Meister mystischer Formen
Unter dem Titel «Die Zeit hat ihre Form» sind in der Trotte derzeit Skulpturen und Bilder von Folke Truedsson zu sehen. Die von seiner Tochter Britta Baumann betreute Schau ist für Kunstfreunde ein Muss.
Am letzten Freitag fand in der Trotte die Vernissage von «Die Zeit hat ihre Form» statt. Unweigerlich fühlt man sich beim Betreten der Trotte an Henry Moore, Brancusi, aber auch an den Arlesheimer Albert Schilling erinnert. Mit Letzterem verbanden Folke Truedsson die geistige Tiefe seiner Werke und der Zug zur Mystik. «Wenn man sich nach innen richtet, meldet sich eine für mich nicht erklärbare Wirklichkeit, die ich nie verdrängen konnte», schrieb Truedsson, «ich erlebe sie als Mystik, als dynamische Kraft …» Diese Sätze könnten ebenso gut von Schilling stammen.
Die meist kleinen Skulpturen aus roher und geschliffener Bronze, aus schwarzem belgischem Marmor und anderen Materialien bestechen durch Anmut, formale Perfektion und räumliche Präsenz. Britta Baumann, die Tochter des 1989 verstorbenen Künstlers, führt mit Sachverstand und Herzblut durch die Ausstellung eines Mannes, den man leider in unserer Region zu wenig kennt. Dabei lebte der 1913 in Kristianstad, (Südschweden) geborene Künstler seit 1982 endgültig in der Schweiz, wohin er wegen der bekannten Giessereien in Mendrisio schon oft gekommen war. Truedssons Haus samt Atelier in Rö-schenz, wo der künstlerische Nachlass von seiner Tochter und seiner Enkelin betreut wird, dient heute auch Kursen, kulturellen Veranstaltungen und Festen. Truedsson, der auch die Steinmetze Norditaliens schätzte, war ein Kosmopolit und fand in Röschenz seinen Mittelpunkt zwischen Schweden und dem Süden.
Vom Kristallinen zum Organischen
Folke Truedsson studierte an der Kunstakademie in Stockholm, machte aber seine Skulpturen erst 1957 der Öffentlichkeit zugänglich. Im Gegensatz zu seinen frühen naturalistischen Arbeiten zeichneten sich jetzt seine Werke durch abstrakte vertikale und horizontale Formen aus, die teilweise kristallinen Strukturen ähneln. Mit der Gestaltung einer 100 Quadratmeter grossen Wand im «Radiohuset Stockholm» erlebte Truedsson seinen Durchbruch. Der Künstler brachte die abstrakte Skulptur mit einigen anderen Bildhauern in Schweden auf europäisches Niveau. Er prägte die schwedische Kunstszene während Jahrzehnten, vor allem durch monumentale Skulpturen im öffentlichen Raum. Auch in Aesch und Pfeffingen sind Werke von ihm zu sehen.
In Röschenz erreichte Truedssons Schaffen eine neue Dimension. Seine Skulpturen wurden weicher, runder und schwereloser. Die Ausstellung in der Trotte zeigt neben Skulpturen auch Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafik. All jene, welche den Arbeitsaufwand und die Komplexität der Produktionsschritte bei solch anspruchsvollen Skulpturen kennen, werden die Möglichkeit schätzen, die Werke eines namhaften Künstlers zu erschwinglichen Preisen erwerben zu können. Das Buch der schwedischen Kunstexpertin Mailis Stensman gibt einen vertieften Einblick in Leben und Werk dieses aussergewöhnlichen Künstlers.