Gesichtsbuch wird Geschichtsbuch
Soziale Medien verbinden. Neuerdings auch Dorfgemeinschaften, die kollektiv in der Vergangenheit schwelgen wollen. Facebookseiten wie «Du weisch, dass de vo Arlese bisch, wenn …» boomen auch in der Region.
Lukas Hausendorf
Weisch no?» Die Vergangenheit ist spezieller Gemeinplatz und mitunter einer der populärsten, weil die geteilten Erinnerungen wie kaum etwas anderes einen gemeinsamen Sinnhorizont ermöglichen, womit nichts weniger als die Grundbedingung für erfolgreiche Kommunikation gegeben ist. Und das Internet im Allgemeinen und soziale Medien im Speziellen sind ein populärer Raum für Geschichtsromantik geworden.
Seit kurzem werden ganze Dorfgemeinschaften zur kollektiven Rückbesinnung auf die gute alte Zeit eingeladen. «Du weisch, dass de vor Arlesheim bisch, wenn …» ist der erste Birs- ecker Ableger des neusten Phänomens auf Facebook – aus dem «Gesichtsbuch» wird ein Geschichtsbuch. Der Trend soll seinen Ursprung im nördlichen Nachbarland genommen haben und via Riehen und Muttenz die Schweiz erreicht haben.
«Über diese beiden Gruppen habe ich mich köstlich amüsiert. Über eine Woche habe ich die verschiedenen Beiträge verfolgt und da war mir klar: Arlesheim muss auch so eine Gruppe haben», erklärt Sabrina Meury. Flugs setzte die 30-Jährige das Vorhaben in die Tat um, und so richtete sie für Arlesheim vor drei Wochen den virtuellen Dorfplatz ein, wo seither munter in Erinnerungen geschwelgt wird. Bis Redaktionsschluss zählte die Gruppe bereits 788 Mitglieder.
Als das Tramdepot noch stand
Innert Kürze haben die Nutzer auch ein ansehnliches Archiv historischer Aufnahmen zusammengetragen, auf denen ein Arlesheim zu erkennen ist, das Teenager von heute kaum mehr kennen. Bilder vom alten Tramdepot, das einst dort stand, wo heute die Migros ist. Oder Fotos aus dem Feuerwehrarchiv vom Brand des Andlauerhofs zu Beginn der 90er-Jahre. Oder wer weiss heute noch, dass dort, wo heute das Herrenkonfektionsgeschäft Bogies ist und zuvor einige Teppichhändler und die Drogerie Schneeberger waren, sich einst eine Filiale des Franz Carl Weber befand, in deren Untergeschoss die Jugend von damals Videospiele zockte? «Ich hatte gehofft, dass die Gruppe ganz rege genutzt wird», sagt Meury. In den ersten Tagen habe sie aber noch Anlaufschwierigkeiten gehabt und sie und ihre Co-Administratorin Claudia Suter rechneten schon nicht mehr damit, dass plötzlich die Post abgeht. «Es macht eine Freude, die Beiträge zu lesen.»
Virus in Dornach angekommen
Das Nostalgiefieber breitet sich derweil rasant in der Region aus. Die Dornacher huldigen auch schon ihrer gemeinsamen Herkunft und Vergangenheit. Ihre Gruppe «Du bisch vo Dornach, wenn …» zählt bereits über 300 Mitglieder. Damals, als noch Schlüsselbunde durch die Schulzimmer flogen und der Migros-Bus einmal die Woche in den Öpfelsee kam, weil es noch kein Postauto gab, das den entlegenen Dorfteil bediente. Und die Steiner-Schüler bei den gewöhnlichen Staatsschülern noch als aggressive Provokateure gefürchtet waren. Das waren noch Zeiten …