Gret Spengler: Virtuosin des Strichs und des Worts
In der Trotte findet noch bis Sonntag die beeindruckende Retrospektive der Künstlerin Gret Spengler statt, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Das Wochenblatt hat mit der Künstlerin gesprochen.
Thomas Brunnschweiler
Wochenblatt: Frau Spengler, was ist Ihnen besonders wichtig, wenn Sie auf Ihren fast fünfzigjährigen Aufenthalt in Arlesheim zurückblicken?
Gret Spengler: Arlesheim hat eine gute Grösse, die Nähe zur Stadt, ein kleines Zentrum, wo man einkaufen kann. Darüber hinaus kann ich hier schöne Spaziergänge machen.
Können Sie etwas über Ihre Motiva-tion, Künstlerin zu werden, sagen?
Gret Spengler: Es nimmt mich wunder, was ich mit ein paar Strichen machen kann. Das ist sowohl bei den Zeichnungen so wie bei den Wörtern. Es ist eine kreative Neugier. Schon immer interessierten mich als Themen Gesichter und Naturbeobachtungen, heute sind es stärker geometrische Formen und einfache Figuren, die ich in Fundstücken entdecke.
Sie sind eine Spätberufene, haben erst die Schule für Gestaltung besucht, als die Kinder schon älter waren. Wie kamen Sie zur Kunst?
Gret Spengler: Ich hatte zwar schon als Kind das Bedürfnis zu zeichnen, aber bedingt durch die Aufgaben in der Familie hatte ich wenig Zeit für künstlerische Beschäftigung. Ich besuchte zuerst Abend- und später Tageskurse und hatte damals wenig Selbstvertrauen. In der Kunstgewerbeschule motivierten mich aber meine Lehrer, sodass ich Lust hatte, immer weiterzumachen und mich an vielen Ausstellungen zu beteiligen.
Sie haben wunderschöne «Morgenbücher» geschaffen, tägliche Aufzeichnungen mit dem Rapidographen, einem feinen Tuschstift: poetische Zeichnungen, Anagramme, Notizen. Was bedeutet für Sie der Morgen?
Gret Spengler: Lange war er meine kreative Zeit, bevor ich meine Aufgaben im Haushalt erledigte. Ich nahm mir Zeit zum Festhalten von Gedanken und Zeichnungen, las jeweils auch Texte von Klee und Kandinsky und anderes. Oft war der Blick in den Garten der Anlass für meine Zeichnungen.
Was ist für Sie Kunst?
Gret Spengler: Etwas, was zum Leben gehört. Es ist schwierig, so spontan etwas dazu zu sagen.
Es ist erstaunlich, wie facettenreich Ihr Werk ist. Es reicht von realistischen Zeichnungen, beinahe altmeisterlichen Radierungen bis zu abstrakt-geometrischen Werken. Oft wird man an Klee erinnert. Welche Künstler prägten Sie?
Gret Spengler: Klee auf alle Fälle, aber auch die Zeichnungen von Picasso und Werke mehrerer Künstlerinnen wie Sonja Delaunay. Ich habe natürlich die neue Kunstgeschichte gelesen.
Sie schreiben Anagramme und Limericks. Wie kamen Sie zum Anagramm, dieser spielerischen Umstellung von Buchstaben?
Gret Spengler: Ich machte schon mit meinen Geschwistern Sprachspiele, Anagramme oder Texte, in denen alle Wörter mit dem gleichen Buchstaben beginnen.
Ich erlebe Sie eher als zurückhaltend und bescheiden. Wie fühlen Sie sich beim Betrachten Ihres Lebenswerks?
Gret Spengler: Ich habe ein gutes Gefühl. Manchmal zweifle ich natürlich auch. Es ist eine Schau über eine lange Zeit. Da ist das Staunen darüber, was über eine solch lange Zeit passiert. In allem hat mich meine Familie stets unterstützt.