Vom «Unsportlichen» zum Ruder-Meister
Der Arlesheimer Nicolas Bertossa ist mit Kollegen vom Ruder-Club Basel Schweizer Meister im Elite-Leichtgewicht-Vierer geworden.
Der junge Mann mit den zwei Hunden an der Leine sieht nicht unbedingt nach Spitzenruderer aus. Aber er ist bereits Schweizer Meister: Nicolas Bertossa. Er ruderte im Elite-Leichtgewicht-Vierer zur Goldmedaille. «Innert sechs Minuten zwei Kilometer geradeaus», beschreibt er trocken. Er holt sein Mobiltelefon hervor und zeigt einen anderen Sieg in einem Achter-Boot. Dazu beschreibt er, wie sich die Crew gegenseitig zu noch mehr Leistung motiviert und der Takt angegeben wird, führt die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ruderern auf und zeigt, wo wer idealerweise platziert wird.
Der Weg ins schnelle Carbon-Boot
Sportbegeistert war Bertossa nicht von Anfang an: «Ich war unsportlich», gibt er lachend zu. Seine Eltern, die selbst Segler sind, wollten jedoch, dass auch Nicolas irgendeinen Sport mache. Und weil die Familie viel Zeit am Meer verbrachte, entschied er, etwas am oder im Wasser zu machen. Die Wahl der Sportart war dann auch etwas Zufall: Der Sportchef des Basler Ruder-Clubs absolvierte bei Bertossas Vater im Büro ein Volontariat. So kam Rudern ins Spiel, und gleichzeitig stand ein Anfängerkurs offen, zu dem sich Bertossa anmeldete.
Als er 13 war, wurde Bertossa gefragt, ob er Lust habe, Regatten, sprich Rennen, zu fahren. So kamen er und andere Altersgenossen in die schnellen Carbon-Boote. Die Trainings wurden schnell gesteigert und finden heute bis zu achtmal pro Woche (mit Doppeleinheiten) statt. Neben dem Vierer und dem Achter fährt der 17-Jährige auch in einem Zweierboot mit einem älteren «Profi» mit. «Auf einmal durfte ich gegen Männer mit Bart und Glatze rudern», schmunzelt er. Vor seinen Vorbildern hat Bertossa grossen Respekt. «Es war als Anfänger immer ein Traum, mit den Profis zu rudern.» Und der Aufwand lohnt sich: So wurde der Arlesheimer mit dem Achter 2020 U19-Vizemeister, im Jahr darauf mit dem Vierer U19-Meister.
Auf die Frage, wieso er nicht Profi werden wolle, antwortet der Schüler mit einer kleinen Geschichte: «Ein Ruderer wurde von Maserati gesponsert und erhielt ein Auto. Er musste es wieder zurückgeben, weil er kein Geld für das Benzin hatte.»
Schule – Rudern – Pfadi
Bertossa bleibt lieber beim Ruder-Club. «Das ist toller», meint er und beginnt Geschichten über den Zusammenhalt im Club zu erzählen. Daher ist es auch nicht übertrieben, wenn er seine Ruderkolleginnen und -kollegen als zweite Familie bezeichnet. «Selbstverständlich möchte ich meine Freunde rundherum behalten», fügt er an. Diese sind beispielsweise mit ihm in der Pfadi. «Sie müssen oft hinter dem Rudern anstehen», bedauert er. Aber seine Freunde würden es verstehen, da er sich immer wieder Mühe gebe, sie zu sehen. Die Prioritäten bleiben klar: Schule – er besucht das Gymnasium Münchenstein mit Richtung Wirtschaft und Recht –, Rudern und Pfadi.
Das Rudertraining findet meist abends und – im Winter – im Trockenen statt. Ausser am Wochenende, da geht es auch raus. «Da fühlen wir uns hart und cool, da andere Sportarten eine Winterpause einlegen», sagt Bertossa lachend. Und er ergänzt: «Fällt ein Sportler während des Trainings ins Wasser, muss er sofort raus, duschen, neue Kleider anziehen und an der Maschine arbeiten – und dann die Sprüche der anderen ertragen.»
Bevor Nicolas Bertossa die nächsten Ruderwettkämpfe in Angriff nimmt, geht es aber zuerst ins Pfadilager.