Kleinkunst, ganz gross

Im Theater auf dem Lande findet die freie Theater-szene eine Bühne. Der 200 Mitglieder zählende Verein wird seit Jahren von Guido Wyss präsidiert.

Freut sich auf jede Vorstellung: Guido Wyss, Theaterliebhaber und Präsident des Vereins Theater auf dem Lande.  Foto: Tanja Bangerter
Freut sich auf jede Vorstellung: Guido Wyss, Theaterliebhaber und Präsident des Vereins Theater auf dem Lande. Foto: Tanja Bangerter

Tanja Bangerter

Himmelhoch jauchzend und doch nie betrübt, humorvoll und bitterbös – das Theater auf dem Lande holt auch in dieser Saison altbekannte und neue Gesichter aus der freien Schweizer Theaterszene nach Arlesheim. Seit fast 35 Jahren gibt das Pioniertheater Kleinkünstlern Raum für virtuoses Erzähltheater, szenisches Lesungen und schräge Kabaretts. Der Verein aus lauter Freiwilligen hat sich bei Szenegängern längst etabliert als einer der wenigen Spielstätten für kleinere Produktionen in der Region.

Mittlerweile hat sich jedoch auch im Birseck einiges getan. «Die Bühnen für Kleinkunst sind im steten Wandel», sagt Präsident Guido Wyss. Während die ehemalig florierende Kleinkunstszene in der Kaserne Basel der Musik wich, die Muttenzer Mittenza keine Bühne mehr bietet, ist in Reinach das Jazz Weekend geblieben und in Dornach mit dem NTaB ein neues Theater entstanden, das in Arlesheim bis Ende Saison seinen Zwischenhalt einlegt. Als Konkurrenz sieht der engagierte Theaterliebhaber die Entwicklungen nicht – eher als Bereicherung. Denn in einem Punkt ist er sich sicher: «Produzierende gibt es viele – Veranstalter, die freie Künstler mit gesicherter Gage unter Vertrag nehmen, wenige», betont Wyss. Dass er bereits als Lehrer für die Bühne brannte, ist ihm beim Gespräch mitten im Arlesheimer Dorfkern anzumerken. Im Rampenlicht steht jedoch weder er noch seine Vereinsmitglieder gerne.

Tiefgänge und Höhenflüge
Das war allerdings nicht immer so, betont Wyss und schmunzelt. Er spricht gewählt, ruhig- dann ein schelmisches Lächeln: «Wir haben uns vor mehr als dreissig Jahren an eigenen Produktionen versucht», sagt er. Damals waren sie zu fünft. Und wollten den Umstand, dass Kleinkünstler in der Region weder auf eine Spielstätte noch eine gesicherte Gage zurückgreifen konnten, ändern. Auf Höhenflüge folgten Tiefgänge – bei einer Freilicht-Oper hatte man sich verspekuliert und musste die Schulden jahrelang mittragen. «Danach sind wir vorsichtiger geworden», erinnert sich Wyss.

Und professioneller. Jeder der neun Vorstandsmitglieder deckt einen Bereich ab. Die meisten seien berufstätig und gerade an Vorstellungstagen rund um die Uhr beschäftigt. Dank Beiträgen aus Staat, Gemeinde und Mitgliedern sei der Verein finanziell gut abgesichert. Die zehn jährlichen Veranstaltungen seien meist gut besucht, einige sogar zu gut. «Wir kommen so etwa dreimal im Jahr in der Trotte an unsere Grenzen», sagt Wyss.

Im Dorf bleiben
Im Dorf wolle das Theater auf dem Lande jedoch unbedingt bleiben. «Der direkte Kontakt zum Publikum macht uns zu dem, was wir sind», sagt Wyss und kommt ob den intensiven Gesprächen nach den Auftritten ins Schwärmen. «Keiner der Schauspieler verschwindet danach hinter der Bühne.» Der Charme, den auch die einmal im Jahr auf dem Andlauer Hofgut stattfindenden Wochenenden haben, werde auch seitens der Künstler geschätzt. Einige von ihnen seien schon zurückgekehrt oder würden sogar über 15 Jahre lang immer wieder gebucht. Michael von der Heide sei in seinen Anfängen bereits in der Trotte aufgetreten, bevorzuge jedoch nach eigener Aussage heute ein grösseres Publikum. Schriftsteller und Kolumnist Pedro Lenz ist mit seinen packenden Lesungen dafür schon fast Stammgast. «Ich kann von seiner Kunst einige Wochen lang leben», betont Wyss begeistert. Ihn und seine Vereinskollegen begeistere Grosses wie Kleines, Perfektes und Improvisiertes – überzeugen müsse es einfach. «Uns ist eine gute Regie wichtig.» Pure Neulinge hätten sie selten.

«Unser Publikum ist im Schnitt über 50», sagt Wyss. Mit allzu provokantem – wie vor einigen Jahren mit einem Jugendtheater – seien die Programmmacher auf Gegenwind gestossen. «Unser Theater ist nach wie vor eine gute Adresse.» Die Verträge mit dem Staat laufen noch und mit kleineren logistischen Änderungen werde vieles in Zukunft leichter. Es müsse sich nur noch Nachwuchs finden lassen, der Verantwortung tragen wolle, sagt Wyss zum Schluss des Gesprächs etwas nachdenklich.

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