«Dornach hat das Potenzial, seine Attraktivität auszubauen»
Das budgetierte Millionendefizit der Gemeinde schlägt Wellen. Ein besserer Haushalt wäre möglich gewesen, behauptete alt Gemeindepräsident Kurt Henzi (FDP) vergangene Woche. Jetzt äussert sich sein Nachfolger Christian Schlatter (FWD).

Lukas Hausendorf
Wochenblatt: Herr Schlatter, im Juni übernahmen Sie die Amtsgeschäfte, ein halbes Jahr später traten Sie mit einem Millionendefizit im Budget vor die Gemeindeversammlung, infolgedessen der erfahrene Gemeinderat Lorenz Altenbach (FDP) sein Amt quasi aus Protest niederlegte. Wie kam es dazu?
Christian Schlatter: Auch wenn das Budget das einzige Geschäft wäre, das ein Gemeindepräsident zu betreuen hätte, wären wohl keine wesentlich anderen Zahlen präsentiert worden. Kosten und Erträge sind in den allermeisten Bereichen Entwicklungen unterworfen, die sich nicht von heute auf morgen sprunghaft verändern. So sind in verschiedenen Bereichen, die der Kanton vorgibt, wie etwa dem Sozialwesen oder der Bildung, die Kosten seit Jahren steigend. Sehr gewundert habe ich mich allerdings darüber, dass keine Finanzplanung geführt wurde. Ausser einer Zusammenstellung der grössten Tiefbauprojekte war nichts greifbar. Weshalb man trotz guter Finanzen auf eine wenigstens grobe Planung verzichtet hat, verstehe ich nicht. Da tragen halt dann Kürzungen beim Gebäudeunterhalt oder die Streichung von Beiträgen auch nur bedingt zur Entlastung des Budgets bei.
Keine andere Solothurner Gemeinde weist im Budget für das laufende Jahr derart schlechte Zahlen aus, wie lässt sich dieser Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen? Eine umfassende Aufgabenüberprüfung kündigten Sie ja bereits an der Gemeindeversammlung im Dezember an.
Christian Schlatter: Der Vergleich mit andern Solothurner Gemeinden muss auch den Steuerfuss berücksichtigen: Dornach gehört zu den zehn steuergünstigsten Gemeinden des Kantons. Wenn wir uns zudem im regionalen Vergleich betrachten, stehen wir mit unseren strapazierten Finanzen und gegenüber unseren Baselbieter Nachbargemeinden plötzlich nicht mehr ganz so alleine da. Trotz der massiven Steuersenkungen in den letzten zehn Jahren um 15% konnte Dornach ein beträchtliches Eigenkapital aufbauen. In Anbetracht der kommenden Aufgaben, die sich bereits seit längerem abzeichneten – Stichwort kantonale Pensionskasse – wäre etwas Voraussicht sicherlich nicht fehl am Platz gewesen. Zudem hätte man anstelle der Häufung des Eigenkapitals durchaus auch einmal etwas auf der Investitionsseite unternehmen dürfen.
Das Mantra Ihres Vorgängers Kurt Henzi war stets, das Wünschbare vom Notwendigen zu trennen. Worauf könnte Dornach denn verzichten?
Christian Schlatter: Es ist nicht schwierig, auf Beiträge an Organisationen ausserhalb Dornachs zu verzichten, den Tannenbaum bei der Primarschule und die halbe Kreiselbepflanzung zu streichen oder Investitionsprojekte in die Zukunft zu verschieben. Schwierig wirds, wenn wir uns die Frage stellen, ob wir ein Hallenbad brauchen, ob wir den Salzeinsatz im Winterdienst auf Gemeindestrassen künftig unterlassen sollen, ob wir verkehrsberuhigende Massnahmen streichen wollen oder ob wir Stützunterricht für leistungsschwache Schülerinnen und Schüler streichen sollen. Nicht das Streichen an sich ist schwierig, sondern das Abschätzen, welche Konsequenzen uns daraus blühen oder ob wir damit gar längerfristig und für unsere kommenden Generationen Mehrkosten verursachen. Wir kommen nicht drum rum, uns all diese Fragen zu stellen. Nur braucht die Beschaffung der nötigen Informationen einfach seine Zeit.
Neben Konsolidierung des Gemeindehaushalts, die unumgänglich scheint, ist ja auch die Frage, wie einnahmeseitig eine positive Entwicklung erzielt werden kann. Steuererhöhungen sind unpopulär und um das aktuelle Ungleichgewicht ins Lot zu bringen, wäre eine Anhebung des Steuerfusses um ein oder zwei Prozentpunkte höchstens Kosmetik. Wie kann Dornach sonst noch, auch finanziell, wachsen?
Christian Schlatter: Dornach hat das Potenzial, seine Attraktivität auszubauen. Dazu gehört nicht nur die schöne Lage, der nach wie vor attraktive Steuerfuss, sondern auch die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Über Initiativen im Umweltbereich die Lebensqualität zu verbessern, über die Schaffung von Angeboten für Familien die entsprechenden Bevölkerungsschichten zu unterstützen oder über wegweisende Entwicklungsprojekte eine neue Dynamik zu generieren, die die Attraktivität des Standorts fördert. Dazu braucht es neue Wohnformen, neue Lebensmodelle. Die Förderung von luxuriösem Wohnraum für gut situierte Einzelpersonen ist als alleinige Stossrichtung von mir aus gesehen unbrauchbar, in Ergänzung und im Gleichgewicht mit weiteren Massnahmen aber ein wichtiger Bestandteil unserer zukünftigen Ausrichtung.
Nach einem halben Jahr im Amt, steht bereits Ihre Wiederwahl vor der Tür – just in einer Zeit, in der Sie auch viel Kritik aus dem bürgerlichen Lager einstecken mussten. Wollen Sie das Amt weitere vier Jahre ausüben?
Christian Schlatter: Natürlich stellt sich die Frage, ob man sich das weiterhin antun soll, wenn man so in die Pfanne gehauen wird. Für Fehler angeprangert zu werden, die in der kurzen Zeit schwierig oder gar unmöglich zu begehen sind, ist nicht einfach. Aber ehrlich gesagt: Erst jetzt fängt es doch so richtig an, spannend zu werden. Zwar sind es grosse Herausforderungen, die im Raum stehen, aber Dornach kann diese meistern und sich entwickeln. Es geht weiter, und zwar jetzt erst recht.