im Zentrum ist natürlich der Spiritus rector, Eduard Bischoff, im gelben Rock und hoch zu Ross zu erkennen. Auf der linken Seite wird der Bischof von Basel, Johannes von Vienne, vom Hofnarren verspottet; dies ein antiklerikaler Seitenhieb gegen die Katholiken und die Kunstpietisten im reformierten Basel. Landerer traf damals den reformierten Geschmack mehr als sein Gegenspieler Ernst Stückelberg, der als Sinnbild des katholischen Basel galt. 

Das Bild kostete übrigens 4000 Franken, was einem Fünftel der gesamten Renovationskosten der Burg entsprach. Durch die akribischen Recherchen der Studentinnen von Martin Gaier beginnt das Bild zu sprechen. Und noch sind lange nicht alle Fäden bis zum Ende weitergesponnen. Für eine umfangreichere Publikation, die sich als exemplarische Arbeit über die Zeit der Seidenbandindustrie lohnen würde, sind noch Sponsoren gesucht.


Heimatmuseum Schwarzbubenland, Hauptstrasse 24, Dornach (Alte Dorfkirche), Öffnungszeiten jeweils am Sonntag von 15 bis 17 Uhr.

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