Von unbezahlbarer Liebe
Mit Gaetano Donizettis «Don Pasquale» bringt das Neue Theater am Bahnhof erneut eine Oper als Eigenproduk-tion auf die Bühne. Die Inszenierung durch Georg Darvas ist hervorragend geglückt.
Thomas Brunnschweiler
Ältere reiche Männer heiraten junge hübsche Frauen: ein Thema so aktuell wie zeitlos. Das Libretto von «Don Pasquale» geht auf den altbekannten Stoff des ungleichen Paares zurück – seit der Renaissance ein Gemeinplatz in Kunst und Literatur. In der 1843 uraufgeführten Oper Donizettis will der reiche, geizige Junggeselle Don Pasquale sich verheiraten. Den schmarotzenden Neffen Ernesto jedoch, der die mittellose Norina liebt, möchte er loswerden. Der Arzt Malatesta gibt vor, Don Pasquale seine Schwester «Sofronia» – die in Wirklichkeit Norina ist – zur Frau zu geben. Nach einer Scheinheirat soll Norina dem alten Hagestolz das Leben zur Hölle machen.
Don Pasquale fällt auf den Schwindel herein. Der Diener Carlotto gibt sich als Notar aus und vermählt die beiden zum Schein. Gleich danach macht Norina ihren Gemahl zum Affen. Der Diener bringt im dritten Akt Unmengen Luxus- und Modeartikel herein. Don Pasquale sieht sich mit hohen Rechnungen konfrontiert und damit, dass seine «Angetraute» allein ins Theater gehen will. Nachdem Don Pasquale seine «Sofronia» wieder loswerden will, gibt er seinem Neffen grünes Licht zur Heirat mit Norina. Erst jetzt merkt Don Pasquale, dass er geprellt worden ist. Resigniert stellt er fest: «Als alter Mann heirate man junge Frauen nicht.»
Witzig und glaubwürdig
Gaetano Donizettis Musik wird vom Ad-hoc-Orchestra Donizetti unter der kundigen Leitung von Bruno Leuschner in einem schlanken Arrangement zum Klingen gebracht. Die Musiker befinden sich unterhalb der Dachkammer Ernestos wie unter einem Baldachin. Nie trivialisiert Donizettis Musik die Gefühle der Figuren, die im Gegensatz zur Commedia dell’Arte schon stark individualisiert sind. Die Partitur ist voller Überraschungen und oft kippt die Musik plötzlich in eine andere Stimmung.
Daniel Reumiller (Bass, Don Pasquale), Jardena Flückiger (Koloratur-Sopran, Norina), Robert Koller (Bariton, Malatesta) und Michael Nowak (Tenor, Ernesto) singen hervorragend und harmonieren optimal. Besonders Jardena Flückiger vermag mit ihrer geschmeidigen Stimme und ihrem Bühnentalent zu gefallen. Auch Peter Koller als Carlotto und Notar meistert seinen kurzen Part bestens. Wenn Don Pasquale sich im zweiten Akt einen Schnurrbart aufmalt, verwandelt er sich in einen Doppelgänger von Groucho Marx. Jetzt wird die Einspielung eines Marx-Brother-Films am Anfang klar. Solche Kulturzitate und andere Bühneneinfälle beleben die längeren Rezitativpassagen.
Georg Darvas ist eine intime Donizetti-Aufführung gelungen, die glaubwürdig, witzig und musikalisch von hohem Niveau ist und nie ins Klamaukhafte abgleitet.
Premiere: Donnerstag, 1. November, 20 Uhr; anschliessend 2. und 3. November, 20 Uhr. Weitere Vorstellungen siehe Agenda.