Wahrzeichen muss weichen

Wo über 200 Jahre auf dem Rittiplatz eingangs der Ermitage in Arlesheim eine Platane und eine Rosskastanie rauschten, ist jetzt eine Baustelle – die Bäume sind weg.

Ungewohntes Bild: Auf dem Karussellplatz stehen Kran, Bagger und Gerüst statt Platane und Rosskastanie.  Foto: Axel Mannigel
Ungewohntes Bild: Auf dem Karussellplatz stehen Kran, Bagger und Gerüst statt Platane und Rosskastanie. Foto: Axel Mannigel

Den Besuchenden der Ermitage wird die Baustelle nicht verborgen geblieben sein. Vor allem nicht, seit der Weg unterhalb des Ritti- oder Karussellplatzes aufgrund der Bauarbeiten gesperrt ist. Was aber vielleicht auf den ersten Blick weniger ins Auge fällt, ist, dass im Bild trotz Gerüst, Kran und Bagger etwas fehlt: zwei Bäume, die auf dem Platz standen, eine Platane und eine Rosskastanie. Die Platane war der ältere der beiden Bäume und stand als eine Art Wahrzeichen dort über 200 Jahre. «Die Stiftung Ermitage ist sich sehr bewusst, dass Bäume zu den wertvollsten Bestandteilen der Ermitage zählen, und wenn ein Baum gefällt werden muss, überlegen wir uns ganz genau, ob das nötig ist oder nicht», erklärt Kalle Zeller, Präsident des Stiftungsrates. Notwendig sei es geworden, weil die Mauer des Rittiplatzes einzustürzen drohte. «Wir haben die Mauer über Jahre hinweg beobachtet und jetzt mussten wir reagieren», erklärt Zeller. Neben dem bestehenden Baumkonzept habe der Stiftungsrat zwei Baumgutachten von Fachleuten eingeholt, bevor entschlossen wurde, die Bäume letzte Woche zu fällen.


Zweifel und Alternativen
Vanja Hug, die als Historikerin über die Ermitage promoviert hat, bezweifelt, dass es wirklich notwendig war, die beiden Bäume zu fällen: «Mir ist ganz klar, dass die Stiftung seit 20 Jahren immer wieder Argumente vorbringt, die gegen aussen logisch erscheinen, um ihre Massnahmen zu rechtfertigen.» Gleichzeitig sei es immer fraglich, ob das Behauptete den Tatsachen entspreche. Hug ist überzeugt, dass der Fall zu wenig von «wirklichen unabhängigen Experten» untersucht worden sei, respektive, dass solche zur Abklärung herangezogen worden wären. «Mit 99-prozentiger Sicherheit wären Alternativen zur Fällung möglich gewesen, vor allem, da die Fällung der Platane höchstwahrscheinlich illegal war», sagt die Historikerin. Sie behalte sich vor, diesen Aspekt noch weiter abzuklären, weil der Baum «ja nicht irgendein Baum» gewesen sei, sondern ein 200 Jahre altes Baumdenkmal, das «integral zum historischen Landschaftsgarten» dazu gehört habe. Aus ihrer Sicht hätte die Fällung noch fundierter abgeklärt werden müssen.


Baum war krank
Der Stiftungsratspräsident hält dagegen: «Durch die beiden Gutachten und das Aufschneiden wurde ganz klar, dass die Platane oben offen und somit verletzt und krank war. Das ist immer so, wenn es oben hineinregnet, dann wird der Baum faul und geht langsam kaputt.» Ausserdem hätten die Wurzeln bei der Sanierung der Mauer be- und weggeschnitten werden müssen, auch das hätte dem Baum nachhaltig geschadet. Anstelle der beiden Bäume seien nach Abschluss der Arbeiten, voraussichtlich im Frühling im nächsten Jahr, zwei Ersatzbepflanzungen geplant. Und mit den Vorwürfen von Vanja Hug konfrontiert ergänzt Zeller: «Ich würde mich sehr freuen, wenn Frau Hug sich einmal direkt an die Stiftung wenden und mit uns über mögliche Alternativen sprechen würde.» Sie habe das Gespräch nicht gesucht, und das, laut Zeller, in den letzten fünf Jahren nicht, in denen er Stiftungsratspräsident sei. «Wenn ich etwas genau wissen oder ändern will, muss ich mich an den Eigentümer wenden.» Jedenfalls wird es eine ganze Weile dauern, bis auf dem Rittiplatz die Bäume wieder rauschen. Wer weiss, wie die Ermitage in 200 Jahren aussehen wird.

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