«Ich hoffe, ich komme nie in den Bequemlichkeitsmodus»

Katrin Bartels leitet seit sechs Monaten die Gemeindeverwaltung. Bei einem öffentlichen Spaziergang fühlt sie dem Dorf den Puls. Im Gespräch mit dem Wochenblatt erzählt sie anschliessend, warum die Arbeit auf der Verwaltung alles andere als verstaubt ist.

Hat ein offenes Ohr für die Bevölkerung: Gemeindeverwalterin Katrin Bartels. Foto: Fabia Maieroni
Hat ein offenes Ohr für die Bevölkerung: Gemeindeverwalterin Katrin Bartels. Foto: Fabia Maieroni

Katrin Bartels kommt gut gelaunt aus der Gemeindeverwaltung am Domplatz – in der einen Hand hält sie ein angebissenes Sandwich, in der anderen einen Rucksack, den sie sich sogleich auf den Rücken schwingt. Sieben Interessierte sind dem Aufruf der Gemeindeverwalterin gefolgt, an diesem sonnigen Freitagmittag einen Spaziergang durchs Dorf zu machen, «um sich kennen zu lernen», wie Bartels zur Begrüssung sagt. Es ist ein Angebot, das es nun jeweils am letzten Freitag des Monats geben soll. Das kommt bei den Anwesenden sehr gut an. Sie sind hier, weil sie Katrin Bartels kennen lernen möchten – aber auch, weil sie aktuelle Probleme ansprechen möchten. Es ist daher wenig überraschend, dass das Stichwort «Ortskernplanung» bereits in der Vorstellungsrunde fällt.

Gemeinsam macht sich die Gruppe auf zum «Froschkönig»-Brunnen. Hier habe es seit Monaten kein Wasser mehr. «Es ist doch so schade, so findet man ja nie ­einen Prinzen», witzelt eine Einwohnerin. Bartels nimmt den Hinweis auf und verspricht, sich darum zu kümmern. Die Gruppe spaziert weiter, der Weg führt in die Ermitage, während ein ungezwungener Austausch über Dorfgeschichte, Gemeindepolitik und persönliche Anekdoten entsteht. Auf dem Rückweg kommen wir an verschiedenen alten Häusern im Dorfkern vorbei. Es sei unmöglich, dass die Gemeinde die Ortskernplanung ohne das Einverständnis der Hausbesitzerinnen und -besitzer aufgegleist habe, findet eine Teilnehmerin: «Schauen Sie mal diese schönen Gebäude an, keines ist in einem schlechten Zustand.» Bartels nimmt auch diese Kritik auf und erklärt, der Dialog zwischen Gemeinde und Anwohnenden sei wichtig. Die Runde stimmt zu.

Nach einer Stunde sind wir zurück am Domplatz. «Das war ein gelungener Auftakt», findet Bartels, als sie mich zum anschliessenden Interview in ihr helles, mit vielen Pflanzen geschmücktes Büro lädt. Schnell sind wir auch hier wieder bei der Dorfkernplanung: «Alle wollen nur das Beste für die Häuser. Ich kann verstehen, dass viele erst jetzt aufgewacht sind. Allerdings haben die vorbereitenden Arbeiten viele Häuser umfasst und ein Gespräch mit jedem einzelnen wäre im Vorfeld nicht möglich gewesen.» Zudem habe die Ortskernkommission die teils viel umfassenderen Vorschläge aus kunsthistorischer Sicht bereits abgemildert. «Der Dialog findet ja durch die Mitwirkungsverfahren statt. Ausserdem: Einen Quartierplan gibt es jetzt schon, Veränderungen an den Häusern sind also auch heute nicht so einfach», erklärt Bartels.

«Reparatur am fahrenden Zug»

Ursprünglich hat Katrin Bartels Archäologie studiert und mit einer Dissertation abgeschlossen. Danach folgte je ein Masterabschluss in Betriebswirtschaft und Marketing sowie in Verwaltungsrecht. Bevor die 51-Jährige die Nachfolge des pensionierten Thomas Rudin auf der Gemeindeverwaltung antrat, war Bartels Leiterin «Familien, Integration und Dienste» sowie stellvertretende Generalsekretärin bei der Sicherheitsdirektion, der Regierungsrätin Kathrin Schweizer vorsteht.

Der Wechsel von Kantons- auf Gemeindeebene sei ihr nicht schwergefallen, «obwohl beim Kanton mehr Ressourcen zur Verfügung stehen als auf einer Gemeinde.» Funktioniere etwas nicht, so stünde im Prinzip «die Reparatur am fahrenden Zug an», veranschaulicht Bar­tels. «Wir müssen uns auch fragen, was der bessere Weg ist – ein enorm hohes Tempo oder gründliche Arbeit? Momentan bin ich noch auf der Suche danach, wo wir uns einmitten.» Einige Justie­rungen hat die Verwalterin schon vorgenommen: Eine Umfrage im vergangenen Jahr hatte gezeigt, dass sich Mitarbeitende der Gemeinde mehr Klarheit in Bezug auf ihre Aufgaben und Kompetenzen wünschten. Die Ressourcen seien ausserdem knapp. Es sei deshalb wichtig, dass Ablageprozesse überprüft würden und die Digitalisierung weiter vorangetrieben würde – das hat Bartels in die Hand genommen. «Die in Workshops definierten Ziele werden uns in den nächsten Jahren begleiten.»

Die Verwalterin rechnet damit, dass die Veränderungen in etwa zwei Jahren ein Zwischenziel erreichen. Und dann? «Dann geht es weiter mit den anderen anfallenden Arbeiten. Ich hoffe, ich komme nie in den Bequemlichkeitsmodus», sagt Bartels und lacht.

Gesetz ist «wie ein Kleid»

Die Führung der 98 Gemeindeangestellten macht Bartels grossen Spass. Eine Verwaltung sei alles andere als verstaubt und die Arbeit sei sehr kreativ, sagt sie, während sie eines der Pflanzgefässe auf ihrem Tisch zurechtrückt.

Neben einem grünen Daumen hat ­Bar­tels auch ein Flair fürs Nähen. Im Prinzip seien Gesetze wie ein Kleid, das man fertigt, erklärt sie. «Man kann vieles gestalten. Und am Ende kann ein Gesetz – wie ein Kleid – sitzen oder nicht. Man muss vorher gut ausmessen, damit es passt.» Die Arbeit auf der Gemeinde habe einen grossen Vorteil: Man sei nah an den Menschen und könne das direkte Gespräch suchen.

Es wird sich in den weiteren Spaziergängen wohl zeigen, ob Bartels das richtige «Schnittmuster» für die ­Arlesheimerinnen und Arlesheimer ­mitbringt. Ein offenes Ohr und ein Gespür für die Bedürfnisse der Bevölkerung hat die Gemeindeverwalterin aber auf jeden Fall.

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