Ein Plebiszit wider die Betroffenheitsdemokratie

Die Gemeindeversammlung nahm den Quartierplan «Uf der Höchi II» knapp an. Das umstrittene Geschäft vermochte 450 Bürger in die Mehrzweckhalle zu locken.

Historischer Aufmarsch: Der Quartierplan «Uf der Höchi II» lockte am letzten Donnerstag 450 Arlesheimer an die Gemeindeversammlung. Glücklich durfte sich schätzen, wer noch einen Sitzplatz in der Mehrzweckhalle beim Domplatzschulhaus ergattern k
Historischer Aufmarsch: Der Quartierplan «Uf der Höchi II» lockte am letzten Donnerstag 450 Arlesheimer an die Gemeindeversammlung. Glücklich durfte sich schätzen, wer noch einen Sitzplatz in der Mehrzweckhalle beim Domplatzschulhaus ergattern konnte. Foto: Lukas Hausendorf

Kurz nach 22. Uhr wurden schon die ersten Unterschriften für das Referendum gegen den Quartierplan «Uf der Höchi II» gesammelt. Nach einer zweistündigen, teilweise absurden Debatte, unterlagen die Gegner des Quartierplans für die 13 844 Quadratmeter grosse Bauparzelle zwischen Bärenbrunnen- und Zirkelackerweg knapp. 227 der 450 anwesenden Stimmbürger waren der Ansicht, die Pläne der Immobilieninvestorin Steiner AG seien die bessere Alternative für Arlesheim als ein Nein, wofür 207 Anwesende die Hand reckten. Vereinzelter Jubel war nach Auszählung der Ja-Stimmen unter den Quartierplanbefürwortern zu hören.


Kampf auf Nebenschauplätzen

Mit diesem Resultat hatte man im Vorfeld nicht rechnen dürfen, nachdem sich beim Asyldurchgangszentrum und der GSR der Widerstand durchgesetzt hatte. Auch die Gegner des Quartierplans, die sich zum Zweckverbund «Wohnen am Schwinbach» zusammengeschlossen hatten, stiegen mit harten Bandagen und einer grossen Kampagne in den Abstimmungskampf, in dem sie zuletzt zum Opfer ihrer eigenen Rhetorik wurden, wie es scheint. Die neun Mehrfamilienhäuser, die am unteren Teil des Hanges bis zu vier Geschosse haben werden, wurden zu einem kleinen Manhattan stilisiert. Am Ende tobte gar ein Bilderstreit über die Richtigkeit der Visualisierungen der Steiner AG, denen die Gegner eine eigene Variante gegenüberstellten, die nicht nur in der Ästhetik von der offiziellen Version abwich. Der Kampf auf solchen und anderen Nebenschauplätzen half nicht, das Verständnis der nicht betroffenen Dorfbevölkerung zu gewinnen und spielte auf den letzten Metern vor allem den Befürwortern in die Hände, die sich leidenschaftlich für den Quartierplan einsetzten und ihrer Basis am Ende besser mobilisieren konnten. Jetzt kommt das Geschäft mit grosser Wahrscheinlichkeit an die Urne – die nötigen 500 Unterschriften für ein Referendum wird der Zweckverband wohl zusammenbekommen. Die Erfolgsaussichten, den Versammlungsentscheid nochmals kippen zu können, scheinen zurzeit aber gering.


Atomkraftwerke in Indien

Mit der Vernunft schien man am vergangenen Donnerstagabend mit der letzten wohlwollenden Stellungnahme der Ortsparteien zum Quartierplan angekommen zu sein. Die Gegner durften dem Gemeinderat wohl vorwerfen, mit einer Drohkulisse zu operieren. Und zwar die der Regelbauweise gemäss geltender Wohnzone W2c, die bis zu 16 Einfamilienhäuser und drei Erschliessungsstrassen bedeuten könnte. Ökologische Ausgleichsflächen würden dann kaum mehr übrig bleiben. Stossender als dieses – von einem Anwohner als «Armageddon» bezeichnete Szenario – schien vielen Gegnern der Umstand, dass die Steiner AG in mehrheitlich indischem Besitz ist. Viel schlimmer noch, die Hindustan Construction Company (HCC) soll die Hälfte der indischen Atomkraftwerke bauen. «Und hier will man Photovoltaik, das stimmt doch nicht», meinte der Präsident des Zweckverbunds René Haltiner. Auch die Voten anderer Gegner äusserten nicht gerade dezent ihr Unbehagen. «Ausverkauf der Heimat!», hiess es sogar.

Die Steiner AG, die tatsächlich mehrheitlich der indischen HCC gehört, partizipiere zwar am Erfolg des Schweizer Unternehmens. Dies aber nur in Form von Dividenden, wie Geschäftsleitungsmitglied Michael Schildknecht an der Gemeindeversammlung betonte. «Die Gewinne unserer Projekte fliessen mitnichten an die HCC», so Schildknecht. Zudem sei man froh, wenn man auf der Höchi schon nur eine schwarze Null schreiben könne. Die geplante Überbauung «Uf der Höchi II» finanziere also keine Atomkraftwerke in Indien


Gemeinde in roten Zahlen

Deutlich von schwarzen Zahlen entfernt war letztes Jahr die Kasse der Einwohnergemeinde. Immerhin mit einer halben Million besser als budgetiert – dank gestiegener Steuererträge und einer geringeren Belastung durch den kantonalen Finanzausgleich – schloss sie 2012 mit einem Aufwandüberschuss von 342523 Franken ab. Vor allem die Rückstellung in Höhe von 800000 Franken für die Basellandschaftliche Pensionskasse und stark gestiegene Sozialhilfeleistungen belasteten den Gemeindehaushalt. Finanzchef Lukas Stückelberger, der kurz vor 23 Uhr das «Vergnügen» hatte, den verbliebenen rund 250 Stimmbürgern die Rechnung zu präsentieren, sprach dennoch von einem zufriedenstellenden Ergebnis. Dem schlossen sich die Kommission und Parteien unisono und vorbehaltlos an.

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